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Urlaub auf StaatskostenWillkommen im Nörgelland

Dürfen Eltern während der Elternzeit gemeinsam mit ihrem Baby verreisen? Klar! Wer das unmoralisch findet, ist kleingeistig und verkennt die Realität.

Für die Gehirnentwicklung von Babys ist Reisen positiv Foto: five / photocase.de

Deutschland hat eine neue Neiddebatte. Vor zehn Jahren wurde von der Bundesregierung das Elterngeld eingeführt. Eine staatliche Leistung, die Eltern vor allem im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes, finanziell unterstützen soll. Und ja, es gibt berechtigte Kritik daran – aber dazu später. Wichtig ist erst mal: In einem Land, in dem zu wenig Kinder geboren werden, ist das eine gute Sache. Aber wir leben eben in einem Nörgelland.

Viele junge Familien nutzten das Geld, um wochenlang gemeinsam zu reisen, schreibt etwa Kerstin Lottritz auf sueddeutsche.de, und das sei verwerflich. Die Argumentation geht in etwa so: Die meisten Väter nehmen nur zwei Monate Elternzeit, die Mindestbezugsdauer, um Anspruch auf vierzehn bezahlte Elternmonate zu haben. Die Erziehungsarbeit bleibt also trotz Elterngelds hauptsächlich bei der Frau. So weit, so nachvollziehbar.

Nun aber die Nörgelei: „Statt in ihrer kurzen Elternzeit zu Hause zu bleiben und ihre Partnerin beim Wiedereinstieg ins Berufsleben zu unterstützen, verbringen viele Väter die „Papa-Monate“ lieber gleichzeitig mit der Mutter – um die gemeinsame Elternzeit für eine ausgedehnte Reise zu nutzen“, schreibt Lott­ritz.

Urlaub auf Staatskosten. Wie unverschämt! Denn wer das mache, nutzte das Sozialsystem aus und kommt der Verantwortung nicht nach, das Geld seinem Zweck entsprechend einzusetzen. Auf welt.de schreiben Katrin Spoerr und Sabine Menkens ein Pro und Contra zur Frage: Dürfen Eltern Urlaub auf Staatskosten machen? Diese Frage allein. Diese Moral dahinter. Schlimm.

taz.am wochenende

Endlich ist der Wolf wieder heimisch in Deutschland! Das freut nicht jeden. Für die taz.am wochenende vom 25./26. März hat unser Autor mit Biobauern gesprochen, die Abschüsse fordern, und sich ins Revier des Raubtiers gewagt. Außerdem: Hass – warum werden die Rohingya in Birma so erbittert verfolgt? Und: Ein Gespräch mit der Autorin Olga Grjasnowa über Heimat, Religion und Privilegien. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Man kommt nicht umhin, sich Menschen mit erhobenen Zeigefinger und heruntergezogenen Mundwinkeln vorzustellen, die vor sich hin nörgeln: Also wer sich schon für Kinder entscheidet und dafür Elterngeld kassiert, der soll im Gegenzug zumindest auch zu Hause leiden, allein! Ein gemeinsamer Urlaub, in dem Eltern sich auch um ihre Partnerschaft kümmern? Skandal!

Diese Neiddebatte ist so schräg, wo soll man bloß anfangen?

Beginnen wir mit der Relevanz: Zahlen darüber, wie viele Paare tatsächlich in der Elternzeit gemeinsam verreisen, gibt es nicht. Fest steht: Etwa jeder dritte Vater bezieht Elterngeld, was bedeutet, dass nur etwas mehr als ein Drittel der Elterngeldbezieher das überhaupt hätten machen können. Wie kommt die SZ-Autorin dazu, zu schreiben, „viele“ Eltern verreisen gemeinsam in der Elternzeit.

Denn „viel“ ist so ein wunderbar vages Wort, mit dem man im Journalismus jede Nichtigkeit zum Gesellschaftsthema erheben kann. Zudem beträgt das Elterngeld mindestens 300 Euro und höchstens 1.800 Euro monatlich. Die Vorstellung vom Strandurlaub an der Côte d’Azur, von Eltern-Kind-Yoga auf Bali oder Wandern in Nepal ist damit wohl für die wenigsten finanzierbar.

Privatsache, Punkt

Wer „Urlaub auf Staatskosten“ mit aufgeblasener Brust als „Das gehört sich aber nicht“ abstempelt, entspringt der gleichen Kleingeistigkeit wie all jene, die fordern, Flüchtlinge sollten nur Gutscheine erhalten, um sich etwas zu essen kaufen zu können. Oder jene, die diskutieren, ob sich Hartz-IV-Empfänger vom staatlichen Geld Zigaretten und Prosecco leisten dürfen. Denn was heißt das im Umkehrschluss? Ein Urlaubsverbot in der Elternzeit?

Dieser Wunsch nach staatlicher Autorität hat in einer freien Gesellschaft nichts zu suchen. Genauso wenig, wie der Staat es kontrollieren kann, ob das monatliche Kindergeld nun in neue Kindersöckchen investiert wird (die verliert man doch ständig!), kann er darüber entscheiden, was mit dem Elterngeld passiert. Das ist Privatsache. Punkt.

Aber nun zum Reisen an sich.

Man könnte Forschungen zitieren, die belegen, dass gemeinsames Reisen sich positiv auf die Gehirnentwicklung von Kindern auswirkt. Aber es reicht auch der gesunde Menschenverstand. Beim Reisen lässt sich zudem der Härtefall proben: Wer ohne Schnuller und ohne die Möglichkeit, Dinge ständig zu desinfizieren, mit einem Kind durch Indien reist, lernt zu improvisieren, und kehrt relaxt zurück. Das kann dem Kind nur zu Gute kommen. Keine Wickelkommode? Egal, Boden und Handtücher funktionieren auch. Kein Babybett? Egal, ist nämlich sehr kuschelig mit Baby im Bett. Babys brauchen im ersten Jahr gar nicht viel, das kann man beim Reisen wunderbar lernen.

Man kann Fernreisen aus anderen Gründen doof finden, wegen der Umwelt etwa. Und Reisen ist natürlich ein Privileg, Elternzeit hin oder her. Nur die wenigsten Menschen auf dieser Welt können es sich überhaupt leisten, andere Teile der Erde zu erkunden. Aber: Es soll ja Menschen in Deutschland geben, deren Eltern nicht hier geboren sind. Und die haben auch häufig Familie in anderen Teilen der Welt.

Bautzen oder Mumbai?

In einer Einwanderungsgesellschaft kann gemeinsames Reisen in der Elternzeit deshalb auch schlicht bedeuten, das neugeborene Kind erstmals seinen Großeltern, Cousins, Cousinen, Onkeln und Tanten vorzustellen. Ist es nun okay, mit dem Elterngeld zu den Großeltern nach Bautzen zu fahren, aber nicht nach Lagos, Istanbul oder Mumbai? Reisen ist Ausdruck einer globalisierten Welt.

Nun, um endlich mal auf die anfangs erwähnte berechtigte Kritik zurückzukommen. Man kann sich durchaus aufregen über das Elterngeld: Am meisten profitieren davon wohlhabende Familien. Wenig profitieren dagegen Selbstständige und Menschen, die Schichtarbeit leisten, Arbeitslose und Geringverdiener.

Und natürlich spiegelt sich beim Elterngeld die Ungleichheit der Geschlechter wieder. Deshalb, liebes Netz, diskutiert besser, wie man das Elterngeld gerechter gestalten kann. Mit Nörgelei hat das nämlich nichts zu tun. Sondern mit Politik. Wenn man schon mit Moral kommt, dann sollte man es für alle besser und gerechter, aber nicht für alle schlechter machen.

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77 Kommentare

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  • Die armen Grünen.

     

    Wenn jetzt schon den konservative Milieu anfängt weltfremde Neiddebatten als "Gerechtigkeit" zu verkaufen, dann haben die ja wirklich nichts mehr besonderes zu bieten.

  • 8G
    82732 (Profil gelöscht)

    Ich finde diesen Artikel irgendwie amüsant und auch erfreulich:

     

    Ausgangslage:

    Gesetzliche Regelungen geben Eltern via Elternzeit und Elterngeld Freiraum, wie sie sich in der ersten Zeit mit dem Kind organisieren.

    Und die Regelungen haben wohl auch eine "erzieherische Intention", gegen traditionelle Rollenverteilungen.

     

    Und nun!?

    Manche Eltern nutzen die Freiräume so wie sie persönlich als freie Menschen es wollen (gemeinsame Zeit mit dem Kind) und -man könnte sagen politisch unkorrekt- nicht so, wie es die "erzieherische Intention" sich dachte.

     

    Und dann?

    Die bürgerliche "Welt" bringt ein pro & con, die taz hier trotz des Kontext "traditionelle Rollenbilder" erfrischend "pro individuelle Entscheidungsfreiheit" und gegen erhobene erzieherische Zeigefinger...

  • Warum muss es in Deutschland Tafeln geben, die das "soziale" System in D stützen (müssen/dürfen)?

     

    Ich weiß um die Problematik der Hungersnot in vielen afrikanischen Ländern. Auch da kann gerne was vom Elterngeld oder sonstigen Töpfen aus Deutschland hinfließen.

     

    Für mich sind das keine Gegensätze, passt alles ins System: Wer Einkommen hat, kann essen, lernen und reisen, wer das nicht hat, dem steht das einfach nicht zu.

    • @Hanne:

      Sie haben noch nicht einmal meinen Kommentar verstanden. Ich höre aus Ihren Worten Neid und Missgunst.

       

      Dass Sie Äpfel mit Birnen vergleichen, darauf war mein schräges Beispiel gemünzt, fällt Ihnen nicht einmal auf.

    • @Hanne:

      "Wer Einkommen hat, kann essen, lernen und reisen, wer das nicht hat, dem steht das einfach nicht zu."

      Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen?

      Meinten Sie das tatsächlich so? Oder ist das als Systemkritik zu verstehen?

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Hanne:

      Es muss keine Tafeln geben. Das ist nirgends vorgeschrieben. Aber, Tafeln sind eine gute Ergänzung zum staatlichen Sozialsystem, die darüber hinaus die Verschwendung von Lebensmitteln reduzieren.

    • @Hanne:

      Sollte eine Antwort an @LESEBRILLE (25.03.2017, 12:31 Uhr) sein.

  • "Das Elterngeld gleicht fehlendes Einkommen aus, wenn Eltern ihr Kind nach der Geburt betreuen." (bmfsfj.de)

     

    Eine weitere Zweckbindung kann ich da nicht sehen.

     

    Meine Elternzeit startete mit einer Woche "Urlaub" auf dem Bauernhof, meine Frau war da schon 12 Monate zuhause. Die Lebenshaltungskosten waren dort nur unwesentlich höher, als wenn wir die Zeit zuhause verbracht hätten und wurde auch aus dem Ersparten bestritten. Der Familie (das erste Kind hat auch seine Rechte) hat dieser erste Tapetenwechsel nach 2 Jahren viel gebracht und ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wo hier irgendwas unmoralisches passierte, wem geschadet wurde oder wem es genutzt hätte, wären wir zuhause geblieben. Oder habe ich irgendwo die Pflicht gesehen, ständig auf dem Zahnfleisch zu gehen?

     

    Ich sehe nur eine unselige Neiddebatte. Was bleibt noch von den Beiträgen, wenn wir den streichen?

    • @Chris P. Bacon:

      Es geht bei dem angesprochenen Thema um eine gemeinsame Zeit über das allgemeine Urlaubsmaß hinaus, also mind. 6 Wochen am Stück bis zu einem halben Jahr in der (dabei oft gut bezahlten) Elternzeit.

      • @Hanne:

        "Gut bezahlt" ist eine Illusion. Elterngeld ist ein Teil des letzten Gehalts. Wenn die Elternzeit gestreckt wird, ein Bruchteil. Kosten wie Miete, Raten, Nahrung, Klamotten, usw. laufen aber weiter. Selbst in meinem Vorortkaff ist mir keine Familie bekannt, die auf einen mehrwöchigen "Selbstfindungstrip" gehen konnte (der nicht mal teuer sein muss). Im Gegenteil sind manche so knapp finanziert, dass die zwei obligatorischen Monate auch noch weggelassen werden (was meiner Meinung nach ziemlich bekloppt ist). Die Eltern, die das können, bewegen sich eher im Promillebereich und arbeiten offensichtlich in der Redaktion der Süddeutschen, die die Geisterdebatte ausgelöst hat. Man kann schon neidisch werden, dass andere ihr Leben besser gebacken bekommen. Geholfen ist niemand, wenn man die paar Leutchen daheim ankettet.

  • 3G
    38057 (Profil gelöscht)

    In einer Welt, die in Kürze an Überbevölkerung leiden wird, gibt es keine Länder in denen zu wenig Kinder geboren werden.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @38057 (Profil gelöscht):

      Für Staaten, die ihr Rentensystem als Umlage finanzieren, stimmt das nicht. Da kommt es darauf an, wieviele Beitragszahler*innen nachwachsen.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Vor allem müssen aber wohl gut bezahlte Angestelltenverhältnisse nachwachsen, sonst nutzen auch viele Kinder nichts - im Gegenteil.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @Hanne:

          Es haben zurzeit in Deutschland so viele Menschen einen Arbeitsplatz, wie nie zuvor in der Geschichte. Dass diese Arbeitsplätze größtenteils gut bezahlt und nicht prekär sind, zeigt die Entwicklung der Einkommenssteuereinnahmen. Darüber hinaus werden in den kommenden Jahren jedes Jahr viel mehr Menschen altersbedingt aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, als von unten "nachwachsen". Da mache ich mir, trotz Automatisierung, wenig Sorgen.

          http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/2016-05-24-steuereinnahmen-nach-steuerarten-2010-2015.pdf?__blob=publicationFile&v=4

          http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerschaetzungen_und_Steuereinnahmen/2-kassenmaessige-steuereinnahmen-nach-steuerarten-1950-bis-2015.html

          • 2G
            2097 (Profil gelöscht)
            @74450 (Profil gelöscht):

            Merkwürdig, 23,8 Prozent aller Beschäftigen arbeiten im Niedriglohnsektor in Deutschland, irgendwie interpretiert jeder seine Statistik so, wie es am besten passt und bei der Rentendiskussion wird leider auch sehr viel verschleiert, bspw. die steigende Produktivität, um nur einen Aspekt zu nennen. Daher sind die Einwände von HANNE korrekt. Ich verzichte darauf hier jetzt noch Butterwegge und Gerd Bosbach zu zitieren! Aber eine gewisse kritische Distanz zur INSM hätte ich Ihnen schon zugetraut!

            • 7G
              74450 (Profil gelöscht)
              @2097 (Profil gelöscht):

              Das schöne an Statistik ist, wir können beide recht behalten. Wenn mehr als drei Viertel der Arbeitnehmer*innen in Deutschland nicht im Niedriglohnbereich arbeiten, heißt dass, dass diese Menschen - ausgenommen der Selbstständigen - sich in "gut bezahlten Angestelltenverhältnissen" befinden.

               

              Butterwegge ist Politiker und kein seriöser Wissenschaftler. Zahlen von Bosbach schätze ich hingegen sehr.

              • 2G
                2097 (Profil gelöscht)
                @74450 (Profil gelöscht):

                Allerdings müssen auch Sie anerkennen, das Familienplanung in prekären Arbeistverhältnissen immer weniger Zustimmung findet in den Industrienationen, die solche Verhältnisse zulassen. Daher ist der Geburtenrückgang bspw. in den skandinavischen Ländern weniger dramatisch, da dort eine bessere Absicherung stattfindet.

                Zu unterstellen, Butterwegge sei kein seröser Wissenschaftler, ist äußerst arrogant. Darauf kann ich nur arrogant reagieren, dann weisen Sie mal nach, wo er methodisch unseriös arbeitet!

                Viel Erfolg, ich bin gespannt!

              • @74450 (Profil gelöscht):

                Das stimmt zwar jetzt noch aber die naheliegende Frage ist doch: Wird sich der Niedriglohnsektor weiter vergrößern? Und ich denke die kann man angesichts der nächsten Automatisierungswelle definitiv mit ja zu beantworten. Das ist für unsere Sozialsysteme einfacher zu verkraften, als wenn diese Menschen arbeitslos wären aber ein Problem ist es dennoch.

                 

                Das Problem an Bosbachs Thesen ist das er sich mit seiner Argumentation schnell aus dem bestehenden Rentensystem verabschiedet. Das kann man perspektivisch machen aber ob die Wachstumsbeteiligung die ihm vorschwebt überhaupt verfasssungskonform ist weiß kein Mensch.

                Man könnte es machen wie die Norweger. Die haben ihre Öl-Milliarden investiert und sind dadurch zum weltweit größten institutionellen Anleger geworden. So kann der Staat am ökonomischen Wachstum partizipieren ohne der Wirtschaft zu schaden. Das Problem für den deutschen Staat ist nur das es keinen Überschuss gibt den man investieren könnte.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Eine staatliche Leistung kann offenbar an einen Aufenthalt gebunden sein. Hartz4-Empfänger dürfen meines Wissens allenfalls mit Genehmigung des Amts Urlaub machen. Dass sie sich, gesetzt sie haben nicht mehr für "Arbeit" zur Verfügung zu stehen, ins Ausland absentieren dürfen, glaube ich nicht. Ich weiß indes, dass man meiner Frau zu Beginn der 90er sagte, sie könne nicht auf fast ein Jahr im Ausland verschwinden, um ihren Mann mit Kindern bei einem Forschungsaufenthalt begleiten und zugleich die 600 DM monatlich als Erziehungsgeld oder wie das hieß kassieren.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Auch Arbeiter*innen und Arbeitnehmer*innen dürfen nicht einfach so verschwinden, sondern müssen den Urlaubsantrag einreichen! Und auch dieser wird nicht immer genehmigt, das dürfen Chef*innen unter bestimmten Voraussetzungen.

       

      Wo die drei Wochen Urlaub verbracht werden, die ein Mensch im SGB II-Bezug hat, ist egal. Hier dürfen keine Vorschriften gemacht werden.

      • @Lesebrille:

        Bei ALG II ist es definitiv kein Urlaub, sondern ein Antrag auf Ortsabwesenheit für max. 3 Kalenderwochen im Jahr (also umgerechnet ca. 15 Urlaubstage bei 5-Tage-Woche):

         

        "(2) Der Betroffene wird für die Dauer von maximal drei Wochen im Kalenderjahr von seiner Obliegenheit befreit, sich für eine Vermittlung in Arbeit verfügbar zu halten und sich durch eigene Bemühungen selbst eine Beschäftigung suchen zu müssen. Es handelt sich nicht um eine Urlaubsgewährung i. S. d. BUrlG. Die Vorschriften des BUrlG finden keine Anwendung."

        http://forum.tacheles-sozialhilfe.de/forum/thread.asp?FacId=1785097

         

        Und diesen Antrag kann man auch nicht Monate im Voraus stellen, daher kann auch langfristig nichts gebucht werden bzw. gebucht schon, aber die Reise kann ggf. nicht angetreten werden (und somit sind günstige Tickets mit Zugbindung etc. immer auch ein finanzielles Risiko und bis zum Tag vor der Genehmigung ein Zittern und kein Freuen auf die Auszeit).

        • @Hanne:

          Ach ja, und es sind 21 Urlaubstage bei SGB II-Bezug, keine 15.

          • @Lesebrille:

            Süß, ALG II kommt abgeleitet aus dem SGB II.

             

            Es sind keine 21 "Urlaubstage", sondern umgerechnet auf Urlaubstage - und somit vergleichbar - eben nur 15 Tage erlaubter Ortsabwesenheit.

             

            So viel zum Verstehen von Text und zum Wissen zu Sozialrecht.

        • @Hanne:

          Ja, Menschen auf Arbeitssuche, die auf staatliche Leistung angewiesen sind, müssen nunmal auch eine Arbeit suchen.

           

          Hartz IV so wie es ist, infrage zu stellen, ist völlig in Ordnug. Dass viel zu viele Menschen im Hartz IV-Bezug sind, bei denen eine Rückführung in den ersten Arbeitsmarkt gar nicht mehr möglich ist, ist ein Unding. Das Nichteingestehen, dass nicht alle Arbeitslose auch einen Job finden, ist ein Defizit.

           

          Dennoch: Eltern in Elternzeit haben das Recht auf Urlaub. Eine Neiddebatte finde ich widerlich! Und genau darum geht es in dem Artikel.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Also erstmal kriegen Hartz IV e

      Empfänger kein Elterngeld, zweitens geht es bei dem besprochenen Urlaub nicht um einen einjährigen Aufenthalt, sondern um ein paar Wochen wegfahren.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Artur Möff:

        Und was wollen Sie mir damit sagen?

        • @849 (Profil gelöscht):

          Dass Ihr Vergleich hinkt.

          • 8G
            849 (Profil gelöscht)
            @Artur Möff:

            Vergleiche hinken immer: Also was wollten Sie sagen?

  • Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf, das liest man hier deutlich.

    Das Geld wird schliesslich "sauer verdient", da wird man offenbar schnell pingelig und kleingeistig.

  • Leistungen die man vom Staat erhält sind nicht das Gleiche wie ein Gehalt. Ein Gehalt erhält man für eine erbrachte Leistung. Man erhält es ohne weitere Bedingungen.

    Der Staat ist der Repräsentant der Allgemeinheit, welche Leistungen wie das Elterngeld tragen muss. Diese Leistungen haben einen Zweck und der besteht in diesem Fall darin die Existenzgrundlage der Familie zu sichern.

    Bei dieser Zielsetzung sollte man damit rechnen das die Leistungen von Menschen empfangen werden deren Existenzgrundlage durch den Ausfall eines Gehaltes bedroht ist. Das ist hier aber nicht der Fall. Ob das Haushaltseinkommen bei 20.000€ oder 60.000€ liegt spielt keine Rolle und nicht nur das auch die Höhe des Elterngeldes ist abhängig von dem vorherigen Gehalt. Deshalb sehe ich in dem Elterngeld auch keine echte Sozialleistung. Es sollte eine sein aber es ist momentan vor allem eine Transferleistung nach oben.

     

    Dann doch lieber das Elterngeld abschaffen und dafür Harz4-Empfänger, Arbeitslose und Gerningverdiener mit Kindern stärker unterstützen. Dadurch profitieren die Menschen die es tatsächlich nötig haben und die Allgemeinheit wird entlastet.

  • Wie verbittert muss man sein, um sich über sowas aufzuregen?

  • Nörgelt der Nörgler über den Nörgler...

    Anyways! Aber erheiternd ist das schon!

     

    Solange wir nicht das Große Ganze aus dem Auge verlieren, gell!:

     

    Elterngeld ist Staatsknete aus Steuergeldern.

    Harz4-er mit Ihrer MwSt bezahlen die Schose mit.

    Wenn der Mann dann wieder prima in den Job kommmt und die Frau dann angenehm Familienurlaub hatte bitte dann keine Beklagungen wegen Karrereknick und so ungleichen Gehältern. Gemeint war nämlich, dass der Mann mal zu Hause bleibt und die Frau in dieser Zeit an zukünftiger gleicher Bezahlung "bastelt".

     

    Selbtsfindung in Indien mit der ganzen Jungfamilie! Volltreffer, und danke! "Viele" machen das. Man sieht sie dort überall! :-) ... zwischen den ganzen Vorruheständlern und Jungrentnern.

    • @Tom Farmer:

      Vielleicht überrascht es Sie ja, aber Arbeitnehmer*innen zahlen auch Hartz IV mit.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      "Elterngeld ist Staatsknete aus Steuergeldern.

      Harz4-er mit Ihrer MwSt bezahlen die Schose mit."

       

      Ja und? Das Problem dahinter müssten Sie schon näher erläutern.

       

      Eltern bekommen das Elterngeld für die "Dienstleistung" zukünftige Beitragszahler*innen zu erziehen. Solange die Eltern das Kind auf ihrer Reise dabei haben, erbringen sie diese "Dienstleistung" auch unterwegs. Wo sollte also das Problem liegen?

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Kein Problem, nur das sollte eben nur klar sein; speziell denen die dann an anderer Stelle ggf über scheinbar Ungerechtigkeiten schreiben.

        Konkret in meinem Umfeld: Akademikerpärchen macht 3 mon Südeuoparundreise mit Säugling bei vollem Elterngeld; bei 1.800 € gedeckelt. Tut aber nicht weh.

         

        In DE zur gleichen bekommt ein anderes Pärchen ohne Job eben kein 1.800 /mon; allenfalls 300/mon. Kann nicht verreisen, konsumiert hier jeden MOnat seine 1.000 €, davon eben ca, 200 € MwSt-Anteil. Geht in den Staatshaushalt und davon eben Elterngeld für mein Freunde. Der Zusammenhang ist klar, oder?

         

        Aber nochmal; Leistung wird belohnt bei uns: Waren schöne Bilder, kein Problem für mich, allein eine Beobachtung und Teil der Realitäten!

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @Tom Farmer:

          In dem konkreten Fall könnten wir sagen, das Akademikerpärchen lebt wirkliche Solidarität mit Südeuropa.

           

          Statt das Geld nur hier in Deutschland zu verkonsumieren und einem Staat hinterherzuschmeißen, der sowieso Steuereinnahmen in Rekordhöhe einnimmt, hilft die Familie klammen Staaten in Südeuropa.

           

          Ich hoffe, die drei waren auch in Griechenland!

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Nein, nur in Spanien und Portugal.

  • Die Debatte geht völlig am Punkt vorbei:

    Eltergeld bekommen nicht die Kinder.

    Sondern die Eltern!

    Es ist eine Art Einkommenersatzleistung, so dass es völlig logisch ist, dass es sich am Einkommen orientiert.

    Dadurch sind nicht Kinder unterschiedlich wertvoll, sondern der Ersatz bezieht sich auf das Verlorene Einkommen.

    Gleichzeitig haben die Eltern mit höheren Sätze trotzdem noch drastisch höhere Einkommensverluste durch den Ausfall. Ich hatte z.B. netto flockige 2500 € weniger.

    Habe ich also mehr für meine EZ mit Kind bezahlt als ein anderer? Ja.

    Aber muss ich deswegen blödsinnige Debatten anzetteln? Sowas machen nur Leute mit Zeit, also ohne Kinder...

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @mensch meier:

      Sie haben gar nichts bezahlt. Sie haben nur etwas bekommen.

    • @mensch meier:

      Immer wieder faszinierend was unsere Gehirne sich so zurechtdenken können. Sie haben also für Ihre Elternzeit etwas bezahlt?

       

      Wieviel? und an wen? vor allem die letzte Frage hätte ich gerne von Ihnen beantwortet.

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @Grisch:

        Was: verschiedene Steuern (v.a. Einkommenssteuer + Mehrwertsteuer, vlt. noch Tabak- und Sektsteuer)

         

        Wieviel: Hängt vom Einzelfall ab.

         

        An wen: An den Fiskus.

      • @Grisch:

        Auch bei 4.000 netto ist Haushaltsgeld nicht im Überfluss vorhanden. Die Elternzeit kostest dann tatsächlich eine Menge ... wenn von 1.800 Euro im Monat noch die private Krankenkasse für die Familie abgeht, bleibt nicht viel übrig. Dazuverdienen geht auch nicht ... also hat man(n) gefühlt doch für die Elternzeit gezahlt.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @TazTiz:

          "Gefühlt bezahlt" :-). Muss denn irgendwer Elterngeld nehmen? Wird es den Eltern etwa aufgedrängt? Ich finde 1800 auf die Kralle verdammt viel für's Nichtarbeiten. Und genau deswegen wird es auch genommen, das Geld, weil man in der Zeit nicht arbeiten muss und dennoch ordentlich alimentiert wird.

          • 7G
            74450 (Profil gelöscht)
            @849 (Profil gelöscht):

            Ist es nicht etwas altbacken Erziehungsarbeit als Nichtarbeit zu betrachten?

            • 8G
              849 (Profil gelöscht)
              @74450 (Profil gelöscht):

              Wieso sollte das altbacken sein? Es wäre dann nicht mehr altbacken, wenn Erziehungszeiten von wem auch immer generell bezahlt würden, aber das werden sie ja nicht. Es gibt lediglich einen Anreiz, ein paar Monate zu Hause zu bleiben. Zudem: gilt denn Erziehung in unserer Gesellschaft als Arbeit?

  • Unsere Kinder waren zu dem Zeitpunkt immer in Gefahr krank zu werden, oder hatten Einschlafprobleme etc. An Reisen war gar nicht zu denken. Eher bewundernswert wie die Leute es trotzdem schaffen. Viele werden es nicht sein. Daß das ein Trend sein soll, kann ich schon gar nicht glauben.

  • Naja, es können sich ja eh nur noch die oberen 2/3 der Gesellschaft richtigen Urlaub mit Wegfahren erlauben. Richtig ist, dass sich diejenigen, die sich Indientouren u.ä. erlauben können, evtl. auch mal zwei oder mehr Monate unbezahlten Urlaub leisten könnten, wenn es denn so wäre, dass ein pädagogisches Interesse daran bestehen würde, sich mit dem Kind gemeinsam auseinanderzusetzen.

     

    ABER:

    "Wichtig ist erst mal: In einem Land, in dem zu wenig Kinder geboren werden, ist das eine gute Sache. Aber wir leben eben in einem Nörgelland."

     

    Allerdings. Und nicht nur in einem Nörgelland. Offenbar auch in einem zutiefst rassistischen und chauvinistischen.

    Die Weltbevölkerung wächst in einem sehr beunruhigendem Maße, aber auf einmal ist es in der taz wichtig, dass Kinder in DEUTSCHLAND geboren werden. Nur nicht in Afrika oder in anderen minderwertigen Ländern, oder wie soll man diesen Rassismus verstehen?

    Ich glaub's ja wohl. Es werden in dieser Welt, auch in dieser ach so tollen EU genug Kinder geboren. Solange das so ist, ist eine Förderung, sogar noch nach Einkommen gestaffelt, das Allerletzte.

  • Sich Kinder anschaffen, ist ein einziger Sozialbetrug. So langsam raffen da einige. Und dann schaffen se vll die Kohle noch ins Ausland.

  • Dem Artikel hab ich sprachlos gelesen.

     

    Auf die Idee muß man überhaupt erst einmal kommen, sich darüber aufzuregen.

     

    Das ist so kleingeistig, dass es schon eines Mikroskopes bedarfs ...

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Nachtvogel:

      "Dem Artikel hab ich sprachlos gelesen."

       

      Ich auch.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Die Tatsache, dass das Elterngeld am Einkommen der Eltern ausgerichtet ist, ist eine grenzenlose Schweinerei, die in Deutschland mit seiner Geschichte eigentlich unmöglich sein sollte.

    Die Entnazifizierung ist noch lange nicht beendet. Sonst wäre es undenkbar, dass es wertvollere und weniger wertvolle Kinder gibt, je nach dem ökonomischen Status der Eltern.

    Die einen Kinder verdienen es durch den hohen ökonomischen Status, dass ihre Eltern mehr dabei unterstützt werden, sie zu erziehen.

    Hier geht es um Geburtenkontrolle und gesteuerte Fortpflanzung: Intellektuelle haben zu wenige Kinder und die "Fortpflanzung der Schwachen" steht der Diversität des Wirtschaftstandortes Deutschland im Weg. Kein Unternehmen investiert in "Verlierer".

    Das ist einfacher Sozialrassismus und ganz billiger Darwinismus. Da es solche Einstellungen in der SPD und der CDU weit verbreitet gibt, verwundert es mich auch überhaupt nicht, wenn enttäuschte SPDler und CDUler zur AfD wechseln.

    Dafür werden sie aber auch noch belohnt, in dem das Parlament in voreiligem Gehorsam ein paar Maßnahmen zur Volksgesundheit verordnet.

     

    Hanne hat es unten auch gezeigt: Hartz-IV-ler können nicht zwei Monate in den Urlaub fahren, sie haben nur drei Wochen Urlaub im Jahr und müssen dann wieder jeden Tag in den Briefkasten schauen, ob da irgendein Brief drin ist. Und das Elterngeld so mancher Eltern ist mehr als eine ganze Familie auf Hartz-IV bekommt.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      "Hier geht es um Geburtenkontrolle und gesteuerte Fortpflanzung: Intellektuelle haben zu wenige Kinder und die 'Fortpflanzung der Schwachen'"

       

      Es ist nun aber einmal so, dass erwiesenermaßen Menschen mit besserem Einkommen auch besser für ihre Kinder sorgen. Natürlich ist das Einkommen keine Ursache aber eben ein (leicht zu handelnder Indikator).

       

      Das geht mit (richtigem) Sprechen schon im Kleinkindalter und dem Vorlesen von Büchern los, umfasst eine angemessene ärztliche Betreuung und Fürsorge und geht bis zur angemessenen Unterstützung und Betreuung bei Ausbildung und Schule, ohne die bei unserem System kaum ein guter Abschluss möglich ist.

       

      Weniger gebildete Menschen haben nun einmal weniger Geld und lassen ihren Kindern tendenziell weniger Bildung und Fürsorge zuteil werden. (Nur statistisch natürlich, jeder kennt zahlreiche Ausnahmen). Das mag ungerecht sein aber wie soll der Staat sonst zwischen engagierten und faulen Eltern unterscheiden?

       

      Ihre Kampfbegriffe von oben sind leider nicht falsch aber auch eine Reaktion auf nicht zu ändernde Umstände.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @benevolens:

        Sie zeichnen da eine Korrelation zwischen Geld und Bildung, die m.E. so nicht existiert. Es gibt Umengen an gebildeten Menschen, die wenig verdienen und Unmengen von ungebildeten Menschen, die Großverdiener sind. Dazwischen gibt es natürlich auch noch die Gebildeten, die tatsächlich auch ein gutes Gehalt haben. Aber wenn wir uns zudem noch die Erbschaftsverhältnisse anschauen, ist erst recht nichts mehr auf diese Korrelation zu geben.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      "...grenzenlose Schweinerei, die in Deutschland mit seiner Geschichte eigentlich unmöglich sein sollte.

      Die Entnazifizierung ist noch lange nicht beendet."

       

      Sie stellen Politiker, die Müttern Geld zuschanzen, auf eine Stufe mit Massenmördern.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Schlimm!

       

      Es gibt Menschen, die zahlen Steuern, welche, die zahlen wenig Steuern und welche, die zahlen keine Steuern.

       

      Die Deckelung des Elterngeldes auf etwa 1.000 Euro "privilegiert" die Einkommensmittelschicht. Die zahlt (bezogen aufs Einkommen) aber auch am meisten Steuern und Sozialbeiträge.

       

      Besserverdienende und Harzt-IVer werden benachteiligt ... wie schlimm.

      • @TazTiz:

        Nehmen Sie die den Blickwinkel der Kinder Letztgenannter ein und es verändert sich vll was.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Die Moraldiskussion ist was für Christen.

    Wer aber seine Kinder liebt und ihnen die Mitwelt nicht zerstören will, der oder die fliegt definitiv nicht zum Vergnügen nach "Lagos, Istanbul oder Mumbai", solange das nicht CO2-neutral geht.

    Hier ist nur der eigene Egoismus Maßstab des Handelns und nicht das Wohl der Kinder und Kindeskinder.

    Wenn man im Alter von 2 Jahren die Kinder in einer globalen Lotterie vertauschen würde und niemand wüßte, wohin sein / ihr leibliches Kind denn kommt und welches Kind er oder sie dafür im Austausch bekommt, dann würden die Eltern bestimmt ganz anders handeln.

    Dann würde auch im Journalismus einiges anders aussehen. Dann würden nicht ständig JournalistInnen um die Welt geschickt, um uns diese aus der Sicht einer deutschen kapitalistischen Elite zu erklären, sondern das Geld für die ständigen Flugreisen könnte ausgegeben werden, um JournalistInnen vor Ort Weiterbildungen zu geben, so dass sie selbst uns aus ihrem Land berichten können.

     

    Wenn man das Elterngeld gerechter gestalten will, dann muss was am Kapitalismus geändert werden und am Moralismus unter den Feministinnen. Wer in Elternzeit geht, wird meistens vom Markt entschieden und nicht nach Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit.

    Ein befreundeter Altenpfleger (da kenne ich viele) geht in Elternzeit, weil seine Freundin studiert und kein Einkommen hat. Die Tatsache, dass sie es ist, die Karriere macht und er es ist, der zuhause bleibt wurde da niemals zum Problem gemacht. Es ist auch kein Problem. Ein Problem gibt es erst in der Statistik.

    Leider erwarten sehr viele Frauen, dass ihr Mann mindestens dasselbe verdient wie sie selbst, sonst gilt er schnell als "Loser" und kommt für eine Elternschaft nicht in Frage. Wie liebevoll er als Vater wäre, ist erst einmal sekundär. Sie tragen so selbst zur statistischen Lage bei. Das Problem liegt nicht ausschließlich bei Männern.

  • Ich kenne recht viele, die das genauso machen: Beide Gutverdiener (oft Journalisten und/oder im öffentlichen Dienst), dann Elternzeitüberschneidung im ersten Lebensjahr und darin mindestens zwei Monate zusammen Urlaub machen.

     

    Sorry, ich habe nichts gegen das Recht auf Urlaub machen und Geld ausgeben, auch wenn es in diesen genannten Fällen oft auch etwas dekadent anmutet, aber ich habe was gegen Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung.

     

    Weshalb dürfen z.B. ALG-II-Empfänger nicht auch mind. zwei Monate im Jahr "ortsabwesend" sein? Zumal, wenn sie schon länger im "Bezug sind, also alles an Fördern und Fordern schon "erlebt" haben? Da gäbe es sicher auch Studien, die das förderliche daran unterstreichen würden. Allein schon gegen Depressionen, mal auf andere Gedanken kommen und vielleicht beschwingt wieder zuhause neu starten und/oder Hoffnung haben. Und deren Ortsabwesenheit würde den Staat weitaus weniger kosten als zwei Gutverdiener-Einkind-Eltern, die beide ca. 1.500 € in dieser Zeit vom Staat erhalten. So viel bekommt eine ganze "Hartz-Familie" nicht, auch wenn sie eine Waschmaschine benötigt. Die könnten ohnehin dann nur Freunde und Verwandte besuchen, falls das Geld überhaupt für die Fahrtkosten reichen würde.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Hanne:

      Menschen in ALG2-Bezug haben heute schon einen Urlaubsanspruch von 21 Tagen. Das könnt sicher auf den Durchschnitt aller Arbeitnehmer*innen angehoben werden. Der liegt bei 30 Tagen. Warum sollten aber ALG2-Bezieher*innen besser gestellt werden als Menschen in Erwerbsarbeit?

      http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-urlaubsanspruch-auch-bei-alg-ii-bezug-90016169.php

      http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/arbeitnehmer-die-meisten-haben-30-tage-urlaub-1464653.html

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Es sind als "Urlaub" umgerechnet nur 15 Tage im Jahr!

         

        Angestellte haben 24 bis 30 Tage im Jahr.

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @Hanne:

          Warum nur 15? Im Link heißt es:

           

          "Pro Kalenderjahr besteht aber Anspruch auf 21 Tage Ortsabwesenheit. Diese können zusammenhängend am Stück genommen oder auf das Jahr verteilt werden. "

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Weil es Kalendertage sind und nicht Arbeitstage. 21 Tage also 3 Wochen, wofür ein AN 15 Tage Urlaub nehmen muss (falls kein Feiertag mit drin liegt).

          • @74450 (Profil gelöscht):

            Sie vergessen in Ihrer Betrachtung, dass "Urlaub" für diese beiden Gruppen nicht auf die selbe Weise definiert bzw. gezählt wird: Beim Vollzeit-Arbeitnehmer wird von einer 5 Tage-Woche ausgegangen. Zwei weitere Tage in der Woche, also gewöhnlich das Wochenende, ist freie Erholungszeit: Wenn Sie an einem Sonntag wegfahren wollen, müssen Sie dafür selbstverständlich keine Abwesenheit anmelden und Urlaubstage dafür hergeben.

            Beim Vollzeit-Arbeitssuchenden dagegen ist dies nicht der Fall: Er hat jeden Tag der Woche für Arbeitssuche und Arbeitsaufnahme zur Verfügung zu stehen, und wer mal eine Woche z.B. von Mittwoch bis zum darauf folgenden Dienstag wegfahren möchte/muss, der muss dafür 7 Abwesenheitstage anmelden auch für den Samstag und den Sonntag.

            Hanne hat daher korrekt das eine ans andere angeglichen bzw. umgerechnet, und da hat der Arbeitssuchende wesentlich weniger erlaubte freie Zeit.

             

            Es langt halt nicht, irgendwelche Zahlen und Statistiken zur Hand zu haben, man muss diese schon auch richtig lesen können.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Hanne:

      Hanne hat absolut Recht: es muss dasselbe Verfahren für alle geben, die Geld vom Staat beziehen, das sie sich nicht durch Einzahlung in eine Versicherung (Arbeitslosigkeit/Rente) erworben haben. Hartz4 muss auf höherem Niveau zum bedingungslosen Grundeinkommen werden. Denn ein bedingungsloses Einkommen stellt das Elterngeld ja wohl auch da, wenn an dieses keine Bedingungen geknüpft sind, außer der monatliche Nettoverdienst. Dass diese Elterngeld höher ist für Besserverdienende als für Minderverdienende, finde ich total abartig. Meine Frau und ich sind allerdings nicht mehr in dem Alter, dass wir uns diese Kohle sichern könnten. Vielleicht würden wir dann anders darüber denken. :-)

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @849 (Profil gelöscht):

        Warum sollten alle gleich behandelt werden, wenn sie sich in ganz anderen Lebenssituationen befinden? Es ist nicht gerecht Ungleiches gleich zu behandeln. Arbeitssuche eine andere Tätigkeit als Kindererziehung.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @74450 (Profil gelöscht):

          Es geht ja beim Elterngeld nicht notwendig um Hartz4-Bezieher gegen Gutverdiener, sondern es ist doch so, dass ein Geringverdiener auch nur geringes Elterngeld erhält.

           

          Ich sehe da keine andere Lebenssituation, sondern lediglich eine himmelschreiende Ungleichbehandlung. Hätten beide anteilig zu ihrem Gehalt in eine Elterngeldversicherung eingezahlt, hätte ich kein Problem mit dem Unterschied. Aber so...

           

          Und das mit der ungleichen Behandlung aufgrund der Lebenssituationen führt ja u.U. noch weiter: was ist etwa ein alter Mensch noch "wert", wenn er teure Medikamente oder OPs braucht, um weiterzuleben, wenn man ihn mit einem jungen Menschen vergleicht, den die Wirtschaft noch im Verwertungsprozess, genannt Arbeit, noch "ausbeuten" kann?

           

          Da könnte man leicht auf die Idee kommen, dem Alten vorzuenthalten, was man dem Jüngeren aus Erwägungen der Nützlichkeit gewährt.

    • @Hanne:

      "Sorry [...], aber ..." Wussten Sie, Hanne, dass man getrost alles vor dem Komma eines solchen Satzes vergessen kann, wenn nach dem Aber alles Vorherige infrage gestellt wird? Und wussten Sie, dass Ihr "Sorry" kein "Sorry" ist?

       

      Und wussten Sie ebenfalls, dass Arbeiter*innen und Arbeitnehmer*innen schwer dafür kämpfen mussten, dass sie überhaupt ein Recht auf Urlaub bekamen, weil die Arbeitgeber (in der Regel waren sie männlich) nichts von Urlaub auf "ihre Kosten" hielten?

       

      Ja, man kann immer vergleichen und dann Ungerechtigkeiten herausarbeiten, keine Frage. Genauso könnte man sehr zynisch fragen: Warum dürfen in Deutschland Menschen zur Tafel, während in Afrika derzeit wieder Millionen vom Hungertod bedroht sind? Passt nicht? Stimmt!

       

      AlgII-Bezieher*innen sollen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, daher haben sie kein Recht auf zwei Monate, sondern "nur" auf drei Wochen, die durch Wochenenden sehr wohl "gestreckt" werden können.

       

      Menschen in Elternzeit haben dagegen einen Job. Der Vergleich ist also keiner.

       

      Dass der Hartz IV-Bezug längst nicht mehr eine kurzfristige Sache sein muss, wie ursprünglich angedacht, ist eine ganz andere Sache, die viel komplexer ist und genaugenommen eine Ersetzung der Leistung zur Folge haben muss. Aber darum geht es hier gar nicht.

      • @Lesebrille:

        Arbeitssuchende können ihre Urlaubszeit eben gerade nicht "durch Wochenenden strecken", weil bei ihnen auch ein freier Samstag oder Sonntag als Urlaubszeit angemeldet werden muss und von den zugestandenen Urlaubstagen abgezogen wird.

         

        Es wäre wirklich schön, wenn all die, die zu den unsäglichen SGB- bzw. Agenda2010-Gesetzen Kommentare schreiben, sich auch mal wirklich über diese informieren würden.

    • @Hanne:

      Was soll das lamentieren?

      Nur weil das Harz-System unsinnige Anforderungen stellt, darf ein anderes Sozialsystem nicht weniger unsinnig sein?

      Diese Neid-Debatte ist armseelig.

      Wie wärs stattdessen mit Protesten gegen schlachte Harz-Regeln?

      • @mensch meier:

        "Nur weil das Harz-System unsinnige Anforderungen stellt, darf ein anderes Sozialsystem nicht weniger unsinnig sein?"

        Da stimme ich Ihnen zu.

         

        Wer allerdings erkannt hat, dass das Hartz-System sowohl für die direkt Betroffenen als auch gesamtgesellschaftlich eine Schweinerei ist, sollte vielleicht Abstand davon nehmen, den Unmut darüber mit "ihr seid ja nur neidisch"-Floskeln abzutun.

      • @mensch meier:

        Gerne einiges "unsinnige" ändern.

        Ich sehe da allerdings mit einem möglichen Neukanzler Schulz schwarz, der wird genauso weitermachen, wenn nicht noch härter, und das ist momentan an seiner Wortwahl gut zu erkennen.

    • @Hanne:

      So so, Sie kennen also "recht viele, die das so machen". Und das soll dann ungerecnt sein?

      Entweder sie nehmen Stellung zum Elterngeld (zu hoch, zu ungerecht) oder Sie lassen es ganz. Aber sich in diese lächerliche Debatte überhaupt einzuschalten, ist doch Unsinn.

       

      Auflagen für gut verdienende Elterngeldbezieher (die übrigens tatsächlich mehr Steuern zahlen und deren Kinder besser sozialisiert und ausgebildet aber eben seltener sind) sollen also bitte welche Ungerechtigkeit beseitigen?

       

      Gerecht wäre eine Verteilung nach Leistung UND Bedarf: Urlaube und Hilfen für arbeitende, allein erziehende Mütter, Straflager für nicht zahlende Väter, Entschädigung für Lohnausfall für (auch besser verdienende) Eltern, die sich kümmern und Kürzungen und ausschließlich Sachleistungen für Eltern, die Harz IV beziehen und ihre Kinder verwahrlosen lassen.

       

      (Seit ich im Studium in Soziologievorlesungen reingeschnuppert habe, sind Klischees für mich im Denken kein Hindernis mehr. Jeder Einzelfall wird natürlich nicht in diese Argumentation passen...)

      • @benevolens:

        Ich nehme mal manches aus Ihrem Text als Ironie (Straflager für nicht zahlende Väter, ausschließlich Sachleistungen für Eltern, die Harz IV beziehen und ihre Kinder verwahrlosen lassen.)

         

        Aber im Grunde kann ich Ihnen zustimmen. Es ist schon irritierend, wenn ein Artikel über eine Neiddebatte offensichtlich für Einige hier der Auftakt dafür ist, diese nicht nur zu bestätigen, sondern sich geradezu darin auszutoben... .

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    "...wie man das Elterngeld gerechter gestalten kann."

    Ich habe den Artikel von Kerstin Lottritz gelesen (lohnt sich) und zitiere, z.B.: "Statt in ihrer kurzen Elternzeit zu Hause zu bleiben und ihre Partnerin beim Wiedereinstieg ins Berufsleben zu unterstützen..." - Kritik an den Vätern, ein wichtiger Aspekt, finde ich.

     

    Oder auch: "Jeder bleibt ein halbes Jahr zu Hause.. Väter wie Tobias wären in der Lage, den anstrengenden Alltag mit Baby allein zu meistern, seine Frau würde wieder leichter in den Job finden. Und irgendwann nehmen sich beide noch die gemeinsame Zeit für eine längere Familienreise..."

    Ich halte Frau Lottritz' Vorschläge für durchaus konstruktiv - "Nörgelei" kann ich nur in dem Artikel von Frau Kalarickal erkennen.

    • @2730 (Profil gelöscht):

      Wenn der Staat vorgibt, wie genau die "Unterstützung der Partnerin" aussehen soll, ist einiges schief. Wer sagt denn, dass die Unterstützung nicht am Besten im Urlaub erfolgt. Damit sie mal ausspannen und ausschlafen kann, während er sich um das Kind kümmert? Und überhaupt was ist das für eine altertümliche Sichtweise "sie (bei der Kinderbetreuung) zu unterstützen". Kinder sind eine gemeinsame Aufgabe und nicht etwa eine Aufgabe nur der Mutter in der sie der Vater "unterstützt". Fehlt nur noch, dass Frau Lottriz geschrieben hätte, dass er sie bei der Kinderbetreuung "unterstützen" solle, damit sie etwas "hinzuverdienen" könne. Auch wenn Frau Kalarickal diese rückwärtsgerichteten Aspekte nicht adressiert und sich nur auf die Kritik der "Nörgerlei" fokussiert, so ist ihr auf jeden Fall zuzustimmen.

      • 2G
        2730 (Profil gelöscht)
        @Velofisch:

        Hast Du den Artikel von Lottritz überhaupt gelesen? (Diese Frage könnte man übrigens auch Frau K. stellen). Gefordert wird da nämlich gar nichts, aber kritisiert - und das zu Recht. Der Sinn des Elterngeldes ist den unweigerlichen Karriereknick des kindererziehenden Partners (also meist der Frau) abzufedern oder im Idealfall zu verhindern.

        Zum Beispiel stelle man sich vor, das frisch gebackene Elternpärchen (beide Steuerberater) zwei Moante auf family-Selbsterfahrungstrip. Danach geht ER wieder steuerberaten. Sie erzieht das Kind, bis dieses in die KiTa kommt. Danach stellt sie fest, dass sie ziemlich raus ist aus ihrem Gewerk, er dagegen zum Partner avanciert. Irgendwann trennen sie sich. Ihre Karriere ist im Dutt. Seine floriert. Kleine Ursache, große Wirkung. Und spätestens dann fragen sie sich nach dem Sinn der damaligen Reise...