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Vertagter AfD-ProzessGesichert rechtsmissbräuchlich

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Mit juristischen Tricks hat die AfD den Prozess zur Einstufung zum rechtsextremen Verdachtsfall verschleppt. Aus Angst vorm Realitätscheck.

Hand aufs Herz – die AfD ist rechtsextrem, Björn Höcke im Landtag von Thüringen Foto: Martin Schutt/dpa

W as man nach diesen zwei Tagen vor dem Oberverwaltungsgericht Münster sagen kann: Die AfD handelt gesichert rechtsmissbräuchlich. Mit fünf Befangenheitsanträgen gegen das Gericht, zahlreichen teils fast gleichlautenden Beweisanträgen und mehr absurden Winkelzügen ist es den Anwälten der Partei gelungen, ein Urteil zumindest um einige Wochen hinauszuzögern. Dafür flüchteten sich die AfD-Anwälte zwei Tage lang hinter juristische Taschenspielertricks, um sich nicht der harten prozessualen Realität stellen zu müssen: Sie haben schlechte Karten im Verfahren gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die AfD klagt gegen ihre Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall.

Das zeigt einmal mehr: Die faktisch längst extrem rechte Partei scheut nicht davor zurück, die Institutionen des Rechtsstaates ad absurdum zu führen, wenn es dem eigenen Vorteil dient. Mag sein, dass es zulässig ist, vor dem OVG so viele Beweisanträge zu stellen, wie man sich nur ausdenken kann. Es zeugt allerdings nicht unbedingt davon, dass man wirklich gute Argumente in einem Verfahren hat. Oder wie sonst soll man es verstehen, wenn die AfD-Anwälte mit 210 Beweisanträgen drohen und damit anfangen, diese teils gleichlautend und einzeln in langsamem Tempo stundenlang ins Protokoll zu diktieren? Was dadurch offensichtlich wird: Die AfD hat Angst vor diesem Urteil – selbst wenn sie das Gegenteil behauptet.

Denn natürlich ist es äußerst unpraktisch, wenn man als Partei ausdauernd behauptet, dass der Verfassungsschutz politisch instrumentalisiert wird gegen die Opposition, wenn dann die Gerichte der Einschätzung des Geheimdienstes recht geben. So ist das nämlich im Rechtsstaat: Wenn die AfD zu Unrecht als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist, steht ihr der Klageweg offen. Wenn sie dann verliert – wie in der Vorinstanz im Verwaltungsgericht Köln – gibt es beweisbare Fakten, die die Annahmen des Verfassungsschutzes rechtfertigen.

Was man allerdings schon vor diesem Prozess sagen konnte: Die AfD ist unabhängig von der Einstufung durch den Verfassungsschutz todsicher eine rechtsextreme Partei. Und zur Wahrheit gehört auch: Der Inlandsgeheimdienst, der bei der Aufklärung von Rechtsextremismus ohnehin eine eher zweifelhafte Rolle spielt, hielt lange seine schützende Hand über die AfD. Die nämlich ist schon länger offen rassistisch und extrem rechts – dazu muss man sich nur anhören, was ihre führenden Politiker bei Parteitagsreden erzählen, im Bierzelt grölen oder in Staatsmedien von Diktaturen wie China und Russland von sich geben. Wer sich in den letzten Jahren ernsthaft mit der AfD auseinandergesetzt hat, weiß, wofür diese Partei steht. Und das wissen im Übrigen auch die meisten ihrer Wähler*innen.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium in Potsdam. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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6 Kommentare

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  • Jeder AfD Wähler gibt seine Stimme für den Missbrauch der Demokratie ab und die meisten Wähler merken es gar nicht.

    • @Tino Winkler:

      Die Protestwähler wissen es schon, sonst wäre es ja keine Protestwahl. Was sie vielleicht nicht wissen, ist dass der Staat keiner(!) Erpressung nachgeben darf, weder jetzt noch damals bei den Flugzeugentführungen, sonst würde es immer so weiter gehen bis zur Handlungsunfähigkeit.

  • "Mit juristischen Tricks hat die AfD den Prozess zur Einstufung zum rechtsextremen Verdachtsfall verschleppt. Aus Angst vorm Realitätscheck."



    Das wohl weniger. Die wissen ganz genau, wo sie stehen. Sie dürften eher darauf spekulieren, dass ein Urteil erst nach den Wahlen gefällt wird, um diese nicht zu ihren Ungunsten beeinflussen zu lassen.

  • "Gesichert rechtsmissbräuchlich" das ist doch schnuppe, juristischen tricks, verschleppung usw. gibt es in vielen verhandlungen. kernpunkt der verhandlung ist ob die AfD einen ethnisch-kulturellen volksbegriff vertritt. entgleisungen einzelner mitglieder reichen da wohl nicht. die herausforderung für das gericht ist die abgrenzung zu schaffen was gerade noch geht und was nicht. das ist dann für die einordnung des verfassungschutz von bedeutung.

  • Die AFD will sich mit diesen Taschenspielertricks über die nächsten Wahlen retten.



    Hoffentlich macht das Gericht da nicht mit und bügelt die "Scheinanträge" ab!

  • Bei einem rechtsstaatliches Verfahren muss auch die Verteidigung möglich sein. Dass die AfD dasitzt und nur zuhört kann man wohl kaum erwarten.