Verurteilte PiS-Politiker in Polen: Präsident auf Konfrontationskurs
Polens Staatschef Andrzej Duda begnadigt zwei verurteilte frühere PiS-Politiker zum zweiten Mal. Sie sind damit frei und wollen wieder ins Parlament.
Von den zwei Jahren, zu denen sie rechtskräftig wegen Dokumentenfälschung und Amtsmissbrauch verurteilt worden waren, saßen sie gerade mal zwei Wochen ab. Beide waren aus Protest gegen das angeblich ungerechte Urteil schon in den ersten Hafttagen in den Hungerstreik getreten.
Die meisten Polen sind gegen die Begnadigung der beiden Straftäter, die nun sogar wieder ihr Abgeordnetenmandat im polnischen Parlament aufnehmen wollen. Auch das halten die meisten Polen Umfragen zufolge für falsch.
Viele Polen rufen inzwischen nach einer vorzeitigen Amtsenthebung Dudas. Denn Duda macht längst keinen Hehl mehr daraus, dass er den Machtwechsel nach Wahlen im Oktober 2023 nicht anerkennen will. Statt wie einst angekündigt als „Präsident aller Polen“ das Ergebnis demokratischer Wahlen zu akzeptieren, die polnische Verfassung zu schützen und das polnische Recht zu achten, radikalisiert er sich zusammen mit seiner einstigen Partei, der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS).
Gegen die Verfassung erneut ins Parlament?
So behauptete Duda am Dienstagnachmittag in einer öffentlichen Ansprache, dass Kaminski und Wasik wegen ihres Kampfes gegen die Korruption im Lande verurteilt worden seien, während die tatsächlich korrupten Politiker Polens heute im Europäischen Parlament säßen.
Nur wenige Tage zuvor hatte Duda auf dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos behauptet, Kaminski und Wasik seien die ersten „politischen Gefangenen“ in Polen seit 1989. Die zweite Begnadigung war notwendig geworden, weil die erste von 2015 keine Rechtskraft entwickeln konnte, da die beiden damals noch auf den Berufungsprozess warteten, also noch nicht rechtskräftig verurteilt waren. Eine „Blanco“-Begnadigung aber gibt es im polnischen Recht nicht.
Nach der polnischen Verfassung – Artikel 99, Absatz 3 – darf niemand „in den Sejm oder Senat gewählt werden, der wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde“. Dennoch kündigten die beiden PiS-Politiker direkt nach ihrer Freilassung an, schon am Donnerstag wieder ihr Abgeordnetenmandat wahrnehmen zu wollen.
Die PiS, die absichtlich Rechtschaos stiftet, um die neue Mitte-Links-Koalition zu diskreditieren, fordert ebenfalls die Abgeordnetenmandate für Kaminski und Wasik zurück. Unabhängige Rechtsexperten erklärten aber inzwischen, dass die beiden Politiker ihr Abgeordnetenmandat automatisch mit dem rechtskräftigen Urteil vom 20. Dezember 2023 verloren hätten und die Begnadigung des Präsidenten das nicht ändern könne.
Allerdings könnten beide bei den demnächst anstehenden Kommunalwahlen in Polen und den Wahlen zum Europäischen Parlament antreten, da die Strafe, fünf Jahre kein öffentliches Amt mehr ausüben zu dürfen, mit der Begnadigung aufgehoben werde. Die einzige Voraussetzung: die Wähler müssten der PiS die Mär von den „politischen Gefangenen“ abnehmen und für die „unschuldigen“ Politiker stimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!