piwik no script img

Verbot des KükentötensNur ein kleiner Fortschritt

Kommentar von Wolfgang Mulke

Das Schreddern männlicher Küken zu verbieten ist überfällig. Das Problem der unklaren Herkunft von Eiern für Fertig-Nahrungsmittel dagegen bleibt.

Woher kommen eigentlich die Eier in industriell produzierten Lebensmitteln? Foto: Chromorange/imago

E s ist ein längst überfälliges Gesetz, mit dem das sogenannte Schreddern vön männlichen Küken in Legehennenbetrieben nun verboten wird. Wer es nicht begreifen will und Tiere nur als wirtschaftlich nützliche Wesen betrachtet, sollte sich die Bilder von den Massentötungen einmal anschauen. Dabei stellen sich schnell Zweifel an einer ethisch vertretbaren Tierhaltung ein. Allein durch ökonomische Interessen ist diese Praxis nicht zu rechtfertigen. Gut, dass damit bald Schluss ist.

Es ist jedoch nur ein Schritt in die richtige Richtung. Denn „ausgemustert“ werden männliche Küken nur schon etwas früher und vermutlich schmerzfreier noch im Ei. Unter ethischen Gesichtspunkten wäre es besser, es käme erst gar nicht zu dieser Option. Eine Alternative gibt es mit den Zweinutzungshühnern. Die weiblichen Nachkommen produzieren Eier, die männlichen Fleisch. Tötungen werden unnötig.

Nur leider ist die diese Nutzungsform für die Landwirtschaftsbetriebe nicht – oder noch nicht – profitabel. Womöglich ließe sich das durch spezielle Züchtungen ändern. Es wäre bei aller Skepsis gegen die Nutztierhaltung insgesamt ein Fortschritt. Ob mit dem Verbot des Kükenschredderns am Ende tatsächlich weniger Leid im Stall erzeugt wird, ist fraglich.

Eier sind in sehr vielen Nahrungsmitteln enthalten, von Eiernudeln bis hin zur Mayonnaise. Über die Herkunft dieser Eier erfahren die Kun­d*in­nen im Supermarkt beim Kauf dieser Produkte nichts – anders als bei Eiern im Originalzustand. Die Hersteller kaufen die Eier dort ein, wo es in ihr wirtschaftliches Kalkül passt. Wenn mehr Tierwohl die Eierproduktion in Deutschland verteuert, bedienen sie sich dann eventuell eher in Ländern, die es mit einer besseren Tierhaltung nicht so genau nehmen.

Insofern ist der schrittweise Übergang zu einer anderen Praxis nachvollziehbar. Zugleich ist die nächste Bundesregierung gefordert, sich international für das Tierwohl stark zu machen. Auch eine Herkunftskennzeichnung für Eier bei fertigen Nahrungsmitteln könnte zu einer Veränderung der Haltungspraxis beitragen, wenn sich Ver­brau­che­r*in­nen bewusst für ethisch besser erzeugte Produkte entscheiden können. Bis dahin bleibt es beim kleinen Fortschritt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Ein guter Anfang, keine Küken mehr zu schreddern, aber das darf nicht alles sein. Wenn man von der Möglichkeit der Eiervernichtung mal absieht, ist das Aufziehen der männlichen Küken als Fleischquelle auch nicht ganz unproblematisch. Es muss, wenn man denn Junghähne für die Fleischproduktion eine Weile länger leben lässt, auch dafür gesorgt werden, dass diese artgerecht gehalten werden. Verbringen sie ihr Leben qualvoll dicht an dicht gedrängt in einem Standard-Mastbetrieb, ist das sicherlich auch nicht besser, als wenn sie nach dem Schlupf direkt geschreddert werden.

  • Durch dieses Gesetzt wird nicht ein Männliches Küken weniger getötet. Wenn die Brütereien es in Deutschland nicht dürfen, dann halt die im Ausland. Das ist wie mit der Ferkelkastration, in Deutschland nur mit Betäubung im Rest von Europa ohne, dann liefern halt Niederlande und Dänemark die Ferkel für die Deutschen Mäster.



    Deutschland hat einen Selbstversorgungsgrad von gut 70% bei Eiern, mit immer mehr Gesetzen kommen dann halt noch mehr Eier aus der Ukraine oder Rumänien die immer noch ihre Eier in Legebatterien erzeugen. Aber so schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: das Gewissen ist beruhigt und es gibt weniger Landwirte in Deutschland

    • @Günter Witte:

      Die deutschen Brütereien bzw. Schweinezüchter werden natürlich nach Möglichkeiten suchen, an anderer Stelle Geld einzusparen und einigen wird das vermutlich auch gelingen. Tierschutzrechtlich weniger eingeschränkte Konkurrenz aus dem Ausland wird vielleicht stärker, aber sie wird nicht gleich das ganze Feld übernehmen. Besser wäre die Situation natürlich, wenn man internationale Tiertransporte durch hohe Zollforderungen unrentabel machen würde. Nicht nur deshalb.

  • "Die weiblichen Nachkommen produzieren Eier, die männlichen Fleisch. Tötungen werden unnötig."



    Die Hähne lebend zu verspeisen dürfte aus Tierschutzsicht gegenüber dem Schreddern aber auch kein echter Fortschritt sein.

    • @Ingo Bernable:

      Dein Satz ist so logisch, dass es hier fast alle überfordern wird ;-)