Unfairer Wahlkampf im Kongo: Kabilas Kommission beißt alle weg
Oppositionskandidat Jean-Pierre Bemba wird von Kongos Präsidentenwahl ausgeschlossen. Das ebnet dem Regierungskandidaten den Weg.
Jean-Pierre Bemba, der vor kurzem triumphal aus dem Exil zurückgekehrte Warlord und Hauptwidersacher des Amtsinhabers Josph Kabila bei dessen erster Wahl 2006, verliert die Zulassung ebenso wie drei ehemalige Premierminister – Samy Badibanga, Antoine Gizenga und Adolphe Muzito – sowie ein weiterer Kandidat und die einzige Frau unter den ursprünglich 25 Bewerbern.
Nur 19 bleiben übrig, darunter immerhin Felix Tshisekedi von Kongos größter Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), dessen verstorbener Vater Etienne Tshisekedi 2011 gegen Kabila antrat und verlor, sowie der damals drittplatzierte Vital Kamerhe und der radikale Oppositionelle Martin Fayulu aus Kinshasa.
Und natürlich der von der Regierung als „Unabhängiger“ aufgestellte designierte Nachfolger Kabilas, Emmanuel Ramazani Shadary, dessen Siegeschancen nun deutlich gestiegen sind.
Shadarys zwei Hauptgegner ausgeschaltet
Vor Bembas Ausschluss hatte bereits ein weiterer aussichtsreicher Kabila-Gegner, Exprovinzgouverneur Moise Katumbi, gar nicht erst nach Kongo einreisen dürfen, um zu kandidieren. Die beiden Politiker, die Shadary am gefährlichsten werden könnten, stehen somit jetzt nicht auf den Wahlzetteln.
Es ist eine Spaltung der Opposition abzusehen: zwischen denen, die sich um Tshisekedi scharen, und denen, die die Wahl boykottieren. Das wird dem Regierungskandidaten weiter nützen.
Ändern könnte das nur noch das Verfassungsgericht. Das höchste Gericht hat bis zum 11. September Zeit, um die Einsprüche gegen die vorläufige Kandidatenliste der Wahlkommission zu prüfen, und die Kommission muss am 19. September die endgültige Liste vorlegen.
Überraschungen gelten aber als unwahrscheinlich, da beide Institutionen als Kabila-treu gelten.
Ungereimtheiten in der Wahlkommission
Die Gründe für die Ausschlüsse sind vielfältig und umstritten. Bemba wurde zum Verhängnis, dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ihn in einem Nebenverfahren zu seinem Kriegsverbrecherprozess – in dem er in zweiter Instanz freigesprochen wurde – der Zeugenbeeinflussung für schuldig befunden hatte. Aus Sicht der Wahlkommission fällt dies unter das Ausschlusskriterium einer Verurteilung wegen Korruption.
Kritiker weisen allerdings darauf hin, dass einer von Bembas Anwälten, der sich den identischen Schuldspruch in Den Haag einfing, als Parlamentskandidat zugelassen wurde. Ähnliche Ungereimtheiten gibt es in Fällen, wo Präsidentschaftskandidaten wegen doppelter Staatsbürgerschaft ausgeschlossen worden sind, obwohl sie vorher unter denselben Vorzeichen sogar Premierminister sein konnten.
Proteste bleiben vorerst aus
Befürchtete Unruhen in Oppositionshochburgen blieben am Wochenende zunächst aus, wohl weil sowieso kaum jemand eine faire Wahl im Kongo erwartet. Moise Katumbi, der von Anfang an nicht zugelassene Oppositionelle, rief auf Twitter dazu auf, „den Druck zu erhöhen und diese kabilistische Scheinwahl abzulehnen“.
Er bekam Unterstützung ausgerechnet von einem ehemaligen Führer der derzeit kaltgestellten Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März), die nur auf eine solche Gelegenheit wartet, um wieder zu den Waffen zu greifen. „Ihre Weisung wird gehört und befolgt werden, jenseits dessen, was Sie sich vorstellen“, antwortete Benjamin Mbonimpa, ehemaliger M23-Exekutivsekretär, Katumbi auf Twitter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins