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Vatikan gegen Synodalen RatWeg frei für den freien Fall

Stefan Hunglinger
Kommentar von Stefan Hunglinger

Mit dem Synodalen Weg begann die deutsche Bischofskonferenz an menschenfreundlicheren Strukturen zu arbeiten. Jetzt kam ein Veto aus Rom.

Laut Vetobrief aus Rom spreche das Kirchenrecht gegen den Synodalen Rat Foto: Andrew Medichini/dpa

E wig und gottgegeben ist nichts in der Geschichte. Wenn Institutionen dennoch an solchen Kategorien festhalten, gefährden sie sich – in informierten Gesellschaften – selbst. Das musste die britische Monarchie lernen. Das sollten auch die Monarchisten im Vatikan zur Kenntnis nehmen, die den Synodalen Rat verhindern wollen.

Rom war eigentlich schon einmal auf einem guten Weg. Von 1962 bis 1965 tagte das Zweite Vatikanische Konzil. Es akzeptierte endlich die Menschenrechte, beschrieb die Kirche recht demokratisch als „wanderndes Volk Gottes“ und betonte die Dienstfunktion des Klerus. Es teilte die Macht und stärkte die Ortsbischöfe.

Johannes Paul II. und Benedikt XVI. versuchten die Una Sancta Catholica dann wieder zu zentralisieren, verloren aber so viele Schäfchen wie nie zuvor. Nicht zuletzt wegen des Abgrunds sexualisierter Gewalt, der sich hinter den vergoldeten Fassaden verbarg. Gegen Benedikt steht immer noch eine Zivilklage im Raum. Auch andere deutsche Oberhirten versagten und vertuschten.

Doch 2018 sah die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) zumindest ein, dass sie mit ihrem Latein am Ende war, und begann mit Betroffenen, Frauen und Wis­sen­schaft­le­r:in­nen im Synodalen Weg an menschenfreundlicheren Strukturen zu arbeiten. Am Ende des Reformprozesses soll mit dem Synodalen Rat ein stetiges, gewähltes Gremium der DBK bei Leitungsentscheidungen zur Seite stehen.

Eine Handvoll deutscher Traditionalisten und ihre Verbündeten in Rom wollen das verhindern. Kurz vor der DBK-Vollversammlung, auf der am Montag in Augsburg der nächste Schritt beschlossen werden sollte, kam der Vetobrief aus Rom: das Kirchenrecht spräche gegen den Synodalen Rat.

Es gibt nur eine Instanz, die im Kirchenrecht über dem Heiligen Stuhl steht: das Gewissen. Dem sollten die deutschen Bischöfe jetzt folgen und Rom zum Trotz den Synodalen Weg zu Ende gehen. Für viele Ka­tho­li­k:in­nen war er die letzte Chance, die sie ihrer Kirche gegeben haben. Wird die vertan, droht der freie Fall.

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Stefan Hunglinger
Redakteur im Politik-Team der wochentaz. Schreibt öfter mal zu Themen queer durch die Kirchenbank. Macht auch Radio. Studium der Religions- und Kulturwissenschaft, Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule. Mehr auf stefan-hunglinger.de
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13 Kommentare

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  • "Das hat sich bis heute nicht geändert in einer der letzten absoluten Monarchien dieser Erde!"

    Machen Sie bitte nicht den Fehler, hier die römisch-katholische Kirche mit dem Vatikan, also dem Kirchenstaat, gleichzusetzen - den Fehler begeht allerdings auch der Artikel im ersten Absatz: der Vatikanstaat ist eine absolute Wahlmonarchie, die römisch-katholische Kirche ist es nicht.

    • @KatholischerVerbindungsstudent:

      Was unterscheidet die römisch-katholische Kirche nach ihrem Kirchenrecht, konkret z.B. beim Jurisdiktionsprimat von einer absolutistischen Monarchie?

  • In Deutschland gibt es rund 21 Millionen Katholiken. Auf der Welt sind es rund 1,3 Milliarden und die sind offensichtlich mit den Entscheidungen aus Rom zufrieden und interessieren sich für deutsche Extrawünsche überhaupt nicht.

    • @Dirk Osygus:

      Woher wissen Sie wie zufrieden diese Leute sind?

    • @Dirk Osygus:

      Das stimmt so nicht, auch aus vielen anderen Ländern sind ähnliche Themen wie aus Deutschland an die Weltsynode gerichtet worden. Die RKK in Deutschland steht aber vermutlich mehr unter Handlungsdruck, weil die standesamtlich registrierte Mitgliedschaft und die damit verbundene Kirchensteuer sehr präzise ablesen lassen, wie sehr die Kirche Vertrauen verliert.

  • Der sog. Synodale Weg steht allerdings im Widerspruch zum Recht der römisch-katholischen Lehre und ist daher für jeden, der diese Kirche und ihre Lehre ernst nimmt, abzulehnen.



    Wer das Ziel des sog. Synodalen Weges verfolgt, der kann sich überlegen, ob seine Heimat nicht in der alt-katholischen Kirche oder bei einer der zahlreichen protestantischen Gemeinschaften findet - in der römisch-katholischen Kirche, in Gemeinschaft mit Gläubigen, Ordensleuten, Priestern und Bischöfen, die Rom und dem Papst treu sind, wird ist dann möglicherweise nicht mehr der richtige Platz.

    • @KatholischerVerbindungsstudent:

      Können sie den Wiederspruch näher beschreiben? Und welche Anpassung des Rechtes wäre denkbar um dem Synodalen Weg eine Chance zu geben?

      • @llorenzo:

        Die RKK hat sich (spätestens) mit dem 1. Vatikanischen Konzil als hierarchische, von oben nach unten strukturierte Kirche definiert: Der Papst ist alleinentscheidende letzte Instanz, sowohl in Glaubensfragen (Unfehlbarkeit), als auch in allen kirchenrechtlichen Belangen (Jurisdiktionsprimat). Hinzu kommt, dass gerade aus dem Vatikan die Einheitlichkeit der Kirche stark betont wird, einzelne Bistümer dürfen also keine grundsätzlich eigenen Wege gehen.



        Da die Beschlüsse des 1. Vatikanum den Status eines unfehlbar verkündeten Dogmas haben und damit konstitutiven Charakter, kann das Recht an der Stelle nicht einfach angepasst werden, sondern in der Tat müsste die gesamte Rechtsordnung der RKK neu verfasst werden, um eine Einbindung von Laienentscheidungen in die Führung der Ortskirche zu erlauben. [Rechnen Sie nicht kurzfristig damit. Mal ganz davon abgesehen, dass der Synodale Rat meines Wissens nur beratenden Charakter haben sollte, also die letzte Entscheidung, die Ergebnisse eines solchen Rats anzunehmen oder zu verwerfen immer noch bei jedem einzelnen Bischof geblieben wäre – ein Konstrukt, das Franziskus so ganz ähnlich für die Amazonas-Synode bereits gebilligt hat.]

  • Wenn ich gläubige*r Katholik*in wäre, würde ich es wie Anselm Bilgri machen und mir die altkatholische Kirche anschauen. Die Liturgie ist schön feierlich katholisch, ansonsten gibt es Ehen für homosexuelle Paare, keinen Zölibat und Frauen als Priesterinnen.

    de.wikipedia.org/wiki/Anselm_Bilgri

    • @Residuum:

      Wie sagte der Heilige Vater dazu einmal: "In Deutschland gibt es eine sehr gute evangelische Kirche. Wir brauchen nicht zwei davon."

      • @KatholischerVerbindungsstudent:

        Bei dem Zitat von Franziskus ging es aber überhaupt nicht um die alt-katholische Kirche – die im übrigen eben nicht evangelisch ist: Liturgie, drei Weiheämter, sieben Sakramente, Fortführung der apostolischen Sukzession, die Tradition als weitere Säule neben der Bibel – alles Aspekte, die eben originär katholisch sind (im Sinne der Konfessionsfamilie vorreformatorisch geprägter Kirchen des Westens).

  • Es gibt nur eine Instanz, die im Kirchenrecht über dem Heiligen Stuhl steht: das Gewissen. ...



    ---



    Wann hast DAS o.a. in der Geschichte der RKK jemals eine entscheidende Rolle gespielt!



    Ok, Luther lass ich mal außen vor!



    Seit dem Konzil in Nicäa ging es nachweisbar fast immer um Macht & Reichtum.



    Da war die "heilige Schrift" gar der Mensch als Gläubige/r nur Nebensache, Schaf, das er Hirte wahlweise zur Weide oder in den Schlachthof führte! :-( Siehe dazu "Kirchengeschichte"! :-)



    Das hat sich bis heute nicht geändert in einer der letzten absoluten Monarchien dieser Erde!



    Frohes "hin scheiden oder sichen" zur unbedeutenden Sekte!



    Das Problem ist dabei nur:



    "Welches Regierung, welches Land macht das der RKK einmal klar?"



    Btw. Es gibt immer noch zu Viele, die deren "Verkündigungen" ernst nehmen!



    Doch wer ist dann für diese Menschen da, die noch nach "Führung" suchen, weil sie "selbst nicht Willens oder in der Lage sind", ohne solche Führung zu leben, sich verlassen vorkommen, solcher Führer "bedürfen"?????!

  • Ich hatte es so interpretiert, dass kritische Menschen hier eine neue spirituelle Heimat schon finden werden, denn in Deutschland gibt's ja noch andere Bischöfe (und Bischöfinnen):



    /



    Der Papst selbst sagte unlängst in diesem Kontext:



    "In Deutschland gibt es eine sehr gute evangelische Kirche. Wir brauchen nicht zwei davon«: Der Papst hat die jahrelangen Reformbestrebungen der deutschen Katholiken grundsätzlich infrage gestellt."



    14.06.❗2022 ❗, 16.03 Uhr



    Quelle spiegel.de



    Grundsätzlich sehen die vielen aufgeklärten Schäfchen den Hirten zunehmend kritischer als Oberhaupt.



    Weltweit gesehen ist das in Rom wahrscheinlich nur in der Nähe von wirklich interessant für den "Pontifex maximus", welche Brücken seine ablehnende Haltung wirklich baut und welche sie zerstören kann.