Universität in Tübingen: Empörender Name

Die Tübinger Eberhard Karls Universität ist eine angesehene Hochschule – doch der Namensgeber war Antisemit. Die Umbenennung ist daher überfällig.

Detailaufnahme eines Reiterstandbilds

Umstrittener Namensgeber: Detail eines Reiterstandbilds von Graf Eberhard im Bart in Stuttgart

Schon seit den 70er Jahren wird in Tübingen über eine mögliche Umbenennung der Eberhard Karls Universität diskutiert. Diese Debatte, die hauptsächlich von kritischen Studierenden aufrechterhalten wird, führte bisher zu wenigen Ergebnissen.

1477 wurde die Uni Tübingen von Eberhard im Bart gegründet. Der Herzog von Württemberg und Teck gilt im württembergischen Raum bis heute als wichtige Identifikationsfigur. Dass er bei Universitätsgründung alle Jü­d:in­nen der Stadt verwies, wird jedoch weder von den Tübinger Bür­ge­r:in­nen noch von den Studierenden wahrgenommen. Die meisten kennen diesen Teil der Geschichte nicht. Manche ignorieren ihn ganz bewusst.

Erst auf Aufforderung des baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragten wurde eine His­to­ri­ke­r:in­nen­ko­m­mis­si­on eingesetzt, um zu prüfen, ob der aktuelle Namensgeber mit seiner antisemitischen Haltung herausragend war oder nur mit dem Geiste seiner Zeit ging. Allein, dass diese Frage auf diese Weise gestellt wird, macht zahlreiche jüdische Studierende wütend. Ausgerechnet in einem Land, in dem das Putzen von Stolpersteinen zum eigenen Selbstverständnis gehört.

Der Name einer renommierten Bildungseinrichtung demonstriert eine Haltung und steht für die Werte, die an diesem Ort vermittelt werden sollen. Die Namensgebung ist eine Form der Ehrung. Jüdische Studierende sollen sich damit abfinden, dass ihre Uni einen Antisemiten ehrt.

Was stünde einer Umbenennung im Wege? Offenbar geht es darum, das eigene Ansehen zu wahren und nicht der sogenannten Cancel Culture zum Opfer zu fallen. Sicher fällt es nicht leicht, einen Namen, der das Selbstbild der Tü­bin­ge­r:in­nen seit 500 Jahren prägte, abzuschaffen. Doch es ist überfällig anzuerkennen, dass es schon lange vor dem Nationalsozialismus Hass und Ausgrenzung in der Stadt gab. Die einzig richtige Konsequenz wäre, es jetzt besser zu machen. Die Streichung des Namens der Universität wäre dabei der angemessene erste Schritt.

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kam 1998 in Belarus zur Welt und lebt seit 2005 in Deutschland. Sie ist Vizepräsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschlands.

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