piwik no script img

Verfahren gegen KlimaschützerGrüne wollen keine Besetzung

Klima-Aktivisten hatten im vergangenen Jahr die Grünen-Geschäftsstelle in Düsseldorf besetzt. Jetzt müssen sie vor Gericht.

Der Protest richtete sich unter anderem gegen die Verstromung von Braunkohle. Bild: dpa

KÖLN taz | Die Grünen in Nordrhein-Westfalen zeigen sich dem engagierten Ökonachwuchs gegenüber unversöhnlich. Am Donnerstag beginnt vor dem Amtsgericht Düsseldorf ein Verfahren gegen sechs KlimaschützerInnen, die im vergangenen Jahr ihre Landesgeschäftsstelle besetzt hatten. Die AktivistInnen fordern, dass die Grünen die Anzeige wegen Hausfriedensbruch zurückziehen. Aber das will die Partei nicht. „Damit würden wir unser eigenes Verhalten infrage stellen“, sagt Sprecherin Andrea Rupprath.

Am 30. August 2013 vormittags hatten die junge Leuten die Geschäftsstelle besetzt. Die Aktion entsprang aus dem seit Jahren im rheinischen Braunkohlerevier stattfindenden „Klimacamp“, bei dem Ökoaktivisten gemeinsame Aktionen entwickeln. Die Forderung der Besetzer: Die Grünen sollten ein Presseerklärung verschicken. Darin griffen die AktivistInnen die Partei an, weil die „eine Mitschuld an der katastrophalen Kohlepolitik des Bundeslandes“ treffe.

Die AktivistInnen forderten einen sofortigen Ausstieg aus dem Braunkohleabbau und aus der Verstromung von Kohle. „Die Grünen hatten im Wahlkampf angekündigt, neue Kohlekraftwerke verhindern zu wollen“, erklärt Klimaschützerin Valerie Winter die Aktion. Nach der Landtagswahl hätten sie sich aber mit der SPD geeinigt, die Entscheidung über laufende Projekte Gerichten zu überlassen. Die Grünen wollten die Pressemitteilung nicht mit ihrem Absender verschicken. Das wäre eine öffentliche Selbstanklage gewesen, fanden sie.

Stattdessen boten sie den BesetzerInnen Gespräche mit FachpolitikerInnen und dem grünen Landesumweltminister Johannes Remmel an. Die Besetzer nahmen das Angebot nicht an, sagen die Grünen. Deshalb ließen sie die Demonstranten von der Polizei räumen.

Protest aushalten – oder nicht

Die KlimaktivistInnen fühlen sich kriminalisiert. Sie finden, dass die Grünen diese Art von Protest aushalten müssen – auch weil sie früher selbst zum Mittel des zivilen Ungehorsam griffen. „Wir waren extra freundlich und vorsichtig, um die Mitarbeiter der Geschäftsstelle nicht einzuschüchtern“, sagt Aktivist Wilm Görlich. Möglicherweise wären sie von allein abgerückt, wenn sie über das Gespächsangebot in Ruhe hätten sprechen können. Allerdings standen die grünen MitarbeiterInnen unter Druck, weil am selben Tag die Auftaktveranstaltung für den Bundestagswahl stattfand.

Görlich verweist auch auf die Linkspartei: Im Mai hatten Greenpeace-Aktivisten deren Parteizentrale in Berlin besetzt, um gegen die Kohlepolitik der rot-roten Regierung in Brandenburg zu demonstrieren. Die Linkspartei erstattete keine Anzeige. Für die Grünen kommt Nachgeben nicht infrage. „In der Konsequenz hätte eine Rücknahme des Strafantrags nach der Räumung mit Einleitung der staatsanwaltlichen Verfahren aber bedeutet, dass wir die Entscheidung der Räumung im Nachhinein falsch finden und die Besetzung damit legitimieren“, heißt es. „Das tun wir ausdrücklich nicht.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Ohne Anzeige wäre die Nummer nur im Sand verlaufen. Es ist das Beste, was den Aktivisten passieren konnte und ich denke, die sehen das auch so.

    So macht man sich Feinde im eigenen Revier, ihr "Rechtsstaats"- Grünen als Sturmgeschütz der Wahrung kapitalist. Eigentums.

    Nicht lang her, da haben die uniformierten Herzugerufenen grünen Rock getragen und in Anlehnung an die neue Allianz schlage ich vor, die Grünen in "die Blauen" umzubenennen.

  • "CHRISS CROSS

    vor 1 Std, 7 Min

    @KARL PETER KREINER Peterle, das war zu billig."

     

    Nö nö -

    nix Peterchens Mondfahrt -

     

    für Spätgeborene -

    Kommunist - Aktivist -

    Adolf Hennekeist-

    Traktorist - Vulgärmarxist -

    Bitterfelder Weg - Brigadist -

    KBW-ist - Schrägschißist -

    wieder Christ -…usw usf

     

    Also kein Wunder -

    daß die Grünen - alles was recht ist -

    muß es auch bleiben -

    lieber was klagen -

     

    zu recht - weil -

    da ist die Richtung auch dem Gutwilligsten klar -

    hat doch der linke Blinker nie funktioniert -

    wird volle Kanne wie gewohnt

    nach rechts abgebogen;

     

    fährste glattimnu der CDU

    übern Schuh -

    denn gleich und gleich -

    gefällt sich gern -

    die Damen - wie die Herrn;-)

    • @Lowandorder:

      Der Blinker hat doch funktioniert: Links geblinkt hat´s immer, zumindest vor den Wahlen.

  • Die Anzeige ist okay.

     

    Die Grünen sind eben nicht DIE LINKE in Brandenburg, die noch Ansätze von schlechtem Gewissen zeigt wegen ihrer skandalösen Braunkohlepolitik.

    Die Protestler sollen froh sein, dass sie nur eine Anzeige bekommen haben und nicht auch noch nach Serbien abgeschoben wurden und dort von den Grünen bombadiert wurden.

    Was das für eine Partei ist, sollte man allmählich mal mitbekommen haben.

  • "Aktivist" - der Begriff riecht mittlerweile. Das sind doch die, die entweder nackt oder in weißen Schutzanzügen Performance im öffentlichen Raum machen?

    Ihr durch nichts erschütterbare Sendungsbewußtsein und ihre Schrillheit gehen einem gehörig auf den Zeiger. Hier sucht sich ganz offensichtlich eine Störung einen Ausdruck.

    • @Chriss Cross:

      "Hier sucht sich ganz offensichtlich eine Störung einen Ausdruck."

       

      Aus berufenem Munde.

      • @Dudel Karl:

        Peterle, das war zu billig.

  • Jaja, so ist das mit den Grünen.

    Man gehört jetzt zum Establishment und will nix mehr zu tun haben mit dem Öko-Schmuddelmob. In den Chefetagen der Energiekonzerne fühlt man sich doch wohler, da tragen alle schicke Anzüge, es gibt Sekt und Häppchen.

  • Würde ich nicht in Brasilien leben, wo wir, bloss zum Beispiel, im Partido Verde u.a. Machtfiguren wie den Sarneysohn (Godfather José Sarney ist einer unsrer ganz grossen Politbanditenkaliber, Ex-Präsident, Ex-Senatschef und direkter Megaprofiteur – „Eletronorte“ – bei der Urwald-zu-Beton-Katastrophe in Belo Monte, s: http://de.indymedia.org/2012/05/330153.shtml) haben, oder die Bürgermeisterin und den Stadtratführer in Amarante do Maranhão, eine Stadt und ein Landkreis die sich dadurch auszeichnen, ein Stück brasilianischem Amazonas zu verwalten, wo die totale (und illegale) Abholzung (in „Reservaten“ der Indigenen) selbst für unsre „normalen“ Dimension alle Rekorde bricht und der Chirurgen-Ehemann der grünen Bürgermeisterin Indigene Frauen im Öffispital bei der (Zwangs-Kaiserschnitt-) Entbindung – hoppala! – auch gleich gratis mitsterlisiert, auf dass die rote Niggerschar nicht auswuchere..., ja, wie oben gesagt, WÜRDE ich eben nicht hier, sondern zu Germanien leben, dann ekelte mich doch auch ein bisschen vor diesen hier beschriebenen Biedermenschen im grünen Kostüm.

    Bleibt (mir) jedenfalls die fromme Hoffnung, dass solche Begebenheiten und Berichte nicht in den Himmel zu Petra Kelly aufdringen und ihr so selbst im Paradies noch das Weiterleben versaue®n. Das, hoffen, kann ich transatlantisch und -zendent empathisch, und globalgrünparteigeheilt für immer, doch.

  • Auch für die etablierten grünen Schildbürger gilt : Der größte Feind ist der Kritiker aus der eigenen Gruppe. Geübt in Konsens - und Dialogprozeßen mit sinnlosen bis marginalen Ergebnissen, haben sie ganz vergessen, daß es noch Menschen gibt, die für ihre Überzeugung kämpfen. Manchmal ist die Teilnahme an politischer Macht auch der Verrat an sich selbst. Es ist mir eine Freude zu beobachten, wie zornige junge Menschen immer wieder Politprofis demaskieren können.

  • Tja - pascht scho -

     

    bekanntlich spricht frauman ja auch

    vom bürgerlichen Rechtsstaat -

    (vgl. BGB;•>

     

    (ps - auf die braune Variante

    will ich mal lieber nicht eingehen)

  • Schon komisch, was von den Grünen alles erwartet wird. Sie sollen einerseits ideologisch kompromisslos links sein, andererseits reale Verantwortung übernehmen. Sie sollen einerseits das böse Verräter-Feindbild sein, andererseits freundlich auf Hausfriedensbruch und Nötigung reagieren. Wenn sich das linke Lager dich blos mal entscheiden würde, in welche Schublade es die Grünen stecken will!

    • @Alvaro:

      Ist relativ einfach: Die Grünen sollen die Anzeige zurücknehmen. Das wäre ein leichtes.

       

      Aber offensichtlich kann sich bei den Grünen keiner mehr daran erinnern, wie ihre Partei entstanden ist. Eine traurige Entwicklung.

      • @Dubiosos:

        Ich kenne leider nicht die Details zum Vorgang, aber rein aus logischen Gründen muss man den Grünen wohl raten, die Anzeige nicht zurückzuziehen.

        Vielleicht erlischt dann endlich dieser leidenschaftliche Hass im linken Lager. Die Grünen haben sich für eine pragmatische Sachpolitik und gegen Ideologien entschieden. Die Erfolge dieser Strategie mag jeder selbst bewerten, aber zu dem ständigen "ihr verratet das linke Lager" gehört schon ein enormer Realitätsverlust! Wer eine ideologisch linke oder pazifistische Politik möchte, ist bei den Grünen spätestens seit Kosovo 1999 an der falschen Adresse. Das ist 15 Jahre her! Seitdem haben die Grünen konsequent Realpolitik gemacht. Dazu passt es einfach, auf Hausfriedensbruch und Nötigung zuerst mit einem konstruktiven Angebot und danach aber auch mit einer Anzeige zu reagieren.

        • @Alvaro:

          Die Grünen haben sich - in der Realität - dafür entschieden, ihren Marsch nach rechts fortzusetzten. Mit Pragmatismus, Sachbezogenheit oder gar Ideologiefreiheit hat das exakt GAR NICHTS zu tun. Wie "ideologiefrei" die Grünen real sind hat man nämlich während Rot-Grün gesehen, als jeder noch so alberne marktfundamentalistische Schwachsinn umgesetzt wurde. Und das, was Sie "Realpolitik" nennen nenne ich FDP mit Dosenpfand.

          Und man sieht an der Tendenz der Entwicklung der Wahlergebnisse der Grünen gerade wunderbar, was der Effekt dieses ständig fortgesetzten Rechtsrucks ist: Die Grünen eifern tendentiell der ÖDP nach, die seit Jahrzehnten nachweist, dass es keinerlei relevanten Bedarf nach grünen Inhalten im bürgerlichen Lager gibt.

          Achja, zum Sachverhalt: wenn die Grünen nun, nach dem Link zur Friedensbewegung auch noch den Link zur Umweltschutzbewegung auf den Müll werfen wollen, bitte schön. Aber nicht wundern, wenn sie in absehbarer Zeit nicht mehr in den Parlamenten sitzen. Die Stimmen von Apothekergattinnen reichen nämlich nicht für die 5%-Hürde