Verschärfung des Strafgesetzbuchs: Beleidigungen werden teurer
Das Bundeskabinett will Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität beschließen. Es geht vor allem um rechten Hass im Netz.
„Den Tatbestand der Beleidigung werden wir an die Besonderheiten des Netzes anpassen. Dabei berücksichtigen wir insbesondere dessen unbegrenzte Reichweite und die aufgrund vermeintlicher Anonymität oft sehr aggressive Begehungsweise“, heißt es im Maßnahmenpaket, das der taz vorliegt.
Eine Beleidigung ist strafrechtlich definiert als Angriff auf die Ehre durch Kundgabe der Missachtung. Ob „du Wichser“ eine strafbare Beleidigung ist, kommt immer auf den Anlass und die Vorgeschichte an. Die Justiz muss dabei in der Regel das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit der Meinungsfreiheit des Äußernden abwägen. Beleidigung ist auch gegenüber abwesenden Personen möglich.
Bei einer Beleidigung droht bisher eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Zum Vergleich: Beim Diebstahl oder der Körperverletzung reicht der Strafrahmen bis zu fünf Jahren Gefängnis. Vermutlich wird der Strafrahmen für Beleidigungen im Internet nun auf zwei Jahre erhöht.
Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung erhöhen
Wahrscheinlich wird im Strafgesetzbuch nicht das „Internet“ erwähnt, sondern technikneutral formuliert. Naheliegend ist eine Strafschärfung für den Fall, dass die Beleidigung „öffentlich“ erfolgt. Eine solche Strafschärfung gibt es schon bei der Verleumdung und der üblen Nachrede. „Öffentlich“ ist eine Äußerung, wenn eine unüberschaubare Zahl von Menschen Kenntnis erlangen kann. Das gälte in der Regel also auch für Äußerungen im Netz.
Die Strafverschärfung wird vermutlich kaum jemand von Beleidigungen abhalten. Schließlich gilt die erhöhte Strafdrohung für öffentliche Verleumdungen schon seit Jahrzehnten. Viel wichtiger ist es, die Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung zu erhöhen.
Hier kommt nun die im Maßnahmenpaket ebenfalls enthaltene Anzeigepflicht für soziale Netzwerke ins Spiel. Facebook und Twitter müssen strafbare Hasspostings künftig nicht nur löschen, sondern auch der Polizei melden. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll entsprechend geändert werden.
Allerdings gilt das NetzDG bisher nicht für Beleidigungen, weil diese von der Polizei nur auf Antrag verfolgt werden. Hier sind deshalb noch zwei Änderungen erforderlich: Erstens muss für öffentliche Beleidigungen das Antragserfordernis im Strafgesetzbuch gestrichen werden. Zweitens müssen öffentliche Beleidigungen dann ausdrücklich im NetzDG erwähnt werden.
Das Maßnahmenpaket, das jetzt beschlossen werden soll, ist erst mal nur ein Eckpunktepapier. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) will bis Ende des Jahres konkrete Gesetzentwürfe vorlegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär