piwik no script img

Union ringt um MigrationspolitikFlüchtlingsstreit: Beistand für Merkel

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther hält die Forderung Seehofers für den falschen Weg. Die Union müsse sich auf ihren Asylkompromiss besinnen.

„Ich stehe da deutlich auf Merkels Seite“, sagt Daniel Günther Foto: dpa

Kiel dpa | Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther unterstützt im unionsinternen Streit über die Asylpolitik die Position von Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU). „Wenn wir Asylbewerber an den Grenzen gleich wieder zurückschicken würden, würde das ja bedeuten, dass wir an allen Grenzen wieder Kontrollen aufwendig durchführen müssten“, sagte Günther NDR Info. Er wies eine Forderung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zurück, die Einreise von Asylbewerbern nach Deutschland zu verhindern, die vorher schon in einem anderen EU-Staat registriert wurden.

Der Vorschlag Seehofers würde nach Günthers Einschätzung „in der Praxis auch nichts bewirken“, sagte Günther am Mittwoch am Rande der Landtagssitzung in Kiel. Dann würden sich die Menschen in anderen Ländern gar nicht mehr registrieren lassen. „Dann wäre das alles für die Katz', was Herr Seehofer dort vorschlägt.“ Er halte das schlicht für den falschen Weg.

Es müsse daran gearbeitet werden, die EU-Außengrenzen besser zu schützen. „Ich stehe da deutlich auf Merkels Seite.“ Deren Position entspreche dem Asylkompromiss zwischen CDU und CSU. „Zu diesem Kompromiss sollten wir jetzt auch wieder zurückkehren und nicht wieder neuen Streit miteinander beginnen.“ Diese Lösung hätten auch Seehofer und alle seine Ministerpräsidentenkollegen unterstützt.

Zugleich räumte Günther „Vollzugsdefizite“ bei der Umsetzung der Dublin-Regeln ein. „Ich finde es auch nicht angenehm, dass es uns nicht einmal mehr gelingt, beispielsweise bei uns in Schleswig-Holstein Asylbewerber nach Dänemark zurückzuschicken, wenn sie dort als erstes angekommen sind.“

„Dass sich Abgeordnete darum Sorgen machen, dass wir diese Vollzugsdefizite nicht in den Griff bekommen, kann ich nachvollziehen“, sagte Günther. Das sei kein guter Zustand. „Aber das ist eine Sache, die wir in den Griff kriegen müssen.“ Da würden Seehofers Vorschläge nicht weiterhelfen. „Es bleibt dabei: Ich wünsche mir sehr, dass der Kurs, den wir eingeschlagen haben, den wir auch vereinbart haben, jetzt fortgesetzt wird. Alles weitere werden die nächsten Tage zeigen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • "Ja, es muss ein europäische Regelung her; nämlich eine faire Umverteilung auf alle."

     

    Ok.

     

    Vor allem aber keine deutschen Alleingänge mehr ala Merkel.

     

    Sie hat Deutschland einen Bärendienst geleistet.

  • Solange es keine Vereinigten Staaten von Europa gibt kann es auch niemals eine aufoktroyierte 'faire' Verteilung geben.

    Für alle die das vergessen haben sollten, Polen, Tschechien usw., ja auch wir, sind nach wie vor Gott sei Dank souveräne Staaten. Und ich würde mir als Pole auch nicht von irgendwelchen Menschen aus anderen Ländern Migranten aufzwingen lassen.

    Es wird diese Verteilung nie geben.

    Und weiter, zur Verlogenheit und Kurzsichtigkeit dieser Forderung: glaubt denn jemand wirklich ernsthaft, dass diese verteilten Migranten etwa in diesen Ländern bleiben? Bei den Pull-Faktoren aus Deutschland. Doch nicht im ernst.

    D.h. am Ende wären alle sowieso wieder in Deutschland, dauerhaft.

    Und genau deshalb müssen diese an der Grenze abgewiesen werden.

    • @Horst Leverkusen:

      Ganz einfach. Geld. Nach einer Schätzung davon, wie viel die Integration eines Migranten/einer Migrantin (monatl./jährlich) kostet, bekommt die Kommune, EU-weit, die entsprechende Zuwendung von der EU. Unterbringungs- und Integrationsstandards werden überwacht, Leistung ist einklagbar.

       

      Sollte nur zwischen EU und Kommune gehen, die Nationalstaaten dazwischen hätten nichts zu melden. Schliesslich ist die Kommune die, die (am Anfang) die Last trägt und die (später) die Früchte erntet.

       

      Da werden wir sehen, wer mitmacht.

  • Dublin war von Anfang an falsch. Da haben sich die Südländer mal wieder gegenüber den Nordländern bequatschen lassen.

    Ja, es muss ein europäische Regelung her; nämlich eine faire Umverteilung auf alle. Schlimm, dass das keiner mitträgt und Italien (für mich letztlich nachvollziehbar) nun Schiffe blockt und die nach Spanien umgeleitet werden müssen. Spanien wird aber über kurz oder lang auch die Segel streichen...

     

    Blöd, dass Merkel diese europäische Regelung irgendwie auch will sowie keine Alleingänge. Aber genau das gemacht hat in 2015, was ihr bis heute von weiten Teilen der CSU nicht verziehen wird. Von den 20 % Unzufriedenen die nun größtenteils Afd wählen ganz zu schweigen.

     

    Chaos allenthalben, Politik bekommt wieder mal ein Unfähigkeitsattest von mir; national und auch für die europäische Ebene.

    • @Tom Farmer:

      Alles andere außer Dublin schafft keine Rechtssicherheit.

       

      Eine Zuweisung innerhalb Europas (quasi wie die Einquartierungen in Kriegs- und Nachkriegszeiten) kann nicht funktionieren, da niemand darüber entscheiden könnte. Wer darf ins gelobte Deutschland, wer muss nach Polen? Nach welchem Ermessen darf darüber entschieden werden und darf der Betroffene mitreden? Und wie soll es durchgesetzt werden? Das Rückführen an den Bestimmungsort gelingt ja schon bei Dublin nicht ...

      • @TazTiz:

        Dublin ohne Ersatzvereinbarung abzuschaffen geht natürlich nicht. Eben Stichwort Rechtssicherheit und Regularien.

        Europa wird an diesem Thema zerbrechen... oder wir müssen Mauern um den Kontinent bauen.

        Noch haben die "vernünftigen" Demokraten die Wahl.