Urteil Ecuador vs. Chevron: Ein Urteil, vielleicht mit Folgen

Der US-Ölmulti Chevron ist wegen Umweltvergehen im Amazonasgebiet zu einer hohen Strafe verurteilt worden. Ob der Konzern zahlen wird, ist ungewiss.

Öl an, statt in der Flasche. Chevron muss für die Verschmutzung des Amazonasgebiets Strafe zahlen. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz | "Es war wie David gegen Goliath." Ecuadors Präsident Rafael Correa war mehr als zufrieden. Am Dienstag hatte das Berufungsgericht in der nordwestecuadorianischen Provinz Sucumbíos den zweitgrößten US-Ölkonzern Chevron zu 18 Milliarden Dollar Schadenersatz verurteilt.

Die Richter bestätigten das Urteil aus der ersten Instanz vom Februar 2011. Damals wurde der US-Ölmulti zu 8 Milliarden Dollar Strafe und einer öffentlichen Entschuldigung verurteilt. Der Betrag hatte sich jedoch mehr als verdoppelt, weil Chevron sich nicht wie angeordnet öffentlich entschuldigt hatte. "Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan", so Präsident Rafael Correa.

Mit dem Urteil endet eine weitere Etappe in dem seit knapp 19 Jahren andauernder Rechtsstreit. Der Prozess hatte 1993 zunächst mit einer Klage von 76 Betroffenen gegen den US-Ölkonzern Texaco vor einem New Yorker Gericht begonnen. Von 1972 bis 1990 förderte ein durch Texaco geführtes Konsortium in dem betroffenen Gebiet Öl. 1992 hatte die Firma das Land verlassen. Texaco wurde im Jahr 2001 von der Chevron Corporation übernommen, und im selben Jahr erklärte sich der zuständige New Yorker Richter für nicht zuständig.

Daraufhin reichten 2003 zunächst 48 Betroffene eine gemeinsame Klage beim Provinzgericht von Sucumbíos ein. Bei Prozessbeginn lag dem zuständigen Richter Nicolás Zambrano eine Sammelklage von rund 30.000 betroffenen Menschen vor, darunter zahlreichen Angehörigen indigener Völker. Im Februar 2011 sprach er Chevron schuldig.

Keine Seite zufrieden

Mit dem damaligen Urteil war jedoch keine der beiden Parteien zufrieden. Klägeranwalt Pablo Fajardo begrüßte zwar grundsätzlich den Richterspruch, bewertete die Summe jedoch als viel zu gering. Die Klägergemeinschaft hatte knapp über 27 Milliarden Dollar gefordert und ging in die Berufung. Chevron hatte den Richterspruch als "nicht rechtmäßig und nicht vollstreckbar" bezeichnet und legte umgehend Berufungsklage ein. Man habe in Ecuador nie eine Chance auf einen fairen Prozess gehabt.

Nach Auffassung der Ölfirma sei die ganze Angelegenheit durch eine 40 Millionen Dollar teure Säuberungsaktion von Texaco bereits im Jahr 1998 erledigt und schob die spätere Verantwortung der staatlichen Petroecoador, dem damaligen Partner, zu.

Auch jetzt ist keine der beiden Seiten wirklich zufrieden. Die Berufungsrichter in der Provinz Sucumbíos bestätigten lediglich den Richterspruch der ersten Instanz. Sowohl die Berufungsklage der Betroffenen als auch die von Chevron wurde abgewiesen. "Bedauerlicherweise hat das Gericht unsere Berufungsklage nicht anerkannt", bestätigte Luis Yantza von der Versammlung der Texaco-Betroffenen und schloss den Gang in die dritte Instanz nicht aus. Dennoch begrüßte er die Urteilsbestätigung als "Wegbereiter für eine Wiedergutmachung."

Internationaler Präzedenzfall

Ähnliches dürfte auch von Chevron zu erwarten sein. Das Urteil sei "ein weiteres krasses Beispiel für die politische Schieflage und die Korruptheit der ecuadorianischen Justiz", ließ der Konzern bereits verlauten.

Die Auseinandersetzung hat sich zu einem internationalen Präzedenzfall entwickelt. Rechtlich möglich ist jetzt zum einen der Gang zum Obersten Gerichtshof von Ecuador. Zugleich versucht der Ölkonzern den Fall vor ein internationales Schiedsgericht zu bringen mit dem Argument, ein faires Verfahren in Ecuador sei gar nicht möglich.

Bis also tatsächlich Entschädigungsgelder zu den Betroffenen vor Ort fließen, könnte noch viel Zeit vergehen. Die sind nach dem jahrzehntelangen Tauziehen jedoch ebenfalls juristisch gut geschult und könnten versuchen, über richterliche Anordnungen Besitzstände von Chevron auch außerhalb von Ecuador zu beschlagnahmen.

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