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Verein „Hand in Hand für unser Land“Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo

Der nach Bauernprotesten gegründete Verein „Hand in Hand für unser Land“ stößt in Berlin nur auf geringe Resonanz. Die Demo war Putin-freundlich.

Demoteilnehmer stehen mit Traktoren, Autos und einer halb deutschen, halb russischen Fahne auf der Straße des 17. Juni in Berlin Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | An der Berliner Demonstration des aus Bauernprotesten entstandenen Vereins „Hand in Hand für unser Land“ haben nur einige hundert Menschen teilgenommen. Zu der nationalistisch-populistischen Veranstaltung am Samstag fuhren mehr PKW als Traktoren vor dem Brandenburger Tor auf. Es ging zwar prominent um Agrarpolitik, aber vor allem etwa um „Frieden mit Russland“ auf Kosten der Ukraine.

Das lag daran, dass kein großer Landwirtschaftsverband zu der Veranstaltung aufgerufen hatte. Durch den Bruch der Ampelkoalition ist den Organisationen ihr wichtigstes Feindbild abhandengekommen, jetzt warten sie ab, wer die neue Bundesregierung stellt. Eine Rolle könnte auch gespielt haben, dass zum Beispiel die taz im Vorfeld über rechtspopulistische Tendenzen des Vereins berichtet hatte.

Zwar sagte Moderator Andreas Rothe zu Beginn der Versammlung, weder Reichskriegsflaggen noch Parteizeichen seien erlaubt. Er behauptete auch: „Wir sind nicht rechts“, sondern parteipolitisch neutral. Allerdings sprachen sich mehrere Redner gegen die aktuelle Bundesregierung – also SPD und Grüne – und für Neuwahlen noch in diesem Jahr aus. Eine als „Landwirtin Marion“ vorgestellte Frau sagte, es sei auch falsch, dass CDU und CSU „uns retten“ würden. Ein Redner kritisierte die „Brandmauer“ der CDU gegen die AfD. Auf einem Abschleppwagen wurde das Schild „Altparteien – Nein danke!“ zur Schau gestellt.

Andere Teilnehmer zeigten die schwarze Fahne der gewalttätigen Bauernbewegung „Landvolk“ aus den 1920er Jahren, die ein Wegbereiter der NSDAP war. Im Publikum waren auch große Flaggen der rechtspopulistischen Organisation „Freie Bauern“ zu sehen. Ein Teilnehmer trug eine Kombination aus der deutschen und der russischen Fahne. Eine Frau namens Victoria van Valkenberg schrie unter Applaus ins Mikrofon: „Und ich bin rechts, weil ich Putin nicht als Feind ansehe.“

Vorbild Donald Trump

„Landwirtin Marion“ pries den verurteilten Straftäter und designierten US-Präsidenten Donald Trump. „Nehmen wir Fachleute aus der Wirtschaft für die wichtigen Ämter“, sagte sie. „Das geht, siehe Trump“. Und weiter: „Mister Trump, sorgen Sie für Frieden in der Ukraine, helfen Sie Europa!“ Das quittierte das Publikum mit Beifall.

Auch wenn andere Themen dominierten, waren Bauern und ihre Forderungen stark vertreten. Franz Huber, 1. Vorsitzender des Vereins „Hand in Hand für uns Land“ und Bauer aus Niederbayern, forderte, „Bürokratie“ etwa in der Landwirtschaft abzubauen. Manfred Gilch, bayerischer Landesvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, verlangte, dass die EU kein Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten zulasten deutscher Bauern abschließt.

„Die Politiker“ würden das Volk „verarschen“, hieß es immer wieder auf der Bühne. Man müsse „Widerstand“ leisten gegen die „Ungerechtigkeit, die zur Normalität“ geworden sei. Es müsse gegen „Frühsexualisierung der Kinder“ in Kindergärten und die vermeintliche Bevorzugung von Migranten etwa bei der Vergabe von Wohnungen gekämpft werden. Es sei klar, dass „wir“ in der Corona-Pandemie „belogen“ worden seien. Deutschland dürfe „keine Schulden mehr für fremde Projekte“ machen, also zum Beispiel in der Entwicklungshilfe.

„Lügenpresse“-Rufe

Häufig gab es Kritik an „der Presse“, die „keine objektive Berichterstattung“ über den Verein liefere. Moderator Rothe kritisierte, dass tagesschau.de die Teilnehmerzahl unter Berufung auf die Polizei mit „weniger als 1.000“ angegeben hatte. Dabei seien es doch 5.000 bis 8.000, flunkerte er. „Das ist die Wahrheit!“, rief Rothe. Daraufhin hagelte es „Lügenpresse“-Rufe aus dem Publikum, die auch bei Rechtsradikalen beliebt sind.

Tatsächlich bestätigte ein Sprecher der Berliner Polizei auch der taz, dass es „unter 1.000“ Teilnehmer waren. Die Zahl habe im „höheren dreistelligen Bereich“ gelegen, so ein Sprecher. Und das dürfte nach Eindruck des taz-Reporters schon großzügig geschätzt gewesen sein.

Die Zahl der Fahrzeuge rangierte laut Polizei im „mittleren dreistelligen Bereich“, davon nur rund 20 Traktoren. Angemeldet hatten die Veranstalter 10.000 Teilnehmer mit 1.000 Fahrzeugen. Als immer mehr der ohnehin schon wenigen Menschen nach Einbruch der Dunkelheit den Platz verließen, brachen die Organisatoren die Demonstration dreieinhalb Stunden vor dem geplanten Ende ab.

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13 Kommentare

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  • Na das war irgendwie erwartbar... "... wir sind nichts rechts, aber..."



    Die unsinnigen und maßlos überzogenen "Proteste" im letzten Jahr, haben vielen Leuten, die den Bauern ursprünglich zugeneigt waren, gezeigt, was sich da für ein Gebräu erhebt...

  • Klassisches Vokabular von Rechtsextremisten, Rechtspopulisten und Verschwörungsmilieu, weiß jetzt auch nicht, warum ich nicht überrascht bin.

    Und wer z.b. für dieses Jahr noch den Bundestag wählen möchte, hat vermutlich eh generell nen „Schaden“ und/oder ein fragwürdiges Verständniss davon wie Wahlen ablaufen. Die Wahrscheinlichkeit dürfte aber höher liegen, das es sich einfach um Rechte bzw. Faschos handelt, die den Schwung der letzten Landtagswahlen nutzen wollen.

  • Die Bauernproteste haben ihr Kind im Manne längst rausgehupt, so langsam setzt das Denken wieder ein. Es sind die Großkonzerne bei Handel und Vertrieb, die agrarindustriefreundliche Bauernverbände und die kurzfristige Gier der Einzelnen, die die kleinen Bauern stressen. Wichtiger als Dumpfen wäre gerade wieder, wie Böden, Wasser und Arten langfristig durchhalten.



    Das Scheitern der Putinpunkte ist da nur die Nebenfarce.

  • Waren die 20 Traktoren umgemeldet? Fuhren also mit schwarzen Kennzeichen statt mit grünen? Weil grüne Kennzeichen der Traktoren bedeuten, dass das Fahrzeug von der Kfz-Steuer befreit ist – aber nur für begünstigte land- oder forstwirtschaftliche Zwecke. Wird ein solches Fahrzeug vorübergehend zu einem anderen Zweck genutzt, wie hier für eine Demo oder einen Protest, handelt es sich um eine »zweckfremde Nutzung«. Die ist dem zuständigen Hauptzollamt unverzüglich anzuzeigen.

  • Erfreulich dass das 'Spektakel' deutlich hinter den Erwartungen/Befürchtungen blieb.



    Das vorzeitige Ampel-Aus ist wirklich Fluch und Segen für Rechte, Putin-Fans und Berufsnörgler.



    Denn so sehr sich Populisten den Ampelsturz wünschten - durch das vorzeitige Aus fehlt denen nun der Spannungsbogen...



    Bei einer normalen Legislatur hätte die Ampel ja bis kurz vor knapp mehr oder minder weiterregieren müssen, so aber herrscht nun ein Vakuum - knapp drei Monate Stillstand bis zur Neuwahl sind eine seeeehr lange Zeit um den Volkszorn auf Temperatur zu halten. Dann noch die beseelte Weihnachtszeit dazwischen und im Januar und Februar lässts sich draußen nur äußert ungemütlich konspirieren und der Migrationsdruck ist im Winter auch deutlich gebremst...



    Das alles wird die Sichtbarkeit massiv dämpfen - so red ich mir zumindest ein dass diese Neuwahl die Demokratie tatsächlich stärken wird und für ein "besseres", weil weniger extremes Ergebnis sorgt, denn lieber eine CDU mit 35% als AfD über 20% und BSW Richtung 10%



    🙏🤞

  • Na bitte, die Protestierenden sind "nicht rechts" nach eigenem Bekunden. Was denn dann? Verwirrt? Fanatisch? Oder einfach nur



    horizontal etwas flach???

  • "Demoteilnehmer stehen mit Traktoren, Autos..."



    steht neben dem Bild.

    Autos stimmt (über 30), darüber hinaus ein Auto mit Pferdeanhänger und eins mit Wohnwagen, zwei Wohnmobile aber nur ein einziger Traktor.

    Ich glaube, Herr Maurin braucht eine stärkere Brille.

    • @Waage69:

      Sie haben innerhalb von 14 Minuten, nach erscheinen des Artikels, bei der taz per E-Mail erfragt, das der Autor Bild und Bildunterschrift selbst geliefert/umgesetzt hat, und die Rückantwort in einen Kommentar verarbeitet.

      Was es nicht alles gibt.

    • @Waage69:

      Ein klassischer Trollkommentar, provozieren ohne inhaltliche Relevanz.



      Die Großzügigkeit der Nettiquette wurde hier maximal ausgekostet.

    • @Waage69:

      Hinter dem Wohnwagen sehe ich eine Randaleleuchte. Sieht mir persönlich nach einem John Deere aus. Damit wären zwei Johnnys im Bild.

    • @Waage69:

      rbb hat ein Video über die Demo. Auch dort ist von Bauen nichts zu sehen. Stattdessen allenthalben "Friedensbewegte" Putinfreunde von rechts und wohl auch dem BSW-Lager. Als Bauer war bei den Interviewten und Herumlaufenden keiner zu erkennen. Da trieben sich es vor allem die üblichen Wutbürger hin zur Demo. www.rbb24.de/panor...erkehr-berlin.html

    • @Waage69:

      Das generische Maskulinum bei "Demoteilnehmer" ist augenscheinlich auch nicht haltbar.

      • @Waage69:

        In der Schule hieße des: "Thema verfehlt".



        Herr Maurin ist der Journalist, recherchiert und schreibt. Die Bilder und Überschriften macht die Redeaktion und selbst bei der taz darf der*die Schreibende generisch maskulinierend gendern oder eben inklusiver wie Kolleg*innen.



        Und es ist gut, daß ned mehr Leute den, hm, hoffentlich bei den in der Agrarindustrie arbeitenden Menschen ned ganz so verbreiteten, Kolleg*innen hinterherrennen, die, leider kammer es ned anders sagen, öffentlich wirres und themenfremdes Zeug reden.