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Verteidigungsausschuss zu DrohnenKoalitionspartner gegen Ministerin

Im Ausschuss sprechen sich drei der neun geladenen Experten deutlich gegen den Kauf von Kampfdrohnen aus. Auch die SPD will sie nicht.

Ministerin im Interessenkonflikt: Wird sie sich mit den Soldaten oder dem Koalitionspartner anlegen? Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bundeswehr will sie, doch die SPD stellt sich quer: „Wir haben im Augenblick überhaupt kein aktuelles Bedürfnis nach einer bewaffneten Drohne“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold nach der Expertenanhörung im Bundestag. Der Verteidigungsausschuss hatte neun Sachverständige eingeladen, um über die Frage zu diskutieren: Braucht die Bundesregierung Kampfdrohnen? Arnold zufolge sollte die Bundeswehr zunächst nur Aufklärungs-Drohnen nutzen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen steht damit vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder sie legt sich mit den Soldaten an – oder mit ihrem Koalitionspartner. Sie wirkte müde, als sie den Sachverständigen zuhörte, und sagte lediglich im Vorraum: „Es geht nicht um autonome Killer-Drohnen.“ Positionieren will sie sich erst am Donnerstag im Rahmen einer Aktuellen Stunde.

Drei der insgesamt neun Sachverständigen sprachen sich klar gegen Drohnen aus. „Das Entfernen des Menschen aus dem System ist ein fundamentaler Einschnitt“, warnte Niklas Schörnig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Marcel Dickow von der Stiftung für Wissenschaft und Politik warnte davor, dass die Fernbedienung der Fluggeräte durch Piloten am Boden ein erster Schritt hin zu einer Automatisierung der Steuerung sei. Am Ende werde sie voraussichtlich nicht mehr vom Menschen kontrolliert. Und vor einer „eskalierenden Wirkung“ durch Kampfdrohnen-Einsätze sprach Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung.

Die Argumente der Befürworter bewaffneter Drohnen kreisten um die Fürsorgepflicht für die Soldaten im Einsatz. „Ich kann keinen ethischen Vorteil darin erkennen, dass ich einem Soldaten eine vermeidbare Gefährdung zumute“, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestags Hellmut Königshaus (FDP).

General Hans-Werner Fritz kommandierte 2010 und 2011 in Afghanistan, während der schwierigsten Phase des Einsatzes. Heute ist er Befehlshaber für alle Auslandseinsätze beim Einsatzführungskommando in Potsdam. „Wer erlebt hat, wie sich Soldaten fühlen, die im Gefecht auf Unterstützung aus der Luft warten, der weiß, wie lange sich eine Minute anfühlen kann, in der möglicherweise der Tod eintritt“, sagte er.

Während die CDU/CSU-Abgeordneten vor allem die Experten befragten, die sie selbst eingeladen hatten, versuchte die SPD vor allem, kritische Experten ihre Erklärungen abzugewinnen: Von den Gefahr eines Aufweichens des Völkerrechts, über technische Entwicklungen, die den politischen Entscheidungen vorauseilen.

Winfried Nachtwei, ehemaliger Abgeordneter des Bündnis 90/Die Grünen, verfolgte die Debatte auf der Zuschauertribüne. Seit Jahren analysiert er die Friedens- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung und den Einsatz neuer Waffensysteme und Waffen. „Es ist ungewiss, wie sich der Einsatz von Kampfdrohnen auf die Konfliktdynamik auswirken wird“, warnt er.

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7 Kommentare

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  • Hans-Werner Fritz , der #... Befehlshaber für alle Auslandseinsätze beim Einsatzführungskommando in Potsdam. „Wer erlebt hat, wie sich Soldaten fühlen, die im Gefecht auf Unterstützung aus der Luft warten, der weiß, wie lange sich eine Minute anfühlen kann, in der möglicherweise der Tod eintritt“ #

     

    Bezeichnend , dass diese von Paranoia befallenen Hirne der D-Hegemonialmacht-MilitärSpinner , obwohl nur eingebunden im Tross der Supermacht , die Notwendigkeit dieser Lynchmordwaffe begründen mit dem noch laufenden "Einsatz" im unsäglichen Rachefeldzug der Bush-Camarilla , einem der schlimmsten Völkerrechtsverbrechen unserer "Vormacht"

    • @APOKALYPTIKER:

      A Propos Einsatzszenarien für bewaffnungsfähige Drohnen :

      bezeichnend und nicht unbedingt beruhigend ist es ja auch , dass diesen Typen sonst nichts(?) einfällt zu dem Thema . Dass Deutschland mit seiner Bundeswehr eigenständig allein oder als Hauptakteur eine militärisch-kriegerische Intervention außereuropäisch (aufgrund seiner angeschwätzten "weltpolitischen Verantwortung") auf sich nehmen könnte/würde , das kommt "der Politik" hoffentlich nicht in den Sinn . Und im Verein mit anderen Nato-Staaten ? Auch : Dreimal nein !

  • Drohnenfilosofi: Transformers Tx

    Ich finde die Entscheidung der Verteidigungsministerin richtig. Nicht weil ich meine Meinung ueber Kampfdrohnen geaendert haette, sondern weil man, wenn man Abruestungsverhandlungen fuehren will, man ja auch was in der Hand haben muss, zum Abruesten. Man muss den Amis was entgegensetzen, sonst ist das nur dummes Gelaber fuer die am Pokertisch. Die glauben auch, die seien vor den gefaehrlichen Entwicklungen auf ihrer grossen Insel geschuetzt. Der Rest kann denen egal sein. Sollen die sich doch alle die Koepfe abschiessen, bleibt mehr fuer uns, ddnken die, glaub ich. Die vergessen, das auf ihrem Kontinent auch viele Interessen und Einsatzmoeglichkeiten gibt und demzufolge auch in den 51 Bundesstaaten mindestens keine Person des oeffentlchen Lebens mehr sicher ist, in wenigen Jahren, bis ans Ende dieser Technologie. Bevor die Dummbeutel das merken, ist es zu spaet. Dann helfen nur noch Drohnenabwehrsysteme, aber wer kann sich die leisten?

    • @Hady Khalil:

      Ja klar ! Wenn man das Potential für künftige ubiquitäre Lynchmord-Einsätze eindämmen will , muß man erst mal für seine weltweite Verbreitung auch bei den militärischen Zwergen sorgen !

       

      ... ganz normaler intellektueller Amoklauf .

  • Sollten Kriege eines Tages nur noch mit Maschinen geführt werden , dann werden die "Lametta -Generale" so überflüssig wie ein Bundespräsident .

  • Drohnenphiäosophie 8 -Exit?

    Das das Militaer seine Faehigkeiten und Moeglichkeiten erweitern moechte, um Kriegseinsaetze moeglichst effizient, effektiv Soldaten und kostensparend, fuehren moechte und dazu alle zur Verfuegung stehenden technischen Entwicklungen auch aktiv vorantreiben moechte ist verstaendlich. Es ist auch nicht Aufgabe des Militaers sich ueber die risiken dieser Entwicklung Gedanken zu machen, sondern vom Rest...der Voelker. Wenn diese Technologie der Kampfdrohnen um sich greift und auch immer weiterentwickelt und vrrfeinert wird, in Massenproduktion jedem Staat und wer zahlt zur Verfuegung steht, dann ist mindestens jede oeffentlich lebende Person potenziell in wenigen Jahren irgendwo auf der Welt gefaehrdet, bis ans Ende dieser Technologie. Auch verhindert diese Technologie nicht nur, das Soldaten verwundet, oder getodtet werden, sondern macht besonders gefaehrlich erscheinende Einsaetze erst moeglich und eroeffnen damit nach allen, nach ALLEN Seiten neue Moeglichkeiten der Kriegsfuehrung. Die Bundesregierung sollte sich lieber fuer eine strickte Begrenzung der Technologie international einsetzen, statt ueber eine Anschaffung nachzudenken.

  • Dabei bieten die bewaffneten Drohnen keine Fähigkeiten, die bemannte Systeme nicht auch haben bzw. haben können. Sie sind aber die Vorstufe zur automatisierten Kriegsführung. Und allein darauf kommt es den Befürwortern an. Der Störfaktor Mensch mit seinem evtl. vorhandenen Gewissen soll so weit wie möglich ausgeschaltet werden.