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Verschwendung von LebensmittelnNicht mehr mindestens haltbar

Lebensmittel werden oft entsorgt, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht ist. Minister Schmidt will nun die Kennzeichnung abschaffen.

Bald soll hier das Verfallsdatum stehen Foto: dpa

BERLIN taz/afp | Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) fordert eine Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums auf Lebensmitteln. „Wir werfen massenweise gute Lebensmittel weg, weil die Hersteller zu große Sicherheitspuffer eingebaut haben“, sagte Schmidt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei Produkten wie Milch solle es stattdessen ein Verfallsdatum geben. Dazu solle in wenigen Monaten eine EU-Richtlinie vorliegen.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum gilt als einer der Faktoren, die Lebensmittelverschwendung begünstigen. Verbraucher können das aufgedruckte Datum als Verfallsdatum missverstehen. Dabei signalisiert es nur den Zeitpunkt, bis zu dem etwa Form, Farbe und Geruch mindestens erhalten bleiben sollen. Bei einigen Lebensmitteln, etwa Salz, Kaugummi, Wein oder loser Ware wie Gemüse, ist ohnehin kein aufgedrucktes Datum nötig.

Umstritten ist, was die Alternative wäre. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. bezeichnete das Mindesthaltbarkeitsdatum trotz aller Probleme als „unverzichtbare Orientierung“ – schließlich bietet das Datum auch Rückschlüsse auf das Alter eines Produkts. Der Landwirtschaftminister plädiert für sogenannte intelligente Verpackungen. Die könnten Veränderungen des Inhalts messen und beispielsweise auf einer Farbskala angeben, ob er noch genießbar sei.

Etiketten, die etwa den Reifegrad eines Produktes anzeigen, sind allerdings erst vereinzelt auf dem Markt. Auch ein vom Landwirtschaftsministerium gefördertes Projekt soll erst in drei Jahren Ergebnisse liefern. Dazu kommen die Kosten, die darauf hindeuten, dass ein flächendeckender Einsatz eher noch etwas entfernt ist - Beispiel Frische-Indikatoren, die etwa den Gehalt von Sauerstoff- oder Schwefeldioxid messen. Eine Packung Käse würde damit laut der Verbraucherzentrale Hamburg um mindestens 50 Cent teurer werden.

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15 Kommentare

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  • Warum nicht nach Schweizer Vorbild vorgehen? Zwei Daten: "Verkauf bis XX" und "Zu verbrauchen bis XX" . Oder auch die Variante "Verbrauchen innerhalb von...".

    Dann hat der Handel sein Grenzdatum und der Konsument weiß, wie lange er das Lebensmittel noch un bedenklich verzehren kann.

  • Wie wäre es denn mit dem Ernte- Produktions-, Herstellungsdatum?

    .

    Verbraucher sind doch so klug, dass sie selbst wissen wie lange Lebensmittel Verpackt haltbar ist..

    .

    Ob ein Käse reif oder frisch ist, die Eier (um mal in der Zeit zu bleiben) 4 Wochen unverpackt im Kühlhaus gelegen haben, Obst, Gemüse wann von Baum/Feld kam ist interessant. Der Rest nicht so.

    .

    Ist schon IRRE: Bei Zucker. Fett, der "Ampel" gab es große Lobbyarbeit und Aufregung in der Industrie. Beim Mindesthaltbarkeitsdatum, was den Umsatz, den Ertrag der Hersteller erhöht, aber als ökologische Wohltat verkauft werden soll, geht das leise ohne viel Aufstand:-((

    .

    "Darauf einen LÄNGER haltbare Kuh-FRISCHE BIO-Milch mit 500km Transportweg!" :-((

    .

    Brummt

    Sikasuu

  • Das psychologische Problem hinter der Sache dürfte sein, dass hier vielfach die Denke vorherrscht:

    Ich kann es mir leisten, nicht mehr "frische" (Abgepacktes ist eh nie frisch...) Ware zu ersetzen und stelle mich tiefer als nötig, wenn ich es nicht tue.

    Der Weg das zu verhindern, wäre einzig und allein, das Produktionsdatum aufzudrucken, da dieses eh immer in der Vergangenheit liegt.

  • Bei manchen liegt es einfach am verschwenderischen Verhalten. Meine Ex-Freundin hat regelmäßig Gutes und Vieles entsorgt, entweder weil sie zuviel kaufte oder weil es ihr egal war. Man kann es ja neu kaufen, war da die Einstellung. Solchen Leuten ist auch mit dem neuen Datum nicht beizukommen.

  • Das ist wirklich Innovation. Jetzt fehlt nur noch ein Lebensmittelzusatz, der die Chips dauerhaft auf grün hält. Oder gibt es diesen Zusatz schon ohne daß jemand ahnt, daß die Lagerhallen bereits überlaufen?

  • Wie wär es mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum für Gesetze. Bei manchen wird mir so schlecht.

  • Wenn so viele Verbraucher wirklich das Mindesthaltbarkeitsdatum für das Verfallsdatum halten, warum gibt man dann nicht beides auf der Verpackung deutlich les- und unterscheidbar neben dem Produktionsdatum an?

    Etwa so:

    hergestellt am: 01.03.2016

    unbedenklich bis: 15.03.2016

    abgelaufen am: 20.03.2016

     

    Immer vorausgesetzt es handelt sich dabei um geschlossene Verpackungen, die produktgerecht gelagert wurden.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Gute Idee, oftmals aber leider zu wenig Platz auf der Verpackung (der muss frei bleiben für den unsinnigen und meist doofen "Serviervorschlag").

  • Die Entfremdung ist so weit fortgeschritten, dass wir nicht mal mehr frische von verdorbenen Lebensmittel unterscheiden können? Eigentlich haben wir dafür ja eine sensorische Wahrnehmung und - Tada!-Erfahrung. Zusammen mit der Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums dürfte es jenseits kompletter Blödheit eigentlich zur Orientierung ausreichen. Wie wäre es ansonsten mit einem kleinen Bildschirm auf jeder Verpackung, der auch über andere Schwierigkeiten informiert: Wo die Öffnungslasche ist, wie rum mensch das Produkt hält, ob die Milchtüte essbar ist o. ä.?

    • @Bandari:

      "Die Entfremdung ist soweit fortgeschritten, dass wir nicht mal mehr..."

      Viel schlimmer!: Wir debattieren auch noch drüber.

    • @Bandari:

      Das mit dem Erkennen Können verdorbener Lebensmittel durch unsere sensorische Wahrnehmung ist so eine Sache: Dies trifft häufig nur auf naturbelassene, unbehandelte Lebensmittel zu. Verdorbene H-Milch beispielsweise lässt sich hingegen nicht so leicht erkennen, da sie beim Verderben nicht sauer wird und nicht flockt oder gerinnt, weil die dafür zuständigen Milchsäurebakterien beim Erhitzen der Milch während der Produktion bereits abgetötet wurden.

  • OK, manche Datumsangaben sind sinnfrei. Salz liegt meist seit Millionen von Jahren im Berg oder wabert im Ozean umher. Gut, dass man es rechtzeitig vor dem Verfall ausgebuddelt und abgefüllt hat. Wie auch immer. Lasst es doch einfach so wie es ist, schliesslich ist das ja auch Verbraucherschutz. Und bitte Finger weg von diesem 'smarten' Zeug.

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    Warum nicht einfach das Produktionsdatum auf der Vrpackung angeben? Sämtliche Mindesthaltbarkeitsdaten gelten eh nur bei nicht geöffneten Verpackungen.

  • Das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde mal zurecht als Schutz für den Verbraucher eingeführt. Das abzuschaffen, halte ich für einen Fehlweg, der die Verschwendung nicht reduziert. Wobei die beim Endverbraucher so hoch nu auch wieder nicht ist. Wer schmeisst das Geld schon so weg?

    Aber die Idee "intelligente" Verpackung sollte man so oder so möglichst schnell vergessen. Sonst wird die Käseverpackung Elektroschrott. Oder die Lebensmittel kommen in Kontakt mir den Sensoren und man wird dann in zehn Jahren feststellen, dass das leider zu vielen Vergiftungen geführt hat.... Der Sensor kommuniziert dann mit dem Kühlschrank und big data lässt grüßen. Auch wenn man dann vielleicht Attentäter besser anhand der Essgewohnheiten herausfiltern könnte.

    schöne neue welt.

    • @fly:

      Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis Drohnen und Apps die komplette Ernährung übernehmen. Die gleichen den Kühlschrankinhalt ständig mit den Gesundheitsdaten und den Meldungen der Smartwatch ab, bestellen Lebensmittel, liefern und entsorgen auch gleich, Bezahlung geht direkt über die Bankverbindung. Im Restaurant kriegt man nur noch ein Salätchen und ein Glas Mineralwasser, da die Apps untereinander einig sind, daß der Konsument sonst durch Übergewicht, Herzprobleme oder Alkoholsucht gefährdet würde. Nach 22 Uhr gibts gar nichts mehr, da die App des Restaurants die Auslieferung von Nahrung zu ungesunder Uhrzeit verweigert. Und wenn die Smartwatch nicht das Absolvieren des individuellen Sportprogramms berichtet, lässt sich der Kühlschrank nicht öffnen.

      Tolles Leben...