VW und die Diesel-Massenklage: Neuer Misstrauensbeweis
Die VW-Führung hat immer noch nicht verstanden, welch gewaltigen Vertrauensverlust sie aufzuarbeiten hat.
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V ertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus: Volkswagen hat die Vergleichsverhandlungen mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen über Entschädigungen für Diesel-Opfer mit einem großen Knall platzen lassen. Der Vergleich sollte das Musterfeststellungsverfahren mit rund 460.000 Geschädigten zu einem schnellen Abschluss bringen. Doch stattdessen führt VW lieber die Gesprächspartner*innen vor.
Nicht nur dass der Konzern sie nur durch die Presse über das Aus der Gespräche informiert – VW versucht auch, sie für das Scheitern verantwortlich zu machen, indem der Konzern ihre Anwälte als habgierig darstellt. Doch die ganze Sache zeigt vor allem eins: dass die Konzernführung noch immer nicht verstanden hat, welchen gewaltigen Vertrauensverlust das Unternehmen aufzuarbeiten hat.
VW begründet das Aus mit der Forderung der Verbraucheranwälte, pro Fall 120 Euro für die Bearbeitung zu bekommen. Das ist möglicherweise fragwürdig, denn Massenverfahren sollen ja gerade individuelle Kosten vermeiden. Aber Verhandlungen sind dazu da, so etwas zu klären. Es ist nicht glaubwürdig, dass VW diese Kosten als Grund für das Scheitern der Verhandlungen anführt – die erst im Januar begonnen haben. VW hat für 17 Millionen Euro bereits einen Dienstleister beauftragt, um die angebotenen Zahlungen an Kläger *innen abzuwickeln. Der laute Verhandlungsabbruch war also längst vorbereitet, denn solche Verträge schließt man nicht kurzfristig. VW hat offensichtlich nur zum Schein verhandelt.
Das ist, nach all dem, was im Zuge des Diesel-Betrugs vorgefallen ist, ungemein dreist. Und es wird dem Konzern schaden. VW will im großen Stil E-Autos verkaufen. Käufer*innen, die sich auf eine neue Technik einlassen, geben dem Hersteller einen Vertrauensvorschuss, denn Neuerungen bringen Probleme mit sich. Doch wer so trickst wie VW, dem müssen Verbraucher*innen generell misstrauen.
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