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„Unwort des Jahres 2013“Kandidaten vorgestellt

Der Begriff „Armutszuwanderung“ ist Favorit für das „Unwort des Jahres“. Ein weiterer Kandidat kommt vom Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich.

Bald ist es wieder soweit – das Unwort des Jahres wird am 14. Januar gekürt. Bild: imago/Bernhard Classen

DARMSTADT dpa | Der in der Debatte um Zuwanderer aus Südosteuropa verwendete Begriff „Armutszuwanderung“ kann „Unwort des Jahres 2013“ werden. Er sei mehrmals vorgeschlagen worden und für die sprachkritische Jury in der engeren Wahl, teilte die Jury-Sprecherin Professorin Nina Janich von der Technischen Universität (TU) Darmstadt am Donnerstag mit.

Das „Unwort“ wird am 14. Januar 2014 in Darmstadt bekanntgegeben. Die Jury richtet sich aber nicht nach der Häufigkeit der Vorschläge, sondern entscheidet unabhängig und einstimmig.

Die CSU beschreibt mit dem Begriff Armutszuwanderer gering qualifizierte Migranten, die nach Einschätzung der Partei in Deutschland vor allem Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen, aber kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Experten halten es für ungerechtfertigt, pauschal von Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien zu sprechen.

Ein heißer Kandidat für das „Unwort des Jahres 2013“ ist auch „Supergrundrecht“. Die Bezeichnung wurde im Zuge der NSA-Abhöraffäre vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich genannt. Der CSU-Politiker vertrat die Ansicht, für Deutsche sei die Sicherheit ein extrem wichtiges Recht, ein „Supergrundrecht“. Es stehe höher als andere Grundrechte. Zum „Unwort des Jahres 2012“ war der Begriff „Opfer-Abo“ gewählt worden.

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12 Kommentare

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  • D
    D.J.

    Diese Jury war früher sozusagen die Pionierbrigade exzessiver politischer Korrektheit. Somit teilt sie dasselbe Schicksal wie diese: Sie wrd nicht mehr für voll genommen und erntet eher Spott.

  • HB
    Harald B.

    Ich würde gern noch zwei andere Kandidaten nennen:

    "Alternativlos"- wäre meine erst Wahl, "Rechtspopulist" die zweite.

    • @Harald B.:

      "Alternativlos" war schon 2010 das Unwort des Jahres.

      • HB
        Harald B.
        @vøid:

        Danke, da stimme ich ja mit der Jury überein.

  • S
    Spassvogel

    Die Jury springt mit ihrer Arbeit viel zu kurz. Denn es sind nicht nur einzelne Worte, nein, es sind ganze Wortgruppen, sozusagen "Unwort-Cluster" die dem friedlichen und harmonischen Zusammenleben von Menschen verschiedener Nationalitäten und sich bereichnernder Kulturen in Deutschland massiv entgehenstehen. Beispiele und Erläuterungen:

    - "Einwanderung" / Die Silbe "Ein-" suggiert eine latente Aggressivität des Personenkreises. Es sollte neutral "Globalisierunginduzierte Humanfluktuation" heissen.

    - "Asylbewerber" / Kein Mensch ist irgendwo illegal! Deshalb muss sich auch niemand um Aufnahme in Deutschland "bewerben".

    - "Datenschutz" / Kein anständiger Mensch schnüffelt in den Daten anderer herum. Diese durch Datenschutz schützen zu wollen, bedeutet implizit eine stillschweigende grundsätzliche Akzeptanz der Schnüffelpraxis.

    - "Gefahrengebiet" / Von Steinen und Feuerwerkskörpern werfenden Linksautonomen geht keine Gefahr für Irgendjemanden aus. Vielmehr verteidigen sie tapfer die Demokratie gegen die Reichen und Rechtsradikalen in diesem Land.

  • EM
    Eigene Meinung

    Wie wäre es stattdessen mit

    "Gender", "Gentrifizierung" und allen Politphasen, welche auf "_Innen" und "Innen" enden?

    • I
      Irrlicht
      @Eigene Meinung:

      Ich wäre für "Gutmensch".

  • B
    Bastler4711

    wen interessiert es denn nun wirklich was so ne handvoll besserwisserischer, verstaubter Beamten für das Wort oder Unwort des Jahres halten?

     

    Nennen wir es doch einfach das gewünschte Sprach-Tabu des Jahres 2014!

  • T
    T.V.

    Wenns Armutszuwanderung wird, sollten sie's endlich umbenennen in Unwort des letzten Monats 20xx, sonst wirds lachhaft.

  • A
    ama.dablam

    Dank dieser Jury wird die Hygiene der deutschen Sprache gesichert, denn:

     

    "Reinheit von Sprache und Schrifttum liegt an Dir! Dein Volk hat Dir die Sprache zur treuen Bewahrung übergeben."

     

    Der 10. Mai wäre auch ein passendes Datum zur Preisverleihung

  • J
    Jengre

    Armutszuwanderung als Unwort? Warum eigentlich? Zunächst einmal beschreibt dieses weder besonders innovative noch besonders infame Wort doch nur den eigentlich skandalösen Umsatnd, daß viele Menschen auf der Welt so arm sind, dass sie andernorts ihr Auskommen suchen müssen. Es hilft ihnen nicht, wenn reflexartig Denkverbote errichtet werden. Natürlich benutzt die CSU das Thema zur Bedienung niederer WählerInneninstinke, aber es bleibt ein Aspekt, dass es von Akteuren, die den Sozialstaat abschaffen wollen, durchaus gewollt sein könnte, arme Länder in die EU aufzunehmen und deren Bürgerinnen und Bürgern einen Umzug nach Deutschland sowie den Anspruch auf Sozialleistungen zu ermöglichen, um den Sozialstaat so insolvent zu machen. Dazu paßt auch die mörderische Abschottung der EU gegenüber afrikanischen MigrantInnen, die in der EU meist erbarmungswürdig bezahlte "illegale" Jobs haben und niemandem zur Last fallen - aber da sie zur Destabilisierung des Sozailstaats nichts taugen, kann man sie für rassistische WählerInnen medienwirksam fernhalten. Wer den Sozialstaat destabilisieren kann, soll jedoch kommen, und die Eliten können sich dabei alle Menschen, die gegen Ausgrenzung von MigrantInnen sind, ganz einfach zu nützlichen IdiotInnen machen.

  • M
    M_aus_HH

    Vorschlag für 2014: Gefahrengebiet