Verhandlungen um TPP verschoben: Keine Einigung zur Freihandelszone
Die Verhandlungen für eine Freihandelszone rund um den Pazifik gehen in eine weitere Runde. Das ist ein Rückschlag für die US-Regierung.
Das TPP-Abkommen gilt als die wirtschaftliche Komponente der strategischen Neuausrichtung der USA, der Hinwendung zu Asien. Die geplante Freihandelszone würde einen Wirtschaftsraum mit rund 800 Millionen Menschen schaffen, in der 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung erbracht werden.
Trotz der auf Hawaii gescheiterten Verhandlungen war der neuseeländische Handelsminister Tim Groser nach dem Treffen optimistisch: „Das Unterholz wurde in einer Weise gelichtet, die anderen Ministertreffen meilenweit voraus ist.“ Sein australischer Kollege Andrew Robb machte die „großen vier“ für den fehlenden Durchbruch verantwortlich. Das sind die USA, Japan, Kanada und Mexiko. Außerdem beteiligt sind Malaysia, Singapur, Chile, Peru, Vietnam und Brunei.
Die größten Schwierigkeiten bereitet den Verhandlungspartnern die Einigung über Agrargüter und Autos. Beim Streit über Agrarprodukte gehen nicht wie erwartet von Japan, sondern von Kanada die größten Widerstände aus. Das nordamerikanische Land riegelt seine Märkte für Milchprodukte und Geflügel ab. Kanadische Milchbauern profitieren von Zollsätzen bis zu 246 Prozent. Im Oktober finden in Kanada Parlamentswahlen statt. Deshalb will Premierminister Stephen Harper hier keine Zugeständnisse machen. Darauf besteht aber Neuseeland, das auch als „Saudi-Arabien der Milch“ bezeichnet wird.
Milch, Zucker, Autos
Ursprünglich forderte Neuseeland die Abschaffung aller Handelsbeschränkungen für Milchprodukte. Diese Position hat das Land mittlerweile aufgegeben und fordert nun eine Gegenleistung etwa in Form erhöhter Importquoten. Hart umkämpft sind auch Handelsbestimmungen für Zucker. Hier wehren sich die USA gegen Importe aus Australien.
Bei den Industrieprodukten stehen Autos im Mittelpunkt. Japan schottet seinen Markt gegen ausländische Fahrzeuge mit technischen Handelshindernissen ab. Gleichzeitig will es aber, dass die USA ihren Zoll auf Autos von heute 2,5 Prozent auf null absenken. Das versuchen die US-Autohersteller zu verhindern. Unterstützung erhalten sie von Mexiko. Das Land besteht darauf, dass nur Autos frei gehandelt werden dürfen, die mindestens zu 62,5 Prozent in den TPP-Ländern hergestellt wurden. Japan fordert aber einen niedrigeren Prozentsatz. Letztlich handelt es sich um einen Kampf der Wertschöpfungsketten: Mexiko ist Teil der nordamerikanischen Autoindustrie, während japanische Hersteller viele Bauteile aus Thailand beziehen, das bei den TPP-Verhandlungen nicht dabei ist.
Der mexikanische Wirtschaftsminister Ildefonso Guajardo weist den Vorwurf zurück, die Verhandlungen aufzuhalten: „Wenn ich für etwas beschuldigt werden kann, dann ist es, wirklich für die Interessen meines Landes zu kämpfen.“ Sein japanischer Kollege Akira Amari ist der Auffassung, die Verhandlungsparteien seien dabei, eine „Landezone zu erreichen“. Mit „Landezone“ bezeichnen Diplomaten einen möglichen Kompromiss.
Könnte bis November dauern
Wann die Verhandlungen weitergehen, ist nicht bekannt. Gary Hubauer vom Peterson Institute for International Economics, einem US-Thinktank, mahnt zur Eile: Er glaube nicht, dass der Rückschlag in Hawaii „tödlich ist, aber ich denke, sie sollten einen Abschluss bis Mitte August schaffen“. Manche Beobachter gehen aber davon aus, dass das nächste Treffen erst im November stattfindet – nach den Wahlen in Kanada.
Der kanadische Handelsminister Ed Fast lehnt diesen Vorschlag aber ab: „Wenn sich unsere Partner wieder treffen, und ich hoffe, dies ist sehr bald, wird Kanada wieder als konstruktiver Partner am Tisch sitzen.“ Solange die TPP-Verhandlungen in der Schwebe sind, überschatten sie den Wahlkampf der konservativen Regierungspartei von Stephen Harper.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen