Untreue-Vorwürfe erneut vor Gericht: Never ending Rathaus-Affäre

Der Prozess gegen Hannovers Ex-Oberbürgermeister geht in die Revision. Die Staatsanwaltschaft akzeptiert den Freispruch des SPD-Politikers nicht.

Der erleichtert grinsende Stefan Schostock vor dem Landgericht Hannover im April 2020.

Hat vielleicht bald nicht mehr so gut lachen: Stefan Schostoks Freispruch wird überprüft Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Bestimmt hatte er gehofft, es wäre nun endlich vorbei. Jedenfalls sah Hannovers Ex-Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) sehr erleichtert aus, als das Landgericht Hannover ihn im April vergangenen Jahres vom Vorwurf der Untreue freisprach – immerhin war dem ganzen ein langer, zäher und ausgesprochen peinlicher Prozess vorausgegangen.

Doch sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Anwälte seiner beiden Mitangeklagten haben Revision eingereicht. Am Mittwoch entscheidet der Bundesgerichtshof in Leipzig, ob der Prozess neu aufgerollt werden muss.

Die sogenannte Rathaus-Affäre hatte Schostok das Amt und die SPD das seit der Nachkriegszeit regierte Rathaus gekostet. Es ging dabei vor allem um die ungerechtfertigten Zulagen, die Schostoks rechte Hand, Büroleiter Frank Herbert, drei Jahre lang kassiert hatte. Die beliefen sich am Ende auf rund 49.500 Euro, Herbert wurde deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt.

Aktiv vertuscht wurde das vom Personaldezernenten Harald Härke, der deshalb zu einer elfmonatigen Bewährungs- und einer Geldstrafe verurteilt wurde.

Schostok wusste von den Zahlungen und hat sie nicht gestoppt. Das Landgericht ging aber zu seinen Gunsten davon aus, dass er zwar kritischer und gründlicher hätte prüfen müssen – dass diese Pflichtverletzung aber nicht so weit ging, dass sie eine Verurteilung wegen Betrugs oder Untreue durch Unterlassen rechtfertigt. Er habe den Zusicherungen seiner führenden Angestellten zu sehr vertraut.

Eigentlich war schon der Prozess eine Strafe

Peinlich war das trotzdem: Im Prozess wurde auch die Kommunikation zwischen Schostok und seiner persönlichen Coachin behandelt – und „vertrauensselig“ war da noch die harmloseste Beschreibung. Auf viele Prozessbeobachter wirkte er eher naiv und überfordert – kein gutes Zeugnis für den Spitzenmann im Rathaus.

Eine ganze Reihe von peinlichen Auftritten hatten allerdings auch seine Mit­angeklagten schon abgeliefert – und zwar lange vor dem Prozess. Monatelang beschäftigten die Enthüllungen und Durchstechereien aus dem Rathaus die örtliche Presse.

Auf der einen Seite der joviale Strippenzieher, Personal- und Kulturdezernent Harald Härke, der versuchte, seiner Freundin einen Job zuzuschanzen, auf der anderen Seite der hölzerne Spitzenjurist Frank Herbert, der bis zuletzt davon überzeugt war, doch eigentlich nur bekommen zu haben, was ihm zustand.

Und dazwischen vertrauliche Personalunterlagen, die munter zwischen den Schreibtischen der CDU-Opposition, der niedersächsischen Staatskanzlei und dem Rathauses hin und her wanderten – was dazu führte, dass selbst Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) vor Gericht aussagen musste. Möglicherweise ist Schostok nicht der Einzige, der froh wäre, wenn endlich Gras über die Angelegenheit wachsen würde.

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