Verhandlung gegen Rüstungsmanager: Sig-Sauer-Prozess schon fast vorbei
Der Prozess wegen illegaler Waffenexporte begann am Dienstag mit einer Überraschung. Schon Mittwoch könnte er mit einer Verständigung enden.
Vor dem Kieler Gerichtsgebäude demonstriert am Morgen ein Trüppchen FriedensaktivistInnen. Sie hoffen, dass vom dem Prozess ein Signal gegen Waffenexporte in unsichere Drittstaaten ausgeht. Im größten Verhandlungssaal des Gerichts drängen sich die ZuschauerInnen, als die drei Beschuldigten mit ihren Anwälten eintreten. Zusätzlich sitzt Strafverteidiger Gerald Goecke als Anwalt der Firma Sig Sauer auf der Bank.
Die Firma ist zwar nicht angeklagt, muss aber – falls es zu einer Verurteilung kommt – die bei den fraglichen Geschäften eingenommene Summe als Strafe zahlen. Rund elf Millionen Euro sind für die rund 38.000 Pistolen, um die es im Prozess geht, veranschlagt. Dabei handele es sich um die „Bruttosumme“ aus Gewinn und Herstellungskosten, erklärt Gerichtssprecherin Rebekka Kleine.
Die Staatsanwaltschaft unterscheidet bis zu 99 Ausfuhr-Taten, das Muster ist aber stets dasselbe: Die SIG SAUER Inc. in Newington, New Hampshire – der US-Zweig des in zahlreiche Holdings und GmbHs aufgeteilten Konzerns – schloss Lieferverträge mit der US-Regierung, die damals von Barack Obama geführt wurde. Wegen Engpässen im US-Werk wurde ein Teil der Pistolen und Pistolenteile vom Typ SP 2022 in Deutschland hergestellt, eine „übliche Intercompany-Bestellung“, sagt Firmenanwalt Goecke.
Falsche Angaben zum Endkunden
Dumm nur, dass die Eckernförder Produktion beim Ausfuhrantrag als Endkunden „Verbleib in den USA“ angab. Tatsächlich wurden die Waffen „durch die Obama-Regierung an die nationale Polizei in Kolumbien“ weitergeliefert, wie der Firmenanwalt einräumt. Der Handel diente offiziell im Rahmen des „Foreign Military Sales“-Programms dem Kampf gegen die Drogenkriminalität, so Goecke: „Wir sind sicher, dass diese Ausfuhr von der Bundesrepublik genehmigt worden wäre.“
Ralf Wilinger, Referent für Kinderrechte bei Terre des Hommes, widerspricht: „Es gibt keine Genehmigung für die Ausfuhr von Kleinwaffen nach Kolumbien, es ist ein Land, in dem schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden.“ Nach Recherchen der Organisation kaufte Kolumbiens Regierung insgesamt 125.000 Pistolen aus Sig-Sauer-Produktion im Wert von 65 Millionen Dollar.
Einige der Pistolen tauchten später bei kriminellen und paramilitärischen Gruppen auf, heißt es in einem Dossier von Terre des Hommes. Das Gericht will sich auf die Frage, ob die Bundesregierung die Ausfuhr genehmigt hätte, nicht einlassen: Da Sig Sauer bei der Frage nach dem Endkunden falsche Angaben gemacht habe, bleibe der Vorgang eine Straftat, so der Richter.
Deal vorbereitet
Er berichtete von einem Erörterungstermin mit den Prozessbeteiligten, bei dem es um eine mögliche Einigung ging. Zwei der Manager würden Bewährungsstrafen von maximal einem Jahr und zehn Monaten erhalten, der dritte Beschuldigte eine Bewährungsstrafe von bis zu einem Jahr. Sie müssten dafür Geständnisse ablegen, die Firma müsste den Bruttogewinn zurückzahlen.
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Firmenanwalt signalisierten Einverständnis. Es hängt nun an den Angeklagten selbst: Stimmen sie zu, könnte der Prozess schnell zu Ende sein. Eine Antwort gibt es vielleicht schon am Mittwoch.
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