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Verbot politischer Betätigung in MaliMali ist jetzt zu 100 Prozent Militärdiktatur

Die Militärregierung verbietet jegliche politische Aktivität und setzt das Parteiengesetz außer Kraft. Regimegegner rufen zum Protest auf.

Staatschef General Assimi Goita will Wahlen in seinem Land verhindern Foto: Ken Ishii

Berlin taz | Die Militärregierung in Mali hat alle politischen Parteien des Landes und auch alle politischen Aktivitäten verboten. „Aus Gründen der nationalen Sicherheit und bis auf Weiteres sind die Aktivitäten der politischen Parteien auf dem gesamten Staatsgebiet suspendiert“, verkündet ein Militärsprecher am Mittwoch im Staatsfernsehen, der das Dekret von Staatschef General Assimi Goita vorliest. „Die Suspendierung gilt auch für Aktivitäten von politischen Verbänden und für Aktivitäten aller anderen Organisationen, die einen politischen Charakter beanspruchen“.

Mit der Maßnahme ist jegliche politische Betätigung in Mali, die nicht im Sinne der herrschenden Militärs ist, fortan illegal. In Mali regiert das Militär seit 2020, als eine gewählte zivile Regierung abgesetzt wurde. Ein zweiter Putsch machte 2021 den Putschistenführer von 2020, Assimi Goita, auch formal zum Staatspräsidenten.

Mehrere Zeitpläne für eine Rückkehr zur Demokratie sind seither verkündet und wieder ausgesetzt worden. Der letzte feste Wahltermin vom 4. Februar 2024 war im September 2023 kurz nach Inkrafttreten einer neuen Verfassung aus „technischen Gründen“ auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Danach war von Wahlen 2025 oder 2026 die Rede, aber Wahlvorbereitungen gab es nicht mehr, während die regierenden Generäle sich immer enger mit Moskau verbündeten und Krieg gegen aufständische Tuareg führten. Im April 2024 wurden parteipolitische Aktivitäten schon einmal verboten, nachdem mehrere Parteien die Rückkehr zu einer demokratischen Verfassungsordnung gefordert hatten.

Nun wird dieses Verbot erneuert und verschärft. Überraschend kommt das nicht. Bereits am 30. April hatte die Militärregierung das malische Parteiengesetz von 2005 aufgehoben, was den Parteien ihre gesetzliche Grundlage entzieht. Eine Protestversammlung dagegen im Kulturpalast der Hauptstadt Bamako am 1. Mai zog nach Angaben der Organisatoren 10.000 Teilnehmer an – andere Quellen sprechen von lediglich einigen hundert – und wurde von Anhängern der Militärregierung massiv gestört. Ebenso erklärte die Regierung, sie erkenne ab sofort Malis Gewerkschaftsdachverband nicht mehr an.

„Konsultation“ spricht sich gegen Wahlen aus

Die Außerkraftsetzung des Parteiengesetzes war von einer „Konsultation“ zur politischen Zukunft Malis empfohlen worden, die am 28. und 29. April mit mehreren hundert handverlesenen Delegierten getagt hatte.

Die „Konsultation“ empfahl unter anderem auch, die geltende Übergangszeit nicht wie bisher geplant mit Wahlen enden zu lassen, sondern Militärherrscher Goita einfach so im Laufe dieses Jahres zu einer fünfjährigen und beliebig wiederholbaren Amtszeit als Präsident einzuschwören.

Gegen diese Beschlüsse hat ein Kollektiv politischer Parteien zu Protesten am 9. Mai aufgerufen – dieser Protest wird nun durch das neue Dekret im Vorfeld unterbunden. Das Parteienkollektiv nennt die „Konsultation“ und ihre Empfehlungen illegal und verlangt freie Wahlen im Laufe des Jahres 2025.

Nun steht die Frage im Raum, ob es erstmals seit dem Militärputsch Proteste geben wird. Der ehemalige UN-Mali-Menschenrechtsbeauftragte Alioune Tine nannte auf X das Verbotsdekret der Militärregierung „eine schwerwiegende und gefährliche Entscheidung, die zur politischen Instabilität in Mali beitragen wird – eine Militärdiktatur führt bloß in die politische Sackgasse“.

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