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Vatikan und NachhaltigkeitPapst kontaktiert Klimagott

Papst Franziskus und UN-Generalsektretär Ban Ki-Moon erhöhen den Druck bei Entwicklungs- und Klimapolitik. Aber die vatikanische Politik sieht oft anders aus.

Stellvertreter: Papst Franziskus findet Schöpfung gut Bild: dpa

BERLIN taz | Für den republikanischen US-Senator und Klimaskeptiker James Inhofe ist die Sache klar: „Gott ist immer noch da oben“, sagt er gern. „Und die Idee, dass wir Menschen das ändern können, was er mit dem Klima macht, ist haarsträubend.“

Seit Dienstag haben Inhofe und alle religiösen Klimazweifler nun eine offizielle Antwort von der katholischen Kirche: „Wenn die jetzigen Trends anhalten, werden wir noch in diesem Jahrhundert Klimawandel und die Zerstörung von Ökosystemen erleben, die uns alle betreffen“, heißt es in einer Stellungnahme der „Päpstlichen Akademie der Wissenschaften“. „Menschliche Handlungen, die die Natur nicht respektieren, werden zu einem Bumerang, das Ungleichheit schafft und die Globalisierung der Gleichgültigkeit und die Wirtschaft des Ausschlusses fördert.“

Die Erklärung ist Teil einer Strategie, mit der UNO und Vatikan gemeinsam die Chancen für effektive globale Nachhaltigkeitsziele (SDG) und einen wirkungsvollen Klimavertrag voranbringen wollen. Beide Themen sollen in diesem Jahr in der UNO entschieden werden. Bei einer hochrangigen Tagung im Vatikan hatte das Oberhaupt der Katholiken Wissenschaftler, Theologen, Politiker und Umweltschützer versammelt, um seiner grünen Agenda mehr Gewicht zu geben. Vor der eintägigen Konferenz mit dem Titel „die Erde schützen, der Menschheit Würde geben“ hatte Papst Franziskus den UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon empfangen.

Der machte nach dem Treffen einen Ausflug auf das Feld der Moral: „Klimawandel ist die entscheidende Frage unserer Zeit“, sagte der Diplomat. „Er ist eine Frage der Moral, der sozialen Gerechtigkeit, der Menschenrechte und der fundamentalen Ethik.“

Kardinal Peter Turkson, Vorsitzender der päpstlichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, wagte sich dagegen von der Theologie auf das Feld der Wirtschaft: „Unternehmen und Finanzinvestoren müssen lernen, langfristige Nachhaltigkeit über kurzfristige Profite zu setzen und erkennen: Der finanzielle Erfolg ist zweitrangig gegenüber dem Dienst am Gemeinwohl.“

Allianz der Machtlosen

Der Chef von 193 Staaten und das Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken (und selbsterklärter Stellvertreter Gottes) haben sich zu einer Allianz der Machtlosen zusammengefunden. Denn bei der Durchsetzung von Nachhaltigkeitszielen wie Bildung, Gleichberechtigung oder faire Wirtschaft oder bei einem Abschluss zu wirksamem Klimaschutz sind Ban Ki-Moon und Franziskus auf die Beschlüsse und das Geld der großen Wirtschaftsmächte angewiesen. Vor allem Papst Franziskus hat angekündigt, er werde sich bei diesem Thema stark einmischen. Der Pontifex will im September vor der UN-Generalversammlung zur Nachhaltigkeit sprechen.

Mit Spannung wird daher für Ende Juni sein zweites päpstliches Lehrschreiben (Enzyklika) erwartet, das sich zum ersten Mal überhaupt zentral mit ökologischen Fragen beschäftigen wird. Das Papier ist geheim, aber es gibt starke Hinweise, dass Franziskus einen ähnlichen Knalleffekt wie bei seinem kapitalismuskritischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ beabsichtigt, von der vor allem das Zitat „diese Wirtschaft tötet!“ hängen geblieben ist.

So deutet alles darauf hin, dass Franziskus der Natur einen eigenständigen theologischen Wert als Schöpfung Gottes zumessen will – und sie nicht nur als Rohstofflager sieht, das der Mensch sich „untertan machen muss“. In Vorbereitungspapieren für die Enzyklika heißt es, „Ungleichheit und Umweltzerstörung sind die größten Bedrohungen der Menschheit“. Um ihnen zu begegnen, brauche es „einen integrierten Ansatz der Ökologie, der nicht auf Wissenschaft, Wirtschaft oder Technik begrenzt ist“ – sondern Moral und Religion einschließe.

Nötig sei eine „neue Solidarität“, wo „die menschliche Person und nicht der Profit“ der Schlüsselwert sei. Nicht umsonst hat sich der Papst von vielen Experten und Umweltschützern wie dem brasilianischen Bischof Erwin Kräutler beraten lassen, der gegen Staudammprojekte und Umsiedlung kämpft. Und nicht umsonst hat Jorge Mario Bergoglio nach seiner Wahl zum Papst vor zwei Jahren den Namen Franziskus gewählt – den katholischen Kirchenreformator und Naturfreund.

„Der Natur ins Gesicht geschlagen“

Papst Franziskus hat bei seinem Besuch auf den Philippinen im Januar selbst die Zerstörungen des Wirbelsturms Haijan gesehen, der mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht wurde. Auf dem Rückflug sagte er dann, der Klimawandel passiere „auch, weil wir der Natur ins Gesicht geschlagen haben“.

Allerdings hat sich die katholische Kirche auf der großen Bühne bisher aus den meisten ökologischen Fragen herausgehalten oder sie gar torpediert. So sitzt der Vatikan durch seinen Status als eigener Staat als eine der wenigen nichtstaatlichen Organisationen in allen UN-Klimakonferenzen mit am Tisch. Bisher nimmt er aber dort höchstens eine passive Rolle als Beobachter ein. Und bei einer entscheidenden Frage der Entwicklungspolitik – den Rechten von Frauen und der Geburtenkontrolle – haben sich die Kirchendiplomaten in der Vergangenheit oft gegen jeden Fortschritt gewehrt.

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