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Urteil gegen Johnson & JohnsonMilliardenstrafe wegen Brüsten

Der Pharmakonzern Johnson & Johnson muss einem Mann in den USA Schadenersatz zahlen, weil ihm als Nebenwirkung Brüste gewachsen sein sollen.

Es könnte teuer werden für den Konzern: Johnson & Johnson Gebäude in Kalifornien Foto: Mike Blake/reuters

Philadelphia dpa | Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson ist wegen eines Medikaments, das Männern angeblich die Brüste wachsen lässt, zu milliardenschweren Strafzahlungen verurteilt worden. Eine Geschworenenjury sprach einem Kläger am Dienstag in Philadelphia Schadenersatz von 8 Milliarden Dollar (7,3 Milliarden Euro) zu, wie US-Medien übereinstimmend berichteten. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, Nebenwirkungen des Antipsychotikums Risperdal verschwiegen zu haben, die angeblich zu unerwünschten Brustvergrößerungen bei männlichen Patienten führen.

Johnson & Johnson bezeichnete das Urteil als „in grober Weise unangemessen“ und kündigte an, es anzufechten. Das Unternehmen zeigte sich zuversichtlich, dass die Entscheidung der Jury letztlich keinen Bestand haben werde. Tatsächlich ist es in den USA durchaus üblich, dass solch hohe Schadenersatzurteile in höheren Instanzen revidiert oder stark reduziert werden. Wenn es zu rechtswirksamen Entscheidungen kommt, bei denen Unternehmen den Klägern wirklich Geld zahlen müssen, vergehen oftmals Jahre.

Im aktuellen Fall hatte eine Jury dem Kläger bereits 2015 eine Entschädigung von 1,75 Milliarden Dollar zugesprochen, die später auf 680.000 Dollar gesenkt wurde. Dabei ging es zunächst aber nur um den regulären Schadenersatz. Nun hatten die Geschworenen über den sogenannten Strafschadenersatz zu befinden, der im US-Recht als Zusatzsanktion in besonders schweren Fällen verhängt werden kann. Hier kommt es immer wieder vor, dass hohe Strafen hinterher von Richtern als unverhältnismäßig betrachtet und verringert werden.

So oder so ist der Fall für Johnson & Johnson aber brisant, da der Konzern mit mehr als Zehntausend ähnlichen Klagen konfrontiert ist. Der Pharmariese ist rechtlichen Ärger ohnehin gewohnt. Auch bei der Klagewelle gegen Firmen, die mit süchtig machenden Schmerzmitteln zur Opioid-Krise und Drogen-Epidemie in den USA beigetragen haben sollen, ist das Unternehmen aus New Brunswick im Bundesstaat New Jersey unter den Beschuldigten. Zudem muss es sich zahlreichen Klagen wegen angeblicher Krebsrisiken des Pflegemittels „Baby Powder“ stellen.

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5 Kommentare

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  • Was für ein lächerlicher Auswuchs des amerikanischen Rechts. MILLIARDEN wegen Brüsten! Meine Fresse. Das steht meiner Meinung nach in keinem Verhältnis. Hoffentlich wird diese immense Summe deutlich nach unten korrigiert.

    • @Fallmanagerin:

      Natürlich steht das in einem Verhältnis. J&J hat 2016 einen Gewinn von über 16 Mrd. US$ gemacht. Eine Strafe in der Höhe reduziert also gerade mal den Gewinn, die sind immer noch im Plus und zwar bei über 10% ihres Umsatzes.



      Sie meinen also, als Pharmakonzern sollte man schon mit allem durchkommen? Einzig, dass die Strafe dem Geschädigten zukommt ist in meinen Augen fragwürdig. Das sollte besser an den Staat gehen, dann kann der in Kontrolle investieren und ggf die Behandlung von Folgen bezahlen (was allerdings eher unamerican ist...)

      • @LeSti:

        Natürlich soll der Pharmakonzern nicht damit durchkommen. Mir geht es ebenso wie Ihnen darum, dass der Geschädigte die Zahlung erhält - meiner Meinung nach in einer Höhe, die keineswegs gerechtfertigt ist.

    • @Fallmanagerin:

      Sie hätten eventuell den Artikel etwas genauer lesen sollen.

      Der Kläger erhält aus einem vorherigen Prozess 680k€ Schadensersatz.



      (Das klingt viel, muss aber auch alle Verfahrenskosten decken).

      Die jetzige Millardensumme ist eine Strafe für den Konzern, die den Konzern für ein Fehlverhalten bestrafen soll, aber im amerikanischen Recht auch dem Geschädigten zu Gute kommt.

      Siehe auch hier:



      de.wikipedia.org/wiki/Punitive_damages

      • @Sonntagssegler:

        Das habe ich genau so gelesen und verstanden, wie Sie es nochmal wiederholt haben.