Urteil gegen die Deutsche Bahn: Mehr Optionen als „Mann“ und „Frau“
Kund:innen der Deutschen Bahn dürfen nicht gezwungen werden, sich bei der Anrede einzig zwischen „Frau“ und „Mann“ zu entscheiden. Das entschied ein Gericht.
Vor diesem hatte eine Bahncard-Inhaber:in mit nicht-binärer Geschlechtsidentität gegen die Vertriebstochter der Bahn geklagt. Der Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde der klagenden Partei lautete demnach seit Oktober 2019 „ohne Angabe“. Die klagende Person versuchte vergeblich, die für die Bahncard hinterlegten Daten hinsichtlich der geschlechtlichen Anrede anzupassen. Zudem muss ein Nicht-Registrierter auch beim Onlineticketkauf zwingend zwischen einer Anrede als Frau oder Herr auswählen.
Die klagende Partei vertrat deshalb die Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf Entschädigung und Unterlassung zu, weil das Verhalten der Bahn diskriminierend sei. Das Landgericht bestätigte Ende August den Unterlassungsanspruch. Die zwingende Auswahl einer Anrede als Frau oder Herr im Zusammenhang mit der Bahncard oder beim Onlinekartenkauf stelle eine Benachteiligung im Sinn des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes dar, hieß es im damaligen Urteil.
Das Gericht räumt der Bahn jedoch eine Frist von einem halben Jahr ein, um den Zustand zu ändern. Einen Anspruch auf Entschädigung gestanden die Richter der klagenden Partei nicht zu. Die Bahn ging gegen das Urteil in Berufung – jedoch ohne Erfolg.
Das Oberlandesgericht verwarf die Berufung, weil sie nicht innerhalb einer vorgeschriebenen Frist eingelegt wurde. Damit verbleibt es bei dem Unterlassungsanspruch gegen das Unternehmen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Bahn kann innerhalb eines Monats Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einlegen.
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