Union doch für Tabakwerbeverbot: Der Nebel lichtet sich
Jahrelang blockierte die Union ein weitergehendes Tabakwerbeverbot – nun ist sie doch dafür. Die SPD begrüßt das.
Damit zeichnet sich in der großen Koalition nach jahrelangem Ringen eine gemeinsame Linie bei weiteren Werbebeschränkungen zum Schutz der Gesundheit ab. Die SPD ist schon länger dafür und hatte die jüngste Bewegung bei CDU und CSU begrüßt. In der vorigen Wahlperiode war ein Anlauf für ein Außenwerbeverbot an der Union gescheitert. Verboten ist Tabakwerbung etwa schon in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften.
Der Unions-Vorstoß sieht für Tabakprodukte ein Verbot von Plakatwerbung ab Januar 2022 vor. Ein Werbeverbot für Tabakerhitzer soll ein Jahr später greifen und ab Jahresbeginn 2024 soll selbiges für E-Zigaretten gelten. Schon ab 2021 könnte ein Werbeverbot in Kinos bei allen U-18 Filmen gelten.
Deutschland ist das einzige EU-Land, das seine Bürger der Tabakwerbung aussetzt. Gleichzeitig sterben jährlich rund 120.000 Menschen am Konsum der Glimmstängel. Bislang gelten Werbeverbote nur im Radio, im TV, in den Printmedien und im Internet. Ab 18 Uhr ist Zigarettenwerbung im Kino erlaubt.
Lobby sponserte CDU-Parteitag
Seit Jahren wird immer wieder über ein generelles Werbeverbot debattiert. Die SPD befürwortet ein solches schon längere Zeit. Gegenwind kam wiederholt aus den Reihen der Union. 2018 waren die Tabak-Riesen Philip Morris („Marlboro“) und JTI („Camel“) sowie der Deutsche Zigarettenverband Sponsoren beim CDU-Parteitag in Hamburg. Nun scheint deren Lobbyarbeit nicht mehr zu fruchten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte nun: „Jeder junge Mensch, den wir so vor einer Raucherkarriere bewahren, ist ein umfassendes Tabakwerbeverbot wert.“ Auch Julia Klöckner (CDU), zuständig für gesundheitlichen Verbraucherschutz, befürwortet das Werbeverbot. „Egal ob Filter- oder E-Zigarette: Jedenfalls nikotinhaltige Produkte sollten nicht beworben werden dürfen“, so die Ministerin. „Weder im Kino noch auf Plakaten.“
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch begrüßte den Kurswechsel: „Ich bin froh, dass nach jahrelanger Blockade bei der Union jetzt offenbar klare Bereitschaft besteht, endlich einem umfassenden Verbot der Tabakaußenwerbung zuzustimmen.“
Nach einem Unions-Beschluss könnte der Bundestag einen neuen Versuch unternehmen, das Verbot durchzusetzen. So beschloss das Kabinett zwar bereits 2016 einem Gesetzesentwurf, Werbung auf Plakatwänden zu verbieten, im Bundestag verabschiedet wurde dieses aber nie – der Union sei Dank.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit