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Verletzung des Istanbul-AbkommensRussland beschießt Odessas Hafen

Moskau bestätigt Raketenbeschuss. Die Ukraine sieht das Abkommen über Getreideexporte gebrochen, will selbst aber daran festhalten.

Kein Getreide, kein Schutz: Strandbesucher in Odessa am 3. Juli Foto: Metin Aktas/Anadolu Agency/picture alliance

Kiew taz | Trotz des Raketenangriffes auf den Hafen von Odessa am Samstag will die Ukraine am Export von Getreide entsprechend dem am Freitag in Istanbul geschlossenen Abkommen festhalten und zeitnah damit beginnen. Die ukrainischen Häfen Odessa, Tschornomorsk und Juschne spielen bei dem in Istanbul geschlossenen Abkommen zur Wiederaufnahme von Getreide-Exporten aus der Ukraine auf dem Seeweg eine Schlüsselrolle.

Russland übernahm am Sonntag die Verantwortung für den Raketenangriff vom Samstag. Man habe unter Einsatz von „hochpräzisen“ Kaliber-Marschflugkörpern militärische Infrastruktur zerstört, teilte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram mit.

Das russische Verteidigungsministerium vermeldet, man habe ein ukrainisches Schiff, ein Lager mit US-amerikanischen Harpoon-Raketen sowie Schiffsreparatur- und Modernisierungsanlagen der ukrainischen Marine im Hafen von Odessa zerstört.

Gegenüber BBC erklärte der Duma-Abgeordnete Jewgenij Popow, der Schlag gegen Harpoon-Raketensysteme sei keine Verletzung des Abkommens von Istanbul. Gleichzeitig zitiert die Ukrajinska Prawda unter Berufung auf die New York Times einen namentlich nicht genannten UN-Vertreter, der meint, Russland habe mit dem Raketenangriff auf den Hafen von Odessa möglicherweise nicht gegen das Abkommen von Istanbul verstoßen, da es sich darin nicht verpflichtet habe, auf Angriffe auf die Teile der ukrainischen Häfen zu verzichten, die nicht direkt für Getreideexporte genutzt werden.

Die Ukraine sieht das anders. Mit dem Angriff habe Russlands Präsident Wladimir Putin UN-Generalsekretär António Guterres und dem türkischen Präsidenten Recep Erdoğan ins Gesicht gespuckt, kommentierte das ukrainische Außenministerium.

Russland findet immer Wege, das Versprochene nicht zu erfüllen

Wolodimir Selenski, ukrainischer Präsident

Für den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski sind die Raketenangriffe ein weiterer Beweis dafür, dass Russland seine Versprechen nicht einhält. „Das zeigt nur eines: Egal, was Russland sagt und verspricht, es findet immer Wege, das Versprochene nicht zu erfüllen,“ zitiert das oppositionelle russische Portal Meduza den ukrainischen Präsidenten. Mehrere Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden, berichtet der Chef der Militärverwaltung des Gebietes Odessa, Maxim Martschenko.

Am Freitagvormittag hatte Selenski das in Istanbul getroffene Abkommen in den höchsten Tönen als ganz im Sinne der ukrainischen Interessen gelobt. Es gehe immerhin, so Selenski, um Weizen im Wert von 10 Milliarden Dollar, der bisher nicht verschifft werden konnte. Außerdem habe man nun endlich die Möglichkeit, eine globale Katastrophe zu verhindern, „eine Hungersnot, die in vielen Ländern der Welt, insbesondere in den Ländern, die uns helfen, zu politischem Chaos führen könnte“, zitierte die Ukrajinska Prawda den Präsidenten.

Im Abkommen von Istanbul verpflichten sich die Parteien, „keine Angriffe auf Frachter und andere zivile Schiffe und Hafeneinrichtungen vornehmen, die an dieser Initiative teilnehmen“. Alle Parteien würden „maximale Zusicherungen zu einem sicheren Umfeld für alle beteiligten Frachter abgeben“.

Der in Odessa lebende linke Blogger Wjatscheslaw Azarov meint, dass es für ein reibungsloses Funktionieren des Getreidekorridors wichtig sei, dass keine militärischen Güter in die Häfen geliefert werden, aus denen Getreide verschifft werden solle.

Ukraine hält an Abkommen fest

Die Ukraine will an dem Abkommen festhalten. „Wir trauen Russland nicht, aber wir vertrauen unseren Partnern und Verbündeten. Deshalb wurde die Initiative für den sicheren Transport von Getreide und Lebensmitteln aus ukrainischen Häfen mit der UN und der Türkei unterzeichnet, nicht mit Russland“, zitiert Hromadske Radio den Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakov.

Zunächst einmal sei es wichtig, die Einschätzungen der Türkei und der UNO zu hören, erklärte Michajlo Podoljak, Berater des Chefs der Präsidialverwaltung, gegenüber NV.ua. Wie Hromadske Radio berichtet, bereitet die Organisation der Seehäfen der Ukraine (AMPU) in den Seehäfen Odessa, Tschonomorsk und Juschne bereits die Verschiffung von Getreide für den Export vor. Mehrere Schiffe sollen in einer Art Karawane durch einen minenfreien Korridor aus diesen Häfen auslaufen.

Oleh Ustenko, Wirtschaftsberater von Präsident Selenski, rechnet aber mit Problemen. Die Ukraine könnte 60 Millionen Tonnen Getreide im Lauf von acht bis neun Monaten ausführen, sollte die Blockade der Schwarzmeerhäfen tatsächlich aufgehoben werden, sagte er im ukrainischen Fernsehen. Sollte Russland das Abkommen nicht einhalten, werde der Transport 20 bis 24 Monate dauern.

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