Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit: Weniger Ausbeutung in der Fleischindustrie
Die neuen Regeln für die Branche, die für unzumutbare Bedingungen bekannt ist, zeigen Wirkung. Alle Probleme sind aber noch nicht gelöst.
Das Gesetz erließ für die Branche in einem für Deutschland einmaligen Vorgang ein Direktbeschäftigungsgebot. Der Hintergrund: unzumutbare Zustände durch viele Arbeitsunfälle, lange Arbeitszeiten, Mindestlohnverstöße und ein grober Umgang auf Schlachthöfen sowie in Fleischfabriken – und durch undurchsichtige Subunternehmerketten unklare Zuständigkeiten.
Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler*innen 14 Betriebe verschiedener Bereiche der Fleischindustrie und führten insgesamt 85 Expert*innen-Interviews mit Betriebsräten, Management, Gewerkschaften, Beratungsstellen und Kontrollbehörden.
Mittlerweile sind der Studie zufolge fast alle ehemals bei Subunternehmen angestellten Werkvertragsarbeiter*innen von den Fleischunternehmen übernommen. In vielen Fällen bedeutet das einen besseren Vertrag: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Fleischindustrie ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr nach Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes sprunghaft um 18 Prozent angestiegen.
Zu wenig Kontrollen in den Betrieben
Das bedeutet allerdings nicht, dass Schlachthöfe sich zu Arbeitsparadiesen entwickelt haben. Die Branche hat laut Studie einen hohen Niedriglohnanteil. Und dass die Arbeitsumgebung sicher ist, sollen eigentlich immer mehr behördliche Kontrollen überwachen. Ab dem Jahr 2026 müssen die Arbeitsschutzbehörden jährlich mindestens 5 Prozent aller Betriebe in einem Bundesland einen Besuch abstatten.
2022 war das laut einem Zwischenbericht des Bundesarbeitsministeriums aber im deutschlandweiten Schnitt nur in 0,8 Prozent der Betriebe der Fall. Das ist laut aktueller Studie zwar mehr als vor Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes, gegenüber 2021 aber wieder ein Rückgang.
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