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Urteil zu Hass-Posts bei FacebookErst anhören, dann sperren

Der Bundesgerichtshof verlangt von Facebook mehr Schutz von Nutzer:innen, die Hass-Posts absetzen. Ein Mann aus Regensburg war vor Gericht gegangen.

Grenzen der Meinungsfreiheit Foto: Truschel/photothek/imago

Karlsruhe taz | Facebook kann bis auf Weiteres keine Hass-Posts mehr löschen, die nur gegen die „Gemeinschaftsstandards“ von Facebook verstoßen. Der BGH hat die Nutzungsbedingungen von ­Facebook an diesem Donnerstag für „unwirksam“ erklärt, weil sie den Betroffenen keine Möglichkeit zum Widerspruch einräumten. Wenn Facebook bald wieder Hasspostings, die nicht strafbar sind, löschen will, muss es schnell seine Nutzungsbedingungen an die BGH-Vorgaben anpassen.

Konkret ging es um einen Fall aus Regensburg. Ein Mann hatte im August 2018 ein Video kommentiert, das einen Mann mit Mi­gra­tions­hin­ter­grund zeigt, der die Kontrolle durch eine Polizistin verweigert, weil sie eine Frau ist. Dazu schrieb der Regensburger unter anderem: „DIESE GOLDSTÜCKE KÖNNEN NUR EINES MORDEN… KLAUEN… RANDALIEREN… UND GANZ WICHTIG…NIE ARBEITEN“.

Facebook löschte diesen Hasspost noch am gleichen Tag und sperrte den Account des Regensburgers für dreißig Tage. Der Mann habe gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook verstoßen, die „Hassrede“ verbieten, auch wenn sie nicht strafbar ist.

Dagegen klagte der Regensburger bis zum Bundesgerichtshof und hatte jetzt Erfolg. Face­book muss den Hasspost wiederherstellen und darf den Mann wegen dieses Posts nicht mehr sperren.

Zu wenig Berücksichtigung der Meinungsfreiheit

Zunächst stellte der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann fest, dass Facebook grundsätzlich das Recht hat, Gemeinschaftsstandards aufzustellen, die strenger sind als die staatlichen Gesetze. Bei Verstößen gegen diese Standards dürfe Facebook im Prinzip auch Beiträge von Nutzern löschen und deren Konten sperren.

Die Nutzungsbedingungen von Facebook seien jedoch unwirksam, so Richter Herrmann, weil sie die Meinungsfreiheit der Nut­ze­r:in­nen zu wenig berücksichtigten. Konkret beanstandete der BGH ausschließlich, dass Nut­ze­r:in­nen bei Facebook-Sanktionen nicht angehört werden. Der BGH fordert, dass Betroffene über die Entfernung eines Beitrags „zumindest nachträglich“ informiert werden und eine „Möglichkeit zur Gegenäußerung“ erhalten. Über die beabsichtigte Sperrung eines Kontos muss sogar „vorab“ informiert werden.

Der BGH ließ ausdrücklich offen, ob die Gemeinschaftsstandards inhaltlich zu sehr in die Grundrechte eingreifen. Dies muss in einem anderen Fall entschieden werden. Strafbare Hasspostings, zum Beispiel Beleidigungen, können von Facebook auch weiterhin gelöscht werden.

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4 Kommentare

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  • „DIESE GOLDSTÜCKE KÖNNEN NUR EINES MORDEN… KLAUEN… RANDALIEREN… UND GANZ WICHTIG…NIE ARBEITEN“.



    Was hat das mit MEINUNG zu tun?

  • Ich verstehe die Welt nicht mehr. Wenn Facebook irgendwas nicht auf seiner Seite sehen will, dann ist das doch denen ihre Sache. Werden solche Angebote wie FB jetzt de facto in den Rang öffentlicher Foren erhoben, in denen Staaten ihren Bürgern Rederechte durchsetzen?

    Meinungsfreiheit ist doch nicht gleich das Recht, dass jeder Seitenbetreiber jeden Müll den jemand schreibt, veröffentlichen muss. Wenn das so wäre, hätten schon viele Kommentare von mir hier veröffentlicht werden müssen. Aber die taz ist Hausherr und entscheidet, was ihr gefällt. Normal.

    • @Fabian Wetzel:

      "Wenn Facebook irgendwas nicht auf seiner Seite sehen will, dann ist das doch denen ihre Sache."

      LOL........ Fabian Wetzel: "Skynet ist ne private Firma. Sie kann tun und lassen was immer sie will."



      Waren seine letzten Worte bevor der Terminator auf ihm losging...........

      Aber o.K., Spaß beiseite. Versuche ihnen den grundsätzlichen Konflikt zu erklären: "publisher vs. platform".

      Die taz ist eine Zeitung und damit das, was man einen "publisher" nennt. Sie ist für den veröffentlichten Inhalt voll und ganz verantwortlich. Sollte sie etwas illegales veröffentlichen ist sie zu 100% haftbar. Zu sehen z.B. am großen "Polizei auf den Müll Skandal" vor einigen Monaten, sie erinnern sich vielleicht.

      So erklärt sich auch die Netiquette. Sollte hier im Forum jemand eine Straftat begehen; z.B. zum Mord aufrufen und die taz würde dies veröffentlichen wäre sie wiederrum direkt haftbar. Deswegen ist die Netiquette absolut nötig; wird m.M.n. aber auch missbraucht um legale aber unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen.........

      Anyway, das andere Konzept ist die "platform". In der realen Welt z.B. eine Litfaßsäule. Jemand stellt sie auf und jeder kann anheften was er will. Sollte z.B. irgendwer ein Poster mit volksverhetzenden Reden anheften dann ist dies selbstverständlich strafbar.

      Allerdings "nur" für den, der das Poster anheftete, nicht für den, der die Litfaßsäule aufstellte. Denn: er hat sie lediglich hingestellt. Was andere damit machen, darauf hat er keinen Einfluß und ist somit auch nicht haftbar.

      Und hier haben wir das zentrale Problem: Facebook und Co. sind rechtlich "platformen". Sollten sie illegale Inhalte veröffentlichen (was die Regel ist; Stichwort: Holocaustleugnung) gibt es keine Möglichkeit sie zur Rechenschaft zu ziehen.

      Gleichzeitig nehmen sie aber z.B. durch Zensur aktiv Einfluß auf den veröffentlichten Inhalt - was sie zu "publishern" macht.

      Kurz: sie sind rechtlich "platformen", verhalten sich aber wie "publisher".

      Das kann so nicht bleiben.

  • Die Meldung, würde man die Details nicht kennen, könnte heißen:

    „Der Bundesgerichtshof stärkt die Meinungsfreiheit individueller Bürger gegenüber den Eingriffen eines internationalen, milliardenschweren Internetkonzerns“

    Das Beispiel zeigt, die Wirklichkeit ist meist komplexer…