Neue Manipulations-Vorwürfe gegen VW: Abgasskandal und kein Ende

Der Autohersteller Volkswagen soll auch bei Dieseln mit Euro-6-Norm geschummelt haben, berichtet der SWR. VW und Verkehrsministerium dementieren.

Schwarzer VW-Tiguan von vorn

Nichts gelernt? VW soll auch bei neueren Euro-6-Motoren manipuliert haben Foto: dpa

BERLIN taz | Der Umbruch in der Autobranche geht offenbar auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an die Nieren. Bei der Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung sagte sie am Donnerstag, „eine sehr enge Kooperation von staatlichen Stellen und Industrie“ sei erforderlich. Dabei sieht es so aus, als verstünden sich beide Seiten längst ziemlich gut. Während Merkel in Frankfurt am Main den Herstellern die Hand bot, stellte sich das Bundesverkehrsministerium einmal mehr dicht hinter den VW-Konzern. Nach vorliegenden Erkenntnissen habe Volkswagen keine illegalen Abschalteinrichtungen in neuere Motorsoftware mit Euro-6-Abgasnorm Dieselautos eingefügt, verkündete die Behörde.

Anlass für dieses Dementi, das sich mit dem kurz zuvor von VW veröffentlichten deckte, war ein Bericht des SWR. Auch VW-Diesel-Motoren des Typs EA288 – der bereits der Euro-6-Abgasnorm entspricht – hätten eine Software, die die Einspritzung von AdBlue unter bestimmten Umständen reduziert oder ganz abschaltet, hieß es dort. AdBlue ist ein teurer Zusatzstoff, mit dem sich der Ausstoß gesundheitsschädlicher Stickoxide vermindern lässt.

Die VW-Motorreihe EA288 ist der Nachfolger des EA189, der im Zentrum des ersten Dieselskandals stand und unter anderem im VW Passat, im Golf und im Tiguan sowie in diversen Audi-, Škoda und Seat-Modellen verbaut ist.

VW wies die Vorwürfe zurück, blieb dabei aber „etwas nebulös“, wie Abgasexperte Axel Friedrich der taz sagte. Ein Konzern-Sprecher erklärte nämlich, kein Fahrzeug mit dem EA288-Motor habe eine sogenannte Zykluserkennung, bei der die Software unterscheidet, ob ein Auto auf dem Prüfstand steht oder auf der Straße fährt. Zugleich sagte der Sprecher aber auch, Zyklus­erkennung sei „nicht automatisch eine Manipulation“. Das Fahrzeug müsse wissen, wenn es auf einem Prüfstand betrieben werde, um einen irrtümlichen Schleuderschutz zu verhindern.

Grüne und Linke üben scharfe Kritik

Bekannt sind mindestens zwei Methoden, wie die Emissionen über die Software manipuliert werden können. Nach der einen schalten sich die Abgasreinigungsmechanismen ab, sobald sie nicht mehr kontrolliert werden. Nach der anderen werden sie heruntergefahren, sobald die Temperatur bestimmte Grenzen über- oder unterschreitet. Friedrich wies darauf hin, dass die zweite Möglichkeit im Dementi von VW zunächst nicht vorkam.

Der Experte monierte vor allem, dass VW-Kund!innen „immer noch keine klare Ansage haben, was mit ihren Autos ist – weder von VW noch vom Kraftfahrtbundesamt“.

Für Käufer!innen, die ungewollt manipulierte Fahrzeuge erworben haben, ist es wichtig, bald Bescheid zu wissen. „Wer sein Fahrzeug an Volkswagen zurückgibt, erhält den ursprünglichen Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung zurück“, erklärte der Prozessfinanzierungsspezialist Christopher Rother. Bei längerer Nutzung ist das also weniger.

Politiker!innen der Grünen und der Linken schlossen sich der Kritik an. Cem Özdemir sagte, es wäre „ein Paukenschlag, wenn sich jetzt bewahrheitet, dass VW auch bei Euro 6-Dieseln munter weiterbetrogen hat“. Ingrid Remmer erklärte, „die Hersteller haben vom Verkehrsministerium einen Freifahrtschein zum Betrügen und Manipulieren“. Man müsse erwarten können, dass der Minister den Vorwürfen konsequent nachgehe.

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