Urteil: Höhere Miete nach Sanierungen: Vonovia darf nicht mauern

Das Landgericht Bremen verpflichtet den Wohnungskonzern zu mehr Transparenz bei Mieterhöhungen – nun drohen ihm Rückzahlungen in Millionenhöhe.

Baustelle eines Wohnhauses

Wird modernisiert, darf die Miete steigen – aber nur wenn die Mehrkosten überprüfbar bleiben Foto: Armin Weigel/dpa

BREMEN taz | Im Streit um Mieterhöhungen nach Sanierungen hat die Vonovia vor dem Bremer Landgericht eine klare Niederlage erlitten.

Die Richter erklärten am Montag Forderungen des Wohnungsbaukonzerns nach höheren Mieten für „unwirksam“ – und ließen dabei keine Revision beim Bundesgerichtshof zu. Die drei Urteile zu den konkreten Klagefällen sind also schon rechtskräftig (Aktenzeichen 1 S 87/19, 1 S 222/18 und 1 S 1/19). Sie verpflichten die Vonovia zu deutlich mehr Transparenz bei den Modernisierungen ihrer Mietshäuser. Zugleich räumen sie den Mieter*innen das Recht ein, entsprechende Mieterhöhungen seit 2017 zurückzufordern. Was weiter zurückliegt, ist verjährt.

Allein die Kanzlei des Mieteranwalts Valentin Weiß hat seit 2017 in Bremen nach eigenen Angaben rund 85 Klagen gegen die Vonovia eingereicht. Dabei gehe es im Schnitt jeweils um 3.000 bis 4.000 Euro, so Weiß. Er nannte die drei Urteile für Bremen „richtungsweisend“ und verwies auf ein ähnliches Urteil des Landgerichts Hamburg vom Januar. In einem Fall sollte der Bewohner einer Vonovia-Wohnung in Bremen mit einer Grundmiete von 380 Euro nach der Sanierung 77 Euro mehr Miete im Monat zahlen, 20 Prozent mehr. Er klagte dagegen.

„Es ist erforderlich, dass angegeben wird, in welchem Umfang Modernisierungsmaßnahmen und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt wurden und wie sich die Kosten auf die einzelnen Mieter verteilen“, schrei­ben die Richter in der Urteilsbegründung. Diese Erklärung müsse so einfach sein, dass die Mehrkosten von den Mieter*innen auch „ohne besondere Vorkenntnisse“ und „ohne Einsicht in die Belege“ zumindest „überschlägig“ überprüft werden könnten. Jeder muss also verstehen können, warum die eigene Wohnung genau soviel teurer geworden ist.

Da aber ist die Vonovia ihrer Pflicht „nicht hinreichend nachgekommen“, stellt das Gericht fest – also sind die Mieterhöhungen nicht rechtens.

Hohe Zahlen allein sind nutzlos

Bei der Vonovia war man der Auffassung, dass es reiche zu schreiben, dass die Wärmedämmung der Fassade insgesamt 148.868,34 Euro gekostet hat. Doch: „Die bloße Nennung eines hohen Kostenbetrages ist nutzlos“, so das Gericht – weil unklar bleibt, was im Einzelnen wie viel gekostet hat und wo das Haus tatsächlich modernisiert wurde. Denn für die einfache Instandhaltung darf die Miete gar nicht erhöht werden. Die Mieter*innen müssten überprüfen können, inwiefern der Anspruch der Vonovia berechtigt ist, stellt das Gericht klar.

In Bremen gehören der Vonovia 11.381 Wohnungen – rund ein Viertel davon sind nach Weiß' Schätzungen von solchen Modernisierungen betroffen, der Mieteranwalt geht von 2.000 bis 3.000 Fällen aus. Da kommen schnell mehrere Millionen Euro zusammen, die die Vonovia nun zurückzahlen muss. Der Wohnungsbaukonzern sagt dazu nichts, und beantwortet auch sonst keinerlei Fragen. Er antwortet auf sie lediglich mit zwei nüchternen Sätzen: „Wir bedauern die Entscheidung des Bremer Landgerichts. Wir werden nun prüfen, was sie für uns bedeutet.“

SPD-Baupolitiker Falk Wagner sprach in einer ersten Reaktion von einem „vernünftigen Urteil“: „Unzulässige Profite machen auf Kosten derer, die sich nur selten wehren“ ist zu lange ein Erfolgsprinzip, so der Abgeordnete auf Twitter.

Streit auch um Betriebskosten

Die Vonovia habe kein Interesse daran, ihre Kosten genauer aufzuschlüsseln, sagt Weiß – zumal die Sanierungen stets von Eigenbetrieben ausgeführt würden. Und das ist nicht nur bei Modernisierungen, sondern auch bei Betriebskostenabrechnungen so, sagt der Bremer Erwerbslosenverband (BEV): „Die Vonovia steht seit langem in der Kritik, ihre Mieter*innen mit nicht transparenten und gefakten Betriebskostenabrechnungen um zu viele Euros zu erleichtern“, so der BEV – innerhalb eines Jahres könne ihnen aber widersprochen werden. Auch da wird erfolgreich gegen die Vonovia prozessiert: So gaben Richter in München 2019 einem Kläger in weiten Teilen Recht, der gegen die hohen Hauswartkosten geklagt hatte. Den Vorwurf, überhöhte Abrechnungen seien ein Teil des Geschäftsmodells von Vonovia, weist der Konzern zurück.

Laut dem Mieterbund liegen die durchschnittlich in Deutschland gezahlten Betriebskosten bei 2,16 Euro pro Quadratmeter und Monat – bei der Vonovia aber bei 2,55 Euro.

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