Stromversorgung in Uruguay: Als saubere Energie die beste Lösung war
Uruguay hat in nur wenigen Jahren seine Stromversorgung fast vollständig auf Erneuerbare umgestellt. Der Klimaschutz war dabei zweitrangig.
D ass Uruguay heute unter seinen Nachbarn die niedrigsten CO₂-Emissionen bemisst und inzwischen sogar saubere Energie exportiert, war vor 20 Jahren keineswegs absehbar.
2006 war die Energiewirtschaft des kleinen südamerikanischen Landes stark von äußeren Faktoren abhängig, allen voran den globalen Konjunkturzyklen der Ölpreise. Die Energiematrix bestand zu 56 Prozent aus Erdöl, das zudem 38 Prozent der gesamten Importe ausmachte. Wegen der wechselnden Wetterphänomene El Niño und La Niña schwankt zudem die alternative Energieproduktion durch die großen mal vollen mal trockenen Flüsse. Und auch auf die Exporte durch die Nachbarländer war kein Verlass, da es ihnen selbst oft genug an Strom, Gas oder Öl mangelte.
Ramón Méndez, ehemaliger Direktor für Energie im Ministerium für Industrie, Energie und Bergbau
Groß war daher vor allem der Wunsch nach einer gesicherten und unabhängigen Stromversorgung. „In Uruguay haben wir niemanden mit dem Klimawandel überzeugt, das war nur ein zweitrangiges Argument. Wir haben die Menschen überzeugt, weil es die beste Lösung für sie und die Wirtschaft war“, sagt Ramón Méndez, der damals eine treibende Kraft hinter der Energiewende war. Von 2008 bis 2015 war der Physiker Direktor für Energie im Ministerium für Industrie, Energie und Bergbau.
Für den Wandel setzten die Befürworter auf einen parteiübergreifenden politischen Konsens und richteten dafür 2010 eine Mehrparteienkommission ein. An ihr beteiligten sich alle wichtigen Parteien des Landes. Das vorrangige Ziel war „den Energiemix zu diversifizieren, die Abhängigkeit vom Öl zu verringern und den Anteil einheimischer Energiequellen, insbesondere erneuerbarer Energien, zu erhöhen“.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Die verbindlichen Beschlüsse stellten sicher, dass die eingeschlagene Energiepolitik mögliche Regierungswechsel überstehen würde, und gab Investoren das Vertrauen, Windkraftanlagen, Solarparks und Übertragungsleitungen zu finanzieren. In den folgenden Jahren der Umstellung wurden 6 Milliarden Dollar investiert, das entsprach 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes.
Mit Erfolg: Nach nur fünf Jahren war es gelungen, das Stromnetz von importierten, fossilen Brennstoffen auf nachhaltige Energiequellen umzustellen. Seit 2019 besteht die Energiematrix zu 50 Prozent aus Wasserkraft, zu 30 Prozent aus Windenergie, zu 15 Prozent aus Biomasse, zu 3 Prozent aus Solarenergie und zu den restlichen 2 Prozent aus Erdöl. Insgesamt sind die Produktionskosten gesunken, Energie ist billiger geworden und rund 50.000 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. „Wir haben die Stromkosten in Uruguay halbiert“, sagt Méndez. Damit hätte Uruguay gezeigt, dass eine Umstellung sowohl möglich als auch effizienter sei.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert