Kampf gegen Rechts: Härtere Strafen für Rassismus
Der Bundesgerichtshof kassierte ein Urteil gegen einen Rechtsextremen. Beim Strafmaß müsse fremdenfeindliche Motivation stets berücksichtigt werden.
Wenn ein Täter aus rassistischen Motiven handelt, muss er härter bestraft werden. Darauf wies jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) hin und hob ein Strafurteil aus Koblenz auf, das diesen Grundsatz missachtete.
Konkret ging es um Vorfälle im Jahr 2011. Eine Gruppe junger Männer aus dem Umfeld des neonazistischen Aktionsbüros Mittelrhein besprühte vier Schulgebäude in Rheinland-Pfalz mit Graffitiparolen wie „Hitzefrei statt Völkerbrei“ oder „Die Deutsche Jugend wehrt sich“. Das Landgericht Koblenz wertete dies acht Jahre später in seinem Urteil gegen einen der Täter als gemeinschädliche Sachbeschädigung.
Der Mann soll außerdem in Düsseldorf an einem Marsch der „Unsterblichen“ teilgenommen haben. Dabei zogen Nazis mit weißen Masken, dunkler Kleidung und Fackeln durch die Stadt. Der Aufmarsch unter dem Motto „Volkstod stoppen“ erinnerte an Fackelmärsche im Dritten Reich. Dabei habe der Mann gegen das Uniformverbot verstoßen, befand das Landgericht Koblenz.
Die Koblenzer Richter verurteilten den Mann zwar, verzichteten dann aber auf jegliche Bestrafung. Dies ist nach Paragraf 60 Strafgesetzbuch möglich, „wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, daß die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.“ Die Koblenzer Richter beriefen sich auf die Belastungen für den Angeklagten wegen der jahrelangen Verfahrensdauer und einer zeitweisen U-Haft.
Fremdenfeindliche Tatmotivation nicht beachtet
Auf Revision der Staatsanwaltschaft hat nun aber der 3. BGH-Strafsenat, der für Staatsschutz zuständig ist, das Koblenzer Urteil teilweise aufgehoben. Die Verurteilung des Mannes bleibt zwar bestehen, aber das Landgericht Koblenz muss über die Strafe neu entscheiden. Der BGH begründete die Aufhebung damit, dass die Koblenzer Richter in ihren Überlegungen zur Strafhöhe nur mildernde Aspekte erwähnt hatten, die „fremdenfeindliche Tatmotivation“ des Mannes aber nicht beachteten.
Im Strafgesetzbuch heißt es zwar erst seit 2015, dass „rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Ziele bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind (Paragraph 46). Diese Gesetzesänderung hatte laut BGH aber nur klarstellenden Charakter. Auch bei Taten vor 2015 mussten rassistische Ziele strafverschärfend berücksichtigt werden. Strafverschärfend sei dabei nicht die rassistische Gesinnung an sich, sondern die Verwirklichung der Gesinnung durch konkrete Straftaten, so der BGH.
Wie der Bundestag im Juni beschlossen hat, werden künftig auch „antisemitische“ Ziele eines Täters im Strafgesetzbuch ausdrücklich als strafverschärfend erwähnt. Auch dies hat nach wohl einhelliger Meinung nur klarstellende Bedeutung. (Az.: 3 StR 40/20)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett