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Verfassungsgefüge in GroßbritannienDie Übermacht des Parlaments

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Großbritanniens uraltes politisches Machtgefüge beruht auf dem Grundsatz, dass das Parlament über dem Gesetz steht. Das ist nicht länger haltbar.

Sitz des britischen Parlament: der Westminster-Palast Foto: House Of Commons/ PA Wire/ dpa

D ie politische Ordnung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland ist in Umwälzung. Die sichtbare Dimension dessen ist das tägliche Spektakel im Parlamentssitz an der Themse: die erbitterten Wortgefechte im Unterhaus, die Ordnungsrufe des Sprechers John Bercow, zuletzt der Machtkampf mit Premierminister Boris Johnson. Die unsichtbare, aber zunehmend wahrnehmbare Dimension ist das Knirschen im Gebälk des Machtgefüges der Institutionen, das jetzt mit dem Urteil des britischen Obersten Gerichts gegen Boris Johnsons Parlamentssuspendierung nach einem drohenden Einsturz klingt.

Die oberflächliche Lesart sieht in diesen Geschehnissen eine Selbstbehauptung des Parlaments. Sprecher Bercow ist demnach der mutige Vorkämpfer der parlamentarischen Demokratie, der die Legislative gegenüber der Exekutive verteidigt. Das Oberste Gericht ist ihm zur Seite gesprungen, hat den Premierminister in die Schranken gewiesen und damit das Abgleiten des Landes in eine Johnson-Diktatur gestoppt.

Das ist die Lesart, die in Europa fast ausschließlich vorherrscht. Überzeugend ist sie aber nur, wenn man die historisch gewachsene Verfassungsordnung Großbritanniens und ihre Besonderheiten ausblendet.

Ein Grundsatz dieser ungeschriebenen Verfassung, den jetzt auch das Oberste Gericht hervorgehoben hat, ist die Souveränität des Parlaments – also der Grundsatz, dass das Parlament allein die Quelle des Rechts ist und alle anderen, Regierung eingeschlossen, sich dem zu beugen haben. Der Wunsch nach Wiedererlangung dieser Souveränität ist der zentrale juristische Grund für die Forderung nach dem EU-Austritt gewesen, denn die Mitgliedschaft stellt EU-Recht über nationales Recht und ist damit nur dann nach britischen Verständnis verfassungsgemäß, wenn das britische Parlament frei ist, seine eigene Unterordnung zurückzunehmen, was innerhalb der EU nicht möglich ist.

Das Oberste Gericht hat jetzt festgestellt, dass zur Souveränität des Parlaments nicht nur die Gesetzgebungskompetenz gehört, sondern auch die Macht und die Pflicht, die Regierung zur Rechenschaft zu ziehen. Weil die übermäßig lange Suspendierung seiner Sitzungsperiode durch die Regierung dies einschränkte, war sie rechtswidrig.

Alleinige Quelle des Rechts

So weit, so einfach – aber spätestens ab dieser Stelle steigt ein spezifisch englischer dichter Nebel auf. Die Doktrin der Souveränität des Parlaments besagt nämlich nicht nur, dass das Parlament die alleinige Quelle des Rechts ist. Sie besagt auch, dass niemand dieses Recht in Frage stellen darf: Was das Parlament macht, ist nicht justi­ziabel. Gesetze, die das Parlament verabschiedet, sind in Großbritannien ebenso wenig gerichtlich überprüfbar wie sämtliche Vorgänge im Parlament selbst: das Gesetzgebungsverfahren, die Geschäftsordnung, die inneren Abläufe. Das Oberste Gericht ist in Großbritannien kein Verfassungsgericht, das ein Gesetz für verfassungswidrig erklären kann. Justiziabel ist nur die Anwendung der Gesetze durch Regierung und Behörden. Eingeschränkt wird all das höchstens durch die Europäische Menschenrechtskonvention, die in britisches Recht übertragen worden ist und nichts mit der EU zu tun hat.

Wer John Bercow als Hüter des Rechts zujubelt, sollte also nicht vergessen, dass der Mann über dem Gesetz steht. Er kann die Geschäftsordnung verändern oder neu auslegen, und niemand kann gegen ihn vorgehen. Eine Mehrheit im Parlament kann theoretisch beschließen, was sie will. Die Unangreifbarkeit des Parlaments und seiner inneren Funktionsweise ist auch schon, bevor der Brexit alles überlagerte, in die Kritik geraten: Sie macht nämlich auch die Ahndung sexueller Übergriffe oder Mobbing innerhalb des Hauses unmöglich, sofern die Parlamentarier sich sperren.

Grundlage der Übermacht des Parlaments ist ein vormoderner Verfassungsgrundsatz: In Großbritannien ist nicht der Volk der Souverän, sondern der Monarch. Dieser ist Teil des Parlaments. Crown In Parliament heißt das in Großbritannien. Verabschiedete Gesetze werden erst dadurch Recht, dass die Monarchin sie in Kraft setzt. Die Queen eröffnet jede Sitzungsperiode des Parlaments mit der Queen’s Speech, der Regierungserklärung mit dem Regierungsprogramm, das von den Abgeordneten abzuarbeiten ist; und schließt sie wieder mit der prorogation, die jetzt für so viel Wirbel gesorgt hat. Namhafte Juristen kritisieren deshalb die Entscheidung des Obersten Gerichts, das die prorogation zu einem von außen oktroyierten und nur dadurch justiziablen Vorgang erklärt.

Das alles ist weder mit einer modernen Gewaltenteilung noch mit einem Verfassungsstaat vereinbar. Das gilt vor allem dann, wenn einzelne Kräfte im Parlament ihre Macht ausnutzen. Sprecher Bercow entzieht regelmäßig der Regierung die Hoheit über die Tagesordnung und lässt Gesetze im Eilverfahren passieren. Gewählte Abgeordnete verlassen zu Dutzenden ihre Parteien und Fraktionen und verändern damit die Mehrheitsverhältnisse, ohne sich ihren Wählern zu stellen. Dem Wunsch nach einer vorzeitigen Parlamentsauflösung und Neuwahlen sperren sich die Abgeordneten, weil sie diese Allmacht auskosten wollen. Sie setzen auch ihre eigenen Beschlüsse zur Klärung der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens durch eine Volksabstimmung nicht um.

Es sind diese Konflikte, die die britische Politik an den Rand des Abgrunds treiben. Eine Renovierung des Verfassungsgefüges ist dringend geboten. Sie kann nicht darin bestehen, das Parlament noch mächtiger zu machen. Vielmehr muss eine klare Gewaltenteilung alle Gewalten an verfassungsgemäßes Handeln binden.

Möglich wird das wohl erst nach dem Brexit. Zugleich verhindert die aktuelle Krise den Vollzug des Brexit. Der Oktober dürfte für Großbritanniens politische Kultur ein Schicksalsmonat werden.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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34 Kommentare

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  • "gibt es in GB wohl keine Instanz, die es daran hindern könnte" - nun, die Queen mal ausgenommen. - Und Apparatschiks würde ich doch eher der Exekutive zuordnen. Warum sollten die sich über ein mächtiges Parlament freuen?

    • @Ewald der Etrusker:

      ...das sollte an Tobias Schmidt, gestern 20:43, gehen...

  • Ich will dem Autor zugute halten, dass der Beitrag als Kommentar gekennzeichnet ist und ich gestehe zu, dass man als leidenschaftlicher Brexitbefürworter vielleicht auch mal über die journalistischen Stränge schlägt. Aber das Maß an Verzerrungen geht weit über das hinaus, was ich als akzeptabel empfinde. Zum einen fordert er, mehr Überprüfbarkeit des Parlaments durch die Gerichte, wobei mir noch nicht so ganz klar ist, wie das gehen kann, auf der anderen Seite hagelt es Gerichtsschelte, weil die Parlamentspause aufgehoben wurde. Wie jetzt, Gericht ja, aber nur wenn es Herrn Johnson in den Kram passt? Den selben Dualismus beweist er wenn er den Schuldigen an der Regierungskrise verortet, nämlich nicht etwa die Hardliner, die den Brexit verhindert und PM May stürzten, sondern die unverbesserlichen Remainer und Abweichler, die nun den einzigen wahren Brexit zu verhindern suchen. Ausführlich widmet er sich dann seinem Feindbild Bercow, der unfairerweise den Nonodeal im Eilverfahren auf die Tagesordnung setzte. Nanu, gab es da nicht eine Parlamentspause und einen gewissen Zeitdruck? Diese persönliche Angriffe und die Verunglimpfung einer Person, der als langjährigem Tory die Entscheidung nicht leichtfallen konnte, nehme ich dem Autor



    besonders übel. Was soll das sein, AFD auf britisch? I am not amused.

    • @Nikodemus:

      D’accord!

    • 0G
      06313 (Profil gelöscht)
      @Nikodemus:

      Anschließe mich, too. Ich falle bei den Brexit-Kommentaren von D. Johnson von einer Ohnmacht in die andere.

    • @Nikodemus:

      …anschließe mich & im around.

      Ein selten wirr-ahnungslos - in sich widersprüchliches - sorry - peinliches Geschreibsel. Mit Verlaub.

  • 6G
    6120 (Profil gelöscht)

    Dominic Johnson sollte besser thematisieren, warum die aktuelle Mehrheit des UK-Parlaments es nicht fertig bringt, Boris Johnson durch eine andere "Interimslösung" zu ersetzen.

    Die merkwürdige (und notgedrungen umständliche, historisierende) Kritik an der Macht des UK-Parlament im Jahre 2019 (welch eine Überraschung in einem demokratischen Rechtsstaat - eine Regierung sollte tatsächlich auch eine Mehrheit im Parlament haben...!) erscheint mir jedenfalls, um einen Ausdruck des Autors zu benutzen, vor allem Eines zu sein: Vormodern.

    • @6120 (Profil gelöscht):

      Ich gebe zu, das war die einzige Stelle in dem Artikel, an der ich lachen musste. Auch wenn ich keinen beleidigen möchte, ich finde ebenfalls, der Begriff vormodern passt irgendwie besser.

  • "Ein Grundsatz dieser ungeschriebenen Verfassung, den jetzt auch das Oberste Gericht hervorgehoben hat, ist die Souveränität des Parlaments – also der Grundsatz, dass das Parlament allein die Quelle des Rechts ist und alle anderen, Regierung eingeschlossen, sich dem zu beugen haben."

    Naja, so sollte es ja wohl auch sein. Wenn sich die Regierung nicht dem Parlament zu beugen hat, sind wir zumindest nah an einer Diktatur.

    " Sprecher Bercow entzieht regelmäßig der Regierung die Hoheit über die Tagesordnung" - oh wie schrecklich, das Parlament lässt sich seine Tagesordnung nicht von der Regierung diktieren! Na hoffentlich!

    Die Regierung/Exekutive sollte sich mal schön mit ihrer Funktion begnügen, vom Parlament beschlossene Gesetze a u s z u f ü h r e n. Die Exekutive hat in den meisten repräsentativen Demokratien eh viel zu viel Macht. Mit Regierungsmehrheiten werden Regierungsvorschläge abgenickt, alles andere ist Theater.

    Da kann man sich nur über jedes Querstellen eines Parlaments gegen die Regierung freuen.

    Das Einzige was ich an diesem Artikel unterschreiben kann ist, dass das UK wohl gut daran täte, sich eine geschriebene Verfassung zu geben.

    Ansonsten frage ich mich, was Herr Johnson bei der TAZ macht und ob er nicht angesichts des gleichen Nachnamens ein bisschen viel Partei ergreift für Boris J.

  • "Ein Grundsatz dieser ungeschriebenen Verfassung, den jetzt auch das Oberste Gericht hervorgehoben hat, ist die Souveränität des Parlaments – also der Grundsatz, dass das Parlament allein die Quelle des Rechts ist und alle anderen, Regierung eingeschlossen, sich dem zu beugen haben."

    Naja, so sollte es ja wohl auch sein. Wenn sich die Regierung nicht dem Parlament zu beugen hat, sind wir zumindest nah an einer Diktatur.

    " Sprecher Bercow entzieht regelmäßig der Regierung die Hoheit über die Tagesordnung" - oh wie schrecklich, das Parlament lässt sich seine Tagesordnung nicht von der Regierung diktieren! Na hoffentlich!

    Die Regierung/Exekutive sollte sich mal schön mit ihrer Funktion begnügen, vom Parlament beschlossene Gesetze a u s z u f ü h r e n. Die Exekutive hat in den meisten repräsentativen Demokratien eh viel zu viel Macht. Mit Regierungsmehrheiten werden Regierungsvorschläge abgenickt, alles andere ist Theater.

    Da kann man sich nur über jedes Querstellen eines Parlaments gegen die Regierung freuen.

    Das Einzige was ich an diesem Artikel unterschreiben kann ist, dass das UK wohl gut daran täte, sich eine geschriebene Verfassung zu geben.

    Ansonsten frage ich mich, was Herr Johnson bei der TAZ macht und ob er nicht angesichts des gleichen Nachnamens ein bisschen viel Partei ergreift für Boris J.

  • 0G
    06313 (Profil gelöscht)

    Mich wundert, dass das brit. Volk das mit sich machen lässt und nicht auf die Barrikaden geht und Neuwahlen fordert.

  • Sehr interessanter und lesenswerter Artikel. Vielen Dank!

    "Ein Grundsatz dieser ungeschriebenen Verfassung, den jetzt auch das Oberste Gericht hervorgehoben hat, ist die Souveränität des Parlaments – also der Grundsatz, dass das Parlament allein die Quelle des Rechts ist und alle anderen, Regierung eingeschlossen, sich dem zu beugen haben."

    Hier tun sich ja wirklich Abgründe auf.

    Wenn der Bundestag ein Gesetz beschließen sollte, daß gegen das Grundgesetz verstößt würde es vom BVerfG kassiert werden - die Judikative kontrolliert und begrenzt die Macht der Legislative.

    Dies ist in GB wohl nicht so; hier ist die Judikative offensichtlich ein verlängerter Arm der Legislative.

    D.h., daß nicht nur die Exekutive gegenüber der Legislative auf verlorenen Posten steht; Beispiel: die Regierung um BoJo hat keinerlei juristische Möglichkeiten um gegen das Antibrexitgesetz vorzugehen, sondern es heißt auch, daß das Parlament beschliessen kann was immer es will.

    Sollte das Parlament also z.B. die Todesstrafe wieder einführen wollen oder, sagen wir, Indien wieder zur Kolonie machen wollen; dann gibt es in GB wohl keine Instanz, die es daran hindern könnte.

    Und nebenbei könnte es auch, zumindest zum Teil, erklären, warum die EU sich so schwer tut GB ziehen zu lassen: eine übermächtige Legislative dürfte der Traum eines jeden EU Apparatschiks sein, völlig ungeachtet der Parteizugehörigkeit.

  • Widersprüchlich:



    - einerseits soll nach Dominic Johnson das britische Parlament nicht länger über allen anderen Institutionen stehen - andererseits sei eine EU-Mitgliedschaft automatisch inkompatibel mit der britischen Verfassung, weil das Parlament dann ja der EU unterworfen sei.



    Und das schreiben Sie 2019? warum nicht schon 2011 zu Beginn der Brexit-Kampagne oder zu Beginn des EU-Beitritts?



    ich finde es schlimm auf welchem Tripp sich Dominic Johnson seit einigen Monaten befindet: auf dem Tripp der rechten Libertarians der britischen Nationalisten.



    Sie wissen Herr Johnson, dass Boris Johnson keinerlei Programm hat was die Gestaltung der Zukunft betrifft.



    von einer europaweiten Bewegung für soziale Gerechtigkeit, für sozialistische Gleichheit von unten mal ganz abgesehen.



    DJ identifiziert sich mit dem Aggressor: TurningPointUK: dem Ableger von TurningPointUSA: "Socialism kills".

    • @nzuli sana:

      "Sie wissen Herr Johnson, dass Boris Johnson keinerlei Programm hat was die Gestaltung der Zukunft betrifft."

      Doch das hat er. Allerdings eins, dass wir beide nicht gut finden :-)

  • Wäre der Schwerpunkt der Kritik richtig gesetzt, müsste der Titel eigentlich heißen: "Die Übermacht der Monarchie" (einschließlich übrigens des Oberhauses). Subtitel etwa: "Historische Kompromisse und ihr Preis fehlender konsequenter Gewaltenteilung, auch für die (interne) Rechtsbindung der Queen und des Parlaments".

    So jedoch erscheint es mir, als hätte Dominic Johnsons Kritik eine etwas andere Stoßrichtung, obwohl seine im Text dann gemachte Feststellung, dass es erst die "Queen" ist, die erst Parlamentsbeschlüsse in Kraft setzt, ja durchaus richtig ist.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Das die britische nicht zusammenhängend niedergeschriebene Verfassung aus kontinentaler Sicht komplex, unübersichtlich und an einigen Stellen einen renovierungsbedürftigen Eindruck vermittelt - gibt es jemand der das bestreitet?

    Wobei die Angriffe auf die demokratische Verfasstheit des britischen Staates im Artikel aus politischer Sicht formuliert sind und Voreingenommenheit signalisieren - und daher leider ins Leere laufen.

    Natürlich fehlt die Geschäftsordnung im HoC - aber die Regeln an die sich der Speaker halten muß sind genauso komplex wie die Verfassung.

    Richtig anrüchig wird die obige Verfassungskritik, weil formuliert zu dem Zeitpunkt, an dem Boris Johnson als Rechtspopulist beginnt, einen Krieg zwischen dem rechtspopulistichem Verständnis von "Volk" und dem Parlament loszutreten. Analog der rechtspopulistischen Kampagne Richter sind ""enemies of the people""



    beginnt nun Johnson eine Propagandaschlacht "the parliament is the enemy of the people."

    Das nun der doppelte Johnson vorbaut und an der Legitimtät des HoC sägt sieht eher nach Charakterschwäche aus.

    Das größte Problem in UK ist allerdings das Mehrheitswahlrecht - und das hat in der Vergangenheit MP`s dazu gezwungen die Seiten zu wechseln - und das wird im Artikel nocht nicht mal erwähnt.

    Die Opposition im HoC vertritt ungefähr 55% der Wähler - und Boris Johnson derzeit ca. 34% - kann doch nicht sein das BJ als Vertreter einer rechtsradikalpopulistischen Minderheit sich gegenwärtig als Diktator aufführt.

    Dieses Parlament hat 2 x Mal mit der Mehrheit der Abgeordneten beschlossen, das ein Austritt ohne Austrittsvertrag a. von der Mehrheit nicht gewünscht wird und b. durch das Benn Gesetz verboten ist.

    Boris Johnson hat mehrfach durchblicken lassen das er sich an dieses Gesetze nicht halten wird - und genau zu diesem Zeitpunkt schreibt Doppeljohnson einen Artikel der die Legitimität des Parlaments anzweifelt?

    Mit britischer Fairness war eigentlich immer was anderes gemeint.

  • Dieser grundsätzliche Punkt mit der fehlenden Gewaltenteilung in England/Britannien ist m.E. lange bekannt. Und auch die hervor gehobene Stellung der "Queen" in diesem Gefüge.

    Vieles daran erinnert mich an das, worauf Montesquieu sein Konzept der Gewaltenteilung mit dem Titel "Von der Verfassung Englands"[!] im 18. Jahrhundert maßgeblich(!) gestützt hat. Bis heute ist viel von diesem Konzept, von diesen wenigen Seiten in diesem Kapitel, in Grundsätzen, verfolgten Zielen wie auch konkreter Umsetzung & manchmal auch noch namentlicher Titulierung als "moderne Demokratie" bzw. "moderne Gewaltenteilung" weltweit umgesetzt worden. Das Veto-Prinzip Parlament vs. Senat vs. Monarch (heute: Präsident*in) bis heute mitunter am nächsten in den USA.

    Die demokratisch/gew.teilungsmäßig unzulänglichen Punkte davon (auch wg. Montesquies Adelsansatz) wurden in so mancher "moderner" Verfassung m.E. nur unzureichend ausgebessert.

    In England/Britannien scheint es sich um einen seit Jahrhunderten bestehenden "Kompromiss" zwischen Monarchie, (bürgerlichem) Parlament und Adel (mensch denke immer auch noch an das "Oberhaus") zu handeln. Der Kompromiss scheint hier faktisch zu besagen:

    "Faktisch" liegt die legislative Macht beim Parlament/Unterhaus, hinter dem die Queen zurück tritt. "Preis" dafür: Sie behält - mindestens in Teilen - mitunter noch immer(!) die theoretische(!) legislative Macht, ohne dass das zu laut ausgesprochen, geschweige denn offen angewandt wird. Wie D. Johnson schreibt: Erst sie setzt Parlamentsbeschlüsse in Kraft. Mensch denke dabei des Weiteren auch an die Queen als Nach-wie-vor-Oberhaupt des Commonwealth.

    Und es war m.E. immer klar: Erst durch eine handfeste politische Krise kommt das so richtig zum Vorschein.

    Egal, was D. Johnson, der die vergangenen Jahre m.E. durch sein zweifelhaftes Verhältnis zu "Interventions- (bzw. vermeintlichen Menschenrechts-) Kriegen" aufgefallen ist, hier bezwecken mag. Seine Beobachtung scheint hier ein Mal einen Kern zu treffen.

  • so gesehen ist es dann von rechtstaatlichem vorteil fuer ein modernes europa, wenn das UK die EU verlaesst.



    ebenso sollte das wahlsystem geaendert werden. das mehrheitswahlrecht hat diesen tribalismus in der politik jahrhundertelang genaehrt, das system ist in einer pluralistischen nicht mehr zeitgemaess.

  • "Dem Wunsch nach einer vorzeitigen Parlamentsauflösung und Neuwahlen sperren sich die Abgeordneten, weil sie diese Allmacht auskosten wollen."

    UK ist doch gerade für beliebig angesetzte, vorzeitige Wahlen bekannt. Gerade das jetzige Parlament kam ja erst vor kurzem durch vorzeitige Wahlen zustande.



    Sie wehren sich nur gegen eine Neuwahl zum ungünstigsten Zeitpunkt, nämlich mitten im Brexit-Vorgang, der sicherlich die volle Aufmerksamkeit benötigt.

    Außerdem will Johnson nur deshalb Neuwahlen, weil dann die Brexit-Wirtschaftskrise noch nicht eingetreten ist.

    • @meerwind7:

      "Sie wehren sich nur gegen eine Neuwahl zum ungünstigsten Zeitpunkt, nämlich mitten im Brexit-Vorgang, der sicherlich die volle Aufmerksamkeit benötigt."

      Das Problem ist aber, dass das gegenwärtige Parlament nur weiß, was es NICHT will. Also entweder die Abgeordneten entscheiden sich endlich, was sie WOLLEN oder sie machen den Weg zur Wahl eines neuen Parlamentes frei, das dann hoffentlich in der Lage ist, Entscheidungen über die Zukunft zu fällen. So kann es jedenfalls nicht weiter gehen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das Parlament hat 3 Jahre nicht gewusst, was es will, gerade jetzt aber hat es dem PM einen klaren Auftrag gegeben: Die Verhandlungen zu einem positiven Ende zu führen. Dass BoJo irgendwie lustlos agiert, mag überraschen, hatte er doch vor kurzem noch verkündet, man müsse nur genügend Druck unter dem Kessel erzeugen, dann liesse sich die EU zu jedem gewünschten Zugeständnis überreden. Nun, der Druck ist da, was ist seltsam daran dass das Parlament erwartet, dass er jetzt liefert?



        Dieses hartnäckige Parlamentsbashing finde ich eh wundersam. Wie ist es nach den Neuwahlen, ist es dann wieder ein gutes oder auch nur dann, wenn es ihren Wünschen entspricht?

        • @Nikodemus:

          "...gerade jetzt aber hat es dem PM einen klaren Auftrag gegeben: Die Verhandlungen zu einem positiven Ende zu führen."

          Es ist Ihnen vielleicht nicht aufgefallen, aber die EU hat schon dutzende Male auf allen Ebenen erklärt, dass das eigentliche Abkommen nicht mehr verhandelt wird. Die Aufforderung ist also sinnlos.

          Es gibt 3 Möglichkeiten.

          a) Annahme des vorhandenen Abkommens.

          b) Austritt ohne Abkommen.

          c) In der EU bleiben.

          Das ist die Situation, in die sich GB manövriert hat. Und es ist die Pflicht der gewählten Politiker, sich zu entscheiden. Und wenn sie dazu nicht in der Lage sind, müssen die Briten die Möglichkeit bekommen, neu zu wählen. Natürlich könnte man alternativ auch eine Volksabstimmung (oder besser 2) zum Thema Brexit ansetzen. Aber auch dazu kann sich das Parlament nicht durchringen. Ist ja auch einfacher für Politiker, zu behaupten, sie sprechen für die Mehrheit der Bevölkerung, statt das mal zu überprüfen.

          Alles was im letzten Jahr vom britischen Parlament kam, hält die Situation zum Schaden Großbritanniens und der EU in der Schwebe. Es wird Zeit, Klarheit zu schaffen.

          PS: Ich halte c) für die vernünftigste Lösung. Aber ich habe dabei natürlich kein Stimmrecht.

  • 6G
    6028 (Profil gelöscht)

    Konfuser Artikel in meiner Sicht.



    Ohne Austritt kann es keine Verfassungsreform geben -- wieso eigentlich? Verbietet denn die EU, die Queen abzustetzen (was ja offfensichtlich der Grund für die schlamperte Gewaltenteilung ist)?



    Was ware denn überhaupt besser, wenn das Parlament weniger (= die Regierung mehr) Rechte hätte?



    Das sieht mir eher nach Carl Schmitt und seiner 'Führer-Ordnung' aus, denn nach "besserem Verfassungsgefüge" aus.

  • "Gewählte Abgeordnete verlassen zu Dutzenden ihre Parteien und Fraktionen und verändern damit die Mehrheitsverhältnisse, ohne sich ihren Wählern zu stellen."



    Sie sind ja auch direkt und persönlich gewählt worden, nicht über Liste. Was sollen sie machen, wenn die Partei ihre Linie komplett ändert?

  • Vielen Dank für diesen Artikel. In den gesellschaftlichen und politischen Diskussionen haben wir leider oft eine zu einfache und nicht hinterfragte Gegenüberstellung der (scheinbar) klar erkennbaren progressiven, modernen und guten Kräfte, gegen rückwärtsgewandte und abzulehnende Kräfte. So einfach ist es aber meist nicht. Johnsen ist für mich kein guter Politiker. Wie aber das Ringen um den Brexit zu bewerten ist, ist viel komplexer.

  • In Deutschland sagt man auch, dass das Parlament (Bundestag) eine Regierung hat, anders als in Präsidialstaaten wie Frankreich und der USA. Die Bundeskanzlerin steht protokollarisch erst an Dritter Stelle nach B.Präsidenten und Präsidenten des Bundestags, auch wenn ihre Machtfülle (meist auch als Vorsitzende der Regierungspartei!) größer ist.



    In UK ist also nicht das Verhältnis zwischen Parlament und Regierung auffällig, sondern die fehlende Verfassung.

  • Ich sach's mal so - eine demokratische Regierung wird bestenfalls nur ein herausgehobener funktionaler Bestandteil eines Parlaments sein können.



    Der Regierung Boris Johnson mangelt es aber sowohl am Willen zur Funktionalität, als auch am Willen zur Parlamentszugehörigkeit.



    „Eine Mehrheit im Parlament kann theoretisch beschließen, was sie will.“



    Das ist richtig. Wenn sie es nicht tut, liegt das aber selten am englischen Nebel, sondern entweder am Fehlen einer geeigneten Beschlussvorlage, oder direkt am Fehlen der Mehrheit.



    „In Großbritannien ist nicht der Volk der Souverän, sondern der Monarch.“



    Da wird sich die Queen sicher freuen, dass ein Dominic Johnson bei der taz in Berlin das so sieht. Sie selbst weiß es allerdings besser.



    „Das gilt vor allem dann, wenn einzelne Kräfte im Parlament ihre Macht ausnutzen.“



    Es sei hier in diesem Zusammenhang nur höflich daran erinnert, dass die 21 Abgeordneten der Tories keineswegs von einem übermächtigen Parlament einfach mal so aus der Fraktion rausgeschmissen wurden, sondern von einem durchgeknallten Boris Johnson himself.



    Das alles ist doch so unfassbar, wie ein Schluck warmes Wasser in der Kurve bei Gegenlicht.

  • Interessante Sichtweise.

  • Das Parlament steht nicht über dem Gesetz. Das Parlament macht die Gesetze!

    Vielleicht sollten die beiden Johnson mal eine kleine Vorlesung über die demokratischen Grundsätze der Gewaltenteilung bezüglich Exekutive, Legislative und Jurisdiktion besuchen.

    • @sb123:

      Genau die hat D.J. bezüglich GB versucht zu erklären.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Schonn. Aber - “…versuchen - tun nur Hunde - “ (Volkers 👄;) - …is aber nich strafbar. Wollnichwoll.

        kurz - Was immer - Sie grad - bei ehrn Nachdenken - verstanden haben wollen



        Newahr. Normal.

  • "die erbitterten Wortgefechte im Unterhaus, die Ordnungsrufe des Sprechers John Bercow"

    Genau wie im Bundestag: sinnlose Zeitverschwendung, Show ohne Sinn. Kostet Millionen nützt keinem.

    So wie ich es in der Schule gelernt habe: man diskutiert ein Problem und kommt zusammen zu einer / der besten Lösung. Wann gab es das je in einem Parlament. Wann sagte je jemand, oh die andere Partei hat einen wichtigen Punkt aufgebracht, das haben wir wohl nicht bedacht,... Jeder monologisiert seine Meinung, die jeder schon vorher kannte, man lobt sich selbst oder beschimpft die anderen. So ein Schwachsinn.

  • Au Backe. Welch weitere Doppel-Johnsons Nebel. Wunderbar.*



    & mal cum grano salis -



    Da ich nich die! Kenne & hück - keinen Bock auf verfassungsrechtliches Proseminar habe. Aber mal dess - aus der Lamäng:

    “Mit einem Federstrich - kann der Gesetzgeber ganze juristische Bibliotheken.



    Zu Makulatur verarbeiten.“



    &



    Ja - Hans Kelsen - der Erfinder der Verfassungsgerichtsbarkeit.



    Wohnte - eh die Nazis (&Carl Schmitt* wandte sich nicht dagegen - Ach was!)



    Ihn rauswarfen - (als Freund Adenauers;) - an/in der Uni Köln - dann in Genf&Prag Zuletzt - Havard&Berkeley. (* der dann post WK II seine Rückkehr hintertrieb!)



    & Liggers.



    Nie aber in - Great Britain. Stimmt. Könnte also helfen. Aber zwingend?

    Schonn. But. Gemach Gemach. Gebe folgendes zu bedenken:



    “Waas - da können ein paar Hansels in Karlsruhe.



    Aushebeln! Was der Sveriges riksdag - Beschlossen hat!



    NEJ TAK !“ 🤓 Befanden einst die schwedischen Parlamentarier einer Erkundungskommission & reisten ab.

    & Sorry & mit Verlaub -



    Von einem Ächzen im Schwedischen Verfassungsgebälk!



    Ist bisher nichts bekannt geworden - odr^¿*

    Soweit mal

    unterm——



    de.wikipedia.org/wiki/Hans_Kelsen



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Gewaltenteilung



    kl. Anmerkung: Gegenstand der Verfassungs&Staatslehre •



    & wg der Nebel - aus den Wiesen - Kängeruhoden -



    m.youtube.com/watch?v=dnqKwGetjz4



    Bitte - Herr Hildebrandt & Danke. Immer wieder passend gern!

    • @Lowandorder:

      kl. Hinweis - daß alten Säcke - einst auch nicht ganz doof waren. Newahr.



      Nö. Normal nich - kerr!

      “In der Staatsphilosophie taucht der Begriff Gewaltenteilung in den Werken des englischen Philosophen John Locke (hier zunächst noch als Trennung in Legislative und Exekutive) und des französischen Barons Montesquieu im Zeitalter der Aufklärung auf. In seiner staatstheoretischen Schrift De l’esprit des lois/Vom Geist der Gesetze (Genf 1748) stellte Montesquieu den Grundsatz der Gewaltenteilung zwischen Legislative (gesetzgebende Gewalt), Judikative (richterliche Gewalt) und Exekutive (vollziehende Gewalt) auf. Locke und Montesquieu kamen zu ihren Erkenntnissen nicht aufgrund theoretischer Überlegungen, sondern durch eine Analyse der bereits bestehenden englischen bzw. britischen Staatsorgane und ihres Verhältnisses zueinander.[13] Dieser Sachverhalt war nicht ohne weiteres ersichtlich, da England und Großbritannien kein schriftlich fixiertes und einheitliches Verfassungsdokument haben.

      Als politisches Programm verkündet wurde die Gewaltenteilung erstmals in der Verfassung der Vereinigten Staaten 1788 und als Checks and Balances bezeichnet. Anschließend fand die Gewaltenteilung auch in Frankreich, während der Aufklärung Verwendung. Heute sind die Prinzipien der Gewaltenteilung in den meisten modernen Demokratien dem Verfassungstext nach verwirklicht. Je nach politischem System kann man eher von einer Gewaltenverschränkung als von einer Gewaltenteilung sprechen.…“

      kurz - Phantasie to the front vs Fog! 🗽



      Drücke die Daumen. But. Vergeßt die “Übermacht des Parlaments“



      & Focussiert - The Upper Class.



      That’s the point. Nothing else.

      unterm— nettikettenhalber — 😎



      (Den beliebten Song mit -…shave the Queen …“ laß ich vorauseilend - wie doch wahr - lieber weg. Gellewelle.



      Kennt ja eh jeder 👻 👻 👻