Union vertagt Abstimmung im Bundesrat: Düngereform erst nach der Wahl
Die grün mitregierten Länder forderten strengere Dünge-Regeln für „Massentierhalter“, um Wasser zu schützen. Nun wurde die Entscheidung verschoben.
Den Antrag stellte nach Angaben des Agrarministeriums in Schwerin Mecklenburg-Vorpommern, das von SPD und CDU regiert wird. Offenbar wollte das Land so verhindern, dass die von Grünen initiierten Änderungsanträge eine Mehrheit bekommen. Nun soll die Entscheidung im November fallen – nach der Wahl für den Bundestag und den Landtag in Niedersachsen.
Der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne) hatte kritisiert, Bundesminister Christian Schmidt (CSU) wolle mit der Verordnung großen Schweine- und Geflügelmast-Betrieben erlauben, die Umwelt noch stärker als bislang mit Stickstoffverbindungen aus den Ausscheidungen ihrer Tiere zu belasten. Das wäre „fatal fürs Wasser“, sagte Meyer der taz.
Denn wenn Bauern ihre Pflanzen zu stark düngen, gelangt der Überschuss zum Beispiel ins Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. Ist die Konzentration der Stickstoffverbindung Nitrat zu hoch, kann das der Gesundheit schaden. Außerdem trägt zu viel Nitrat in Flüssen, Seen und Meeren dazu bei, dass Pflanzen- und Tierarten aussterben. Die EU-Kommission hat Deutschland bereits verklagt, weil es zu wenig gegen die Nitratbelastung tue. Das könnte hohe Strafzahlungen zur Folge haben.
„Gegen Schlupflöcher für große Biogasanlagen“
Deswegen haben Bund und Länder ein neues Düngegesetz verabschiedet, das von bis zu 28.000 Bauern ab 1. Januar 2018 eine Stoffstrombilanz verlangt. Darin müssen sie auflisten, wie viel Stickstoffüberschüsse sie produzieren. Später soll es dann sogar Bußgelder geben, wenn zu viel in die Umwelt entweicht.
Die Grünen stören sich aber an den Details der Berechnung, die die Stoffstrombilanzverordnung von Bundesminister Schmidt festlegen soll. „Wir wollen eine ehrliche einfache Bilanz ohne Schlupflöcher etwa für große Biogasanlagen“, sagte Meyer am Freitag. Der Bundesminister habe hingegen „ein bürokratisches Monstrum mit zahllosen Ausnahmen und Schönrechnerei von großen Massentierhaltungen vorgelegt.“
Merkels Ökobilanz
Nach Auswertungen der rot-grünen Landesregierung wären mit dem Entwurf des Bundes große Schweine- und Geflügelställe rechnerisch begünstigt worden, während viele kleine und Biobetriebe sowie die Kompostwirtschaft „mit hohen Auflagen überzogen worden wären“. „Wir warten jetzt auf ein neues Angebot vom Bund“, sagte Meyer der taz. Es müsse nun „ernsthafte Verhandlungen geben.“
Bundesminister Schmidt dagegen erklärte, die Grünen seien „mit dem Versuch gescheitert, zu Lasten unserer Landwirte die Stoffstrombilanzverordnung zu verhindern. Ich empfehle Herrn Meyer: Keine Wahlkampfmanöver auf dem Rücken unserer Landwirte.“ Er habe einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der das Ergebnis intensiver Erörterungen sei, auch mit den Ländern. Die Änderungsanträge der Länder hätten die Verordnung so verändert, dass er das Regelwerk nicht mehr hätte verkünden dürfen, so der CSU-Politiker.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid