Verkehrsministerium zu Klimazielen: Eigenlob ohne Fakten
Das Verkehrsministerium brüstet sich mit seinen Maßnahmen zum Klimaschutz. Doch ob diese tatsächlich wirken, kann es mit keiner Zahl belegen.

Weniger CO2-Emissionen durch Verkehr in 2020: lag es an Corona oder an den Klimaschutzmaßnahmen? Foto: S. Ziese/imago
BERLIN taz | Das von Andreas Scheuer (CSU) geführte Bundesverkehrsministerium ist nicht dazu in der Lage, die Wirkung einer einzigen Klimaschutzmaßnahme in seinem Verantwortungsbereich zu beziffern. Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine Frage des grünen Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler hervor.
Der Hintergrund: Laut Umweltbundesamt waren die Treibhausgasemissionen des Verkehrs im Jahr 2020 mit 146 Millionen Tonnen CO2 um 19 Millionen Tonnen niedriger als im Vorjahr. Die Emissionen lagen damit unter der im Bundesklimaschutzgesetz für 2020 festgelegten Menge von 150 Millionen Tonnen CO2.
Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger hatte bei Twitter erklärt, das liege nicht nur an der Coronakrise, sondern vor allem „an unseren zahlreichen Maßnahmen für Klimaschutz im Verkehr“. Um die Klimaziele zu erreichen, brauche es weder Fahrverbote noch ein Tempolimit, behauptete er. Daraufhin wollte Kindler vom Verkehrsministerium wissen, welchen konkreten Klimaschutzeffekt die einzelnen Maßnahmen des Ministeriums im Jahr 2020 hatten und welchen Effekt die Coronakrise.
Doch diese Fragen konnte das Bundesverkehrsministerium nicht beantworten. Es verwies auf das Umweltressort: „Das Monitoring der Maßnahmenwirkung inkl. der Quantifizierung von CO2-Reduktionen für Maßnahmen und Maßnahmenbündel liegt in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.“ Das Ministerium verweist auch nicht auf Studien oder Gutachten.
Laut Umweltbundesamt geht die Minderung des CO2-Ausstoßes vor allem auf die Coronakrise zurück. „Vor lauter neuen Straßen sieht man im Bundesverkehrsministerium offenbar die Fakten zur Klimabilanz nicht mehr“, kritisiert Parlamentarier Kindler. Dass sich Verkehrsminister Scheuer bei der Bewertung seiner Klimaschutzmaßnahmen hinter dem Bundesumweltministerium verstecke, sei peinlich. Kindler: „Fakt ist: nur mit einer umfassenden Verkehrswende, mit Investitionen in pünktliche Züge und saubere Busse sowie sichere Radwege, werden wir die Klimaziele auch in Jahren ohne Pandemie erreichen.“
Leser*innenkommentare
Jalella
Warum wird nach Effekten der Klimaschutzmaßnahmen gefragt? Welche Maßnahmen denn überhaupt?
Die einzige Veränderung, die ich mitbekommen habe, sind noch mehr Baustellen auf den Straßen, die den Verkehrsfluss stören und damit zu einem erhöhten Verbrauch führen.
Der einzige Faktor, der den Verkehr im Ganzen reduziert hat, ist die Corona-Krise, während der ja die Mobilität stark eingeschränkt war.
Und es interessant, dass sich Herr Scheuer also zum Verantwortlichen der Corona-Pandemie erklärt ;-)
hinnerk untiedt
Menno, ihr gönnt dem Andi Scheuer aber auch garnix. Dabei vereinigt der so viele Superlative in sich: größter Einwegbehälter für Flüssigkeiten zum Beispiel. Seine Resilienz gegenüber politischen Skandalen ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.
Nina Janovich
Was fehlt: welche Klimaschutzmaßnahmen gabs denn überhaupt im Verkehrssektor? Wusste das der Herr Scheuer auch nicht?