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Urteil BundesverwaltungsgerichtRundfunkbeitrag verfassungsgemäß

Gar kein Rundfunkgerät im Haus oder nur ein Radio und trotzdem den Beitrag zahlen? Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden.

Isch abe gar kein Radio... Foto: dpa

Berlin dpa | Das Bundesverwaltungsgericht hat den Rundfunkbeitrag für verfassungsgemäß erklärt. Ein entsprechendes Urteil verkündeten die Richter am Freitag in Leipzig. Am Mittwoch und Donnerstag hatte der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts die ersten Klagen gegen das aktuelle Beitragsmodell verhandelt, das die privaten Kläger für ungerecht und verfassungswidrig halten. Sie müssen den Beitrag von derzeit 17,50 Euro im Monat bezahlen, obwohl sie gar kein Rundfunkgerät oder nur ein Radio besitzen.

Schon in sämtlichen Vorinstanzen waren die Klagen erfolglos geblieben. Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich nun der bisherigen Rechtsprechung an.

Der Rundfunkbeitrag, der die frühere Rundfunkgebühr abgelöst hat, wird seit Januar 2013 pro Wohnung erhoben. Dabei spielt keine Rolle, ob es darin überhaupt Rundfunkgeräte gibt oder nicht. Beklagte in den Verhandlungen in Leipzig waren der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und der Bayerische Rundfunk (BR). Sie hatten argumentiert, es sei gerechtfertigt, den Rundfunkbeitrag pro Wohnung zu erheben, weil Rundfunk überwiegend dort empfangen werde und es in annähernd allen Wohnungen die Möglichkeit dazu gebe.

Die Kläger hatten außerdem kritisiert, der Rundfunkbeitrag sei eine versteckte Steuer. Die Sender hielten dem vor Gericht entgegen, der Beitrag, den die Bundesländer im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt haben, sei eine Abgabe, für die die Länder die Gesetzgebungskompetenz hätten.

Die Kläger haben nun die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzulegen. Im Juni sollen vor dem Bundesverwaltungsgericht weitere acht Klagen verhandelt werden und dann noch einmal vier im vierten Quartal des Jahres. Bei diesen letzten geht es um den Rundfunkbeitrag in gewerblichen Betrieben. Die Verhandlungstermine dafür stehen noch nicht fest.

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8 Kommentare

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  • "Sie hatten argumentiert, es sei gerechtfertigt, den Rundfunkbeitrag pro Wohnung zu erheben, weil Rundfunk überwiegend dort empfangen werde und es in annähernd allen Wohnungen die Möglichkeit dazu gebe."

     

    Dann kaufe ich mir jetzt 1000 Gebrauchtwagen und plaziere sie strategisch in Großstädten und verlange von allen eine Mietgebühr, weil es ja die Möglichkeit gibt, dass diese diesen benutzten können.

     

    Juristisch eine sehr zweifelhafte Begründung.

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    Fakt ist, mit Einführung des werbefinanzierten Fernsehens wurde aus einer kündbaren Gebühr eine unkündbare Zwangsabgabe. Wenn das Selbstbestimmungsrecht beschnitten wird und dies mit der Verfassung vereinbar erklärt wird, dann brauchen wir kein Verfassungsgericht mehr.

    • @27741 (Profil gelöscht):

      Faktischer Unsinn: Der Kommerzfunk begann 1985 seinen 'Siegeszug' - und profitiert übrigends von den Gebührenanteilen, die die Landesmedienanstalten erhalten und etwa für das überflüssioge DAB-Digitalradio rauswerfen. Die Abgabe pro Wohneinheit hängt mit der Geräteententwicklung zusammen. Und wer hier so maulradikal gegen die "Zwangsgebühr" wettert, den frage ich, warum soll ich eigentlich an meine Krankenkasse Beiträge zahlen, wenn ich doch gesund bin?! Mal einen Besuch in den Ländern machen, in denen der KOmmerzfunk das Sagen hat - Viel Spaß dabei!

      • @Philippe Ressing:

        Der vergleich zur Krankenkasse ist recht faul. Hier herrscht das Solidarprinzip und mal davon abgesehen kann ich es mir tatsächlich aussuchen ob ich zahle.

        Völlig ungeachtet dessen bekomme ich ja tatsächlich was.

        Taz zahl ich im übrigen auch freiwillig ;)

  • Wenn das so ist, dann hätte jeder Handwerker die Möglichkeit von mir eine nicht erbrachte Leistung in Rechnung zu stellen. Denn ich hätte ja die MÖGLICHKEIT seine Leistung in Anspruch zu nehmen. Die Rechnungen , die ich bekomme zu den Rundfunktgebühren erfüllen den Tatbestand des versuchten Betruges!!!!!! Denn ich nehme die Leistung in Bezug zum Fernsehen seit ca. 7 Jahren nicht mehr in Anspruch!!!!

    Hans-Ulrich Grefe

  • War ja zu erwarten, überzeugt aber nicht. Die Länder haben zwar die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Rundfunks in den jeweiligen Ländern, aber sie haben keine Steuerhoheit für eine Rundfunksteuer - und nichts anderes ist dieser Rundfunkbeitrag.

  • Jetzt muss das Verfassungsgericht ran.

     

    Sonst erheben sie noch eine Briefkastensteuer, weil ich ja die Möglichkeit hätte, dort Printmedien zu beziehen.

     

    Die Bedeutung der klassischen staatlichen Medien Radio und TV ist stark rückläufig. Private, Presse, Internet, Facebook & Co sind auf den Vormarsch.

     

    Der Rundfunkbeitrag ist assozial, eine nicht nach Einkommen gestaffelte Steuer. Das Befreiungsprozedere für Bedürftige ist extrem aufwändig, die meisten scheitern daran. Man muss immer neue Anträge stellen, mit vom Bürgeramt (versuchen Sie mal, in Berlin da einen Termin zu kriegen!) beglaubigten Kopien der Leistungsbescheide.

  • Welches Gericht würde einer 7 Milliarden Euro/a schweren Vereinigung die Grundlage entziehen?