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Ungleichheit bei Treibhausgas-EmissionenCO2-Ausgleichseis für heiße Tage!

Enno Schöningh
Kommentar von Enno Schöningh

Ärmere Menschen verursachen weniger CO2-Ausstoß als Wohlhabende, leiden aber mehr unter der Klimakrise. Es ist Zeit für einen Ausgleich.

Eis ist teuer. Die Kugel kostet fast 2 Euro Foto: Lisi Niesner/reuters

D ie Kugel Eis ist zu teuer. Sie kostet fast 2 Euro. Ich möchte sie mir trotzdem holen, denn es ist heiß. Und schon bin ich beim Thema Krisen. Es führt zurzeit einfach kein Weg an ihnen vorbei. Bei den Eispreisen denke ich an die Inflation, und als mir das Eis in Sekundenschnelle wegschmilzt, ans Klima. Die Welt ist zu heiß und das Eis ist zu teuer.

Wenn ich das Geld dafür hätte, würde ich den ärmeren Schichten reicher Länder ein CO2-Ausgleichseis spendieren. Diese emittieren global betrachtet zwar auch zu viel Kohlendioxid, haben es aber geschafft, ihre Pro-Kopf-Emissionen seit 1990 zu senken. Das geht aus dem Welt-Ungleichheitsbericht 2022 von Oxfam hervor.

Klimamaßnahmen in Deutschland, wie LED statt Glühbirne, zielen auf die Masse ab. Effizienzverbesserungen ermöglichen allen Einsparungen. Doch diejenigen, die es sich leisten konnten, kompensieren die Einsparungen mit erhöhtem Verbrauch, manche sogar mehr als das. Denn wenn Menschen mehr Geld haben, pusten sie meist auch mehr CO2 in die Luft. Beim CO2-Ausgleichseis geht es also nicht um Lob für das umweltbewusste Handeln ärmerer Menschen, sondern um die Anerkennung der Tatsachen.

Denn Tatsache ist, dass diese Menschen mit dafür gesorgt haben, dass Deutschland seine Emissionen von 1.200 Gigatonnen CO2-Äquivalente im Jahr 1990 auf jetzt 762 Tonnen reduziert hat. Tatsache ist auch, dass ärmere Menschen unter steigenden Preisen und Hitze besonders leiden. Nicht nur, weil Klimaanlagen teuer sind, sondern auch, weil arme Stadtviertel schlechter aufgebaut sind. Es gibt mehr Beton und weniger Grün. Ein New Yorker Rechercheteam fand heraus, dass sich die Oberflächentemperatur zweier sozial verschiedener Viertel im selben Stadtteil um fast 6 Grad Celsius unterschied. Am gleichen Tag.

Das ist ungerecht. Das CO2-Ausgleichseis für heiße Tage sollte von denjenigen spendiert werden, die es verpasst haben, trotz Einsparpotenzialen tatsächlich Emissionen zu reduzieren.

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Enno Schöningh
Wissenschaftsredakteur
taz-Wissenschaftsredakteur, davor Redakteur im taz-Klimahub. Studierte Internationale Beziehungen und Geografie in Kleve, Buenos Aires und Cambridge. Schreibt über Wissenschaft und Klima. Bild: Kim Görtz
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7 Kommentare

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  • Und für den Winter statt dem Eis bitte einen Glühwein...

  • wie errechne ich denn



    wo ich stehe was "co2-verbrauch" und



    "leiden an der klimakrise" angeht,



    in relation zu allen anderen erdenbewohnern der species mensch?

    • @maxi mustermaus:

      "Our World in Data"

      Das ist der Name einer wissenschaftlichen Datenbank welche solche Daten aufbearbeitet in interaktiven Karten sowiese den zugrundeliegenden Datentabellen und Pulikationen hinterlegt sind. Sehr anschaulich. Dort finden Sie dann auch Zeitreihen und können in die Vergangenheit schauen.

      Gibt Ihnen nur den Durchschnitts Ihres Landes, für BRD liegt der halt bei 10 Tonnen Konsum Kontingente pro Kopf.

      Der im Artikel genannte Oxfam Bericht ist eine Quelle, die auf Arm und Reich Schneise und Unterschiede geht. Den Namen bekommen sie übrigens aus dem Artikel den Sie gerade kommentieren.

      Für den persönlichen Konsum empfehle ich Ihnen, sich möglichst viele CO2 Rechner anzuschauen. So gut es geht beurteilen, welche Institution mit welcher Glaubwürdigkeit dahinter steckt und sich über die Jahre ein Bewusstsein ihrer Konsumierten Produkte aneignen.

      Falls Sie Autofahren: I Liter = 2.39 kg CO2 beim Verbreunngsprozess. Das ist Chemie - Redoxgleichung + Periodensystem, daran gibt es weniger zu rütteln. Allerdings ist das nur der Verbreunngsausstoss. Im Faktor 2.39 stecken nicht drin Transport zur Zapfsäule, die Aufbearbeitung vom Rohöl zum Benzin und das pumpen aus dem Boden. Reell also eher 3kg pro Liter :).

      Im Schnitt mampft der Deutsche 2 Tonnen Co2 - der Durchschnitt ist 70kg Fleisch im Jahr, das sind 200g pro Tag. Er verbrät ebensoviel im Auto - allerdings ohne Produktionskosten des Autos - und nochmal ebensoviel fürs Heizen.



      Zusätzlich kommen noch 4 Tonnen - geil ich mag Konsumterror und Liebe Amazon dazu.

      Klimaneutral hingegen bedeutet 2 Tonnen pro Jahr pro Kopf auf der Erde. Das können die Kohelnstoffsenken des Ökosystems verkraften. Bin ich auch noch nicht dran aber ich arbeite ja an mir :).

  • Das Leben ist so ungerecht. Eis ist übrigens ein Luxus, den man genießen aber nicht einfordern sollte.

  • Statt Klimaausgleichseis:



    "Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) hat Berlins erste Hitzehilfe-Notunterkunft eröffnet. Die Senatssozialverwaltung unterstütze die Einrichtung mit 100.000 Euro, sagte Kipping in der Anlaufstelle für obdachlose Menschen an heißen Tagen"



    www.welt.de/vermis...bel-schmelzen.html

  • Jo. Eis musses jetzt nicht unbedingt sein. Da ich aber auch nicht reich bin, auf Flugreisen und Fleischverzehr verzichte und aktuell meine Dachgeschosswohnung als Sauna vermieten könnte, hätte ich gern ein Anrecht auf CO2 Ausgeleichsbier. Bitte gut gekühlt.

    • @Deep South:

      Ihr Antrag wurde soeben abgelehnt. Sauna gilt als Klimafeindlich, so lautet die Begründung.