Vereinte Nationen zur Klimapolitik: Kritik an deutscher Kohle
Die UN-Sondergesandte Mary Robinson sieht die Braunkohle-Prämie als Widerspruch zu den Pariser Zielen. Die Bundesregierung weist das zurück.
„Wir hätten gern eine sauberere, echte Zusage über den Weg, aus der Kohle auszusteigen“, sagte die frühere Präsidentin Irlands dem Guardian. Kein Verständnis hat sie für die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingeführte Prämie für alte Braunkohlekraftwerke, die heruntergefahren werden, aber in Bereitschaft bleiben.
Damit schaffe die Bundesregierung „neue Mechanismen, die Zahlungen an Energiekonzerne geben“ – und zwar auch für „umweltverschmutzende Formen“ wie Kohle. „Das ist eine uneinheitliche Politik, um es freundlich auszudrücken“, sagte Robinson unter Bezug auf die aktive Rolle Deutschlands bei den Klimaverhandlungen und der Unterstützung für Entwicklungsländer.
Die UN-Sonderbeauftragte unterstützt damit die Forderung von Umweltverbänden und Oppositionsparteien nach einem schnellen Ausstieg aus der Kohle. Diese argumentieren, nur so sei die Verpflichtung des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, den Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 auf maximal 2 Grad Celsius, möglichst sogar auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hatte sich zeitweilig für einen Kohleausstieg innerhalb von 20 bis 25 Jahren ausgesprochen. Später war sie aber zurückgerudert; im aktuellen Entwurf des deutschen Klimaschutzplans findet sich kein Enddatum für die Kohlenutzung.
Die Kritik von Robinson wies das Umweltministerium zurück. Die neue Vergütung für die Kohlekraftwerksbetreiber sei „keineswegs eine ‚Subvention‘ für Kohleverstromung, sondern im Gegenteil eine Kompensation für die Stilllegung von Braunkohle-Blöcken“, sagte ein Ministeriumssprecher der taz. Das Wirtschaftsministerium verteidigte die Abgabe ebenfalls als Beitrag zum Klimaschutz.
Mary Robinson, UN-botschafterin
Auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien schwächelt das einstige Klima-Vorbild Deutschland deutlich. Wie aus der am Montag veröffentlichten Halbjahresbilanz des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) hervorgeht, stieg der Anteil im Stromsektor zwar von 30,8 Prozent im ersten Halbjahr 2015 auf 32,8 Prozent in der ersten Jahreshälfte 2016, was vor allem an der Fertigstellung mehrere Offshore-Windparks lag. Im Wärmebereich blieb der Anteil mit 13,3 Prozent nach 13,2 Prozent im Vorjahr aber praktisch konstant, beim Verkehr gab es sogar einen Rückgang von 5,6 auf 5,4 Prozent.
Insgesamt liegt Deutschland damit unter dem EU-Durchschnitt: Über alle Sektoren zusammen bleibt nur ein minimaler Anstieg von 14,8 auf 15,1 Prozent, teilte der BEE mit. Zur in Paris beschlossenen „Dekarbonisierung“ fehlten damit noch 85 Prozent, sagte BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. „Die Bundesregierung hat die Ratifizierung des Abkommens zwar bereits auf den Weg gebracht, leitet aber gleichzeitig Schritte ein, die dem Ausbau der erneuerbaren Energien entgegenstehen“, kritisierte er.
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