Verhandlungen über Migrationsabkommen: Rückführen und einreisen lassen
Deutschland verhandelt mit sechs Ländern über Migrationsabkommen. Aus diesen Staaten kommen derzeit jedoch nur wenige Schutzsuchende nach Deutschland.
Berlin dpa/afp/taz | Die Bundesregierung verhandelt derzeit mit mindestens sechs Staaten über den Abschluss von Migrationsabkommen. Sie sollen einerseits die Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht in Deutschland in ihre Heimatländer ermöglichen, andererseits die Einwanderung von Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt regeln.
Der für den Abschluss der Abkommen eingesetzte Sonderbevollmächtigte Joachim Stamp sei derzeit mit mehreren Ländern in vertraulichen Gesprächen, teilte das Bundesinnenministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. „Aktuell genannt werden können dabei Georgien, Moldau, Kenia, Kolumbien, Usbekistan und Kirgistan.“
Immer wieder hatten Ampelpolitiker*innen in der aktuellen Asyldebatte zuletzt auf die Rolle der Migrationsabkommen verwiesen. Diese erhöhten die Chancen, „irreguläre Migration zu reduzieren und nicht bleibeberechtigte Personen schneller zurückzuführen“, hatte etwa FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erklärt. Aus allen sechs Ländern, um die es nun geht, kommen allerdings derzeit nur wenige Asylsuchende nach Deutschland.
Bereits der frühere CSU-Innenminister Horst Seehofer hatte sich das Abschließen solcher Migrationsabkommen auf die Fahne geschrieben – mit mäßigem Erfolg. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, dafür einen Sonderbevollmächtigten einzusetzen. Stamp nahm am 1. Februar dieses Jahres seine Arbeit auf. Bereits kurz davor – Anfang Dezember 2022 – wurde mit Indien ein erstes „Migrations- und Mobilitätspartnerschaftsabkommen“ unterzeichnet, das seit März in Kraft ist. Es blieb aber bis heute das einzige.
Nur wenige Erstanträge auf Asyl
Mit den beiden zentralasiatischen Staaten Usbekistan und Kirgistan gibt es inzwischen immerhin Absichtserklärungen. Die entsprechende Vereinbarung mit Kirgistan wurde am Freitag während des Zentralasien-Gipfels bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterzeichnet. Aus den beiden früheren Sowjetrepubliken kommen aber aktuell nur sehr wenige Asylbewerber nach Deutschland. Aus Kirgistan gab es laut Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge von Januar bis August dieses Jahres 51 Erstanträge auf Asyl, aus Usbekistan 92.
Insgesamt wurden in diesem Zeitraum rund 204.000 Erstanträge auf Asyl in Deutschland gestellt. Auch Kenia (267 Erstanträge), Kolumbien (1.999 Erstanträge) und Moldau (1.094) zählen nicht zu den Hauptherkunftsländern. Georgien (6.691) rangiert in der Statistik etwas weiter oben.
Die Regierungen Georgiens und Moldaus haben dem Bundesinnenministerium zufolge Bereitschaft für Gespräche geäußert. Beide Länder hätten „eine besondere Priorität, weil über zehn Prozent der abgelehnten Asylanträge in Deutschland allein aus diesen beiden Ländern kommen“, führte ein Sprecher aus. Dieses Argument hatte Innenministerin Nancy Faeser zuletzt öfter vorgetragen.
Tatsächlich werden fast alle Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern abgelehnt. Sie machen aber zusammen nicht einmal vier Prozent der Asylgesuche in diesem Jahr aus. Stamp zufolge kooperieren schon jetzt beide Länder bei Rückführungen. Die Bundesregierung will sie zudem als sogenannte sichere Herkunftsstaaten einstufen. Kritiker*innen bringen dagegen in beiden Fällen rechtsstaatliche sowie menschenrechtliche Bedenken vor.
Leser*innenkommentare
Andreas_2020
Abteilung heiße Luft: Diese Abkommen kosten am Ende mehr Geld und Energie, als uns das recht sein kann. Außer Georgien bringen sie eigentlich gar nichts. Und dann müsste man sich die Anträge aus Usbekistan und Kirgistan mal genauer ansehen, beide Staaten haben durchaus noch eine autoritäre Regierung.
Diese Abkommen täuschen einfach nur vor, dass Deutschland über diesen Mechanismus von Einwanderung aus diesen Ländern verschont bleibt, während tatsächlich das nicht so ist, sondern es muss immer noch eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden.
Daischmi
Das sind sehr gute Nachrichten.
Zwar sind Migrationsabkommen eine sehr schlechte Sache, aber Deutschland braucht zur Zeit wirklich jeden einzelnen Schutzsuchenden der hier ankommt.
Dass zur Zeit nur mit solchen Ländern verhandelt wird, aus denen so gut wie keiner kommt, ist eine sehr gute Sache.
Deutschland braucht wirklich offene Grenzen, damit jeder kommen kann der will.
Ich bin immer schon für direkte und kostenlose Flugverbindungen aus dem am schlimmsten betroffenen Gegenden, wie Syrien, Afghanistan, usw..
Nur wenn die Einreise jedem möglich und bezahlbar ist können die Schlepper gestoppt werden.
Machiavelli
@Daischmi Dann ist aber der Sozialstaat nicht mehr zu bezahlen. Flüchtlinge sind nicht dazu da die Deutsche Wirtschaft zu füttern sondern oft tief traumatisierte Menschen die jahrelange, teilweise für immer von Sozialtransfers leben. Man kann für offene Grenzen sein aber man muss sich im klaren sein. Die meisten Menschen die kommen, selbst die die irgendwann Arbeit finden werden Netto kosten. Dazu kommen fehlende Kapaztitäten was Integration, Bildung und Wohnen angeht.
Daischmi
@Machiavelli Ich halte ihr Argument für nicht haltbar. Es gibt keine Beispiele für so genannte "Sozialstaaten", die durch neu Hinzukommende in irgendeiner Art, bedroht seien. Deutschland, als eines der reichsten Länder der Welt, hat eine Verpflichtung gegenüber den Schwächsten der Welt.
Andere Länder haben auch dieses Problem und geben ihr Bestes.
Ich bin nach meinem Studium und der Weiterbildung nach Japan ausgewandert und kann nur berichten wie sehr das System hier unter der Belastung ächzt. 2022 wurden mehr als 4 mal so viele Schutzsuchende anerkannt als in 2020 (www.refugee.or.jp).
Aber, hier existiert eine echte Willkommenskultur, im Gegensatz zu Deutschland.
PeterArt
"Tatsächlich werden fast alle Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern abgelehnt. Sie machen aber zusammen nicht einmal vier Prozent der Asylgesuche in diesem Jahr aus." Kleinvieh macht auch Mist.
Andreas J
@PeterArt Den Begriff Kleinvieh finde ich in diesem Zusammenhang geschmacklos.