Umweltminister Birkner über Gorleben: "Erkundungsarbeiten unterbrechen"
Gorleben sollte bei der Suche nach einem Atommüllendlager nicht von vornherein ausgeschlossen werden, meint Niedersachsens FDP-Umweltminister Birkner.
taz: Herr Birkner, Niedersachsen ist bei den Bund-Länder-Gesprächen in einer schwierigen Rolle. Union und FDP wollen generell an Gorleben als möglichem Standort festhalten, aber der umstrittene Standort liegt in ihrem Bundesland, und sie haben im nächsten Jahr Wahlen. Mit welcher Position gehen Sie in die Gespräche?
Stefan Birkner: Unser Vorschlag lautet weiterhin, die Erkundungsarbeiten in Gorleben ab Sommer zu unterbrechen. Dann ist die laufende Arbeitsphase abgeschlossen und man kann warten, bis die Arbeiten an anderen Standorten vergleichbar weit sind. Gleichzeitig müssen wir einen Weg finden, dort trotzdem die vorhandenen Kompetenzen, etwa zu Tiefenbohrungen, aufrechtzuerhalten.
Was sagen die anderen Länder zu diesem Vorschlag?
Offizielle Reaktionen gibt es bisher noch nicht. Wir werden am Donnerstag auch über diese Frage weiter verhandeln.
STEFAN BIRKNER, 38, ist seit dem 18. Januar 2012 Minister für Umwelt und Klimaschutz in Niedersachsen. Der Jurist ist seit 1991 Mitglied in der FDP.
Hauptstreitpunkt ist, welche Rolle Gorleben im weiteren Verfahren spielen soll. Umweltverbände und Teile von Grünen und SPD wollen den Salzstock komplett aus dem Verfahren nehmen, im Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums findet sich hingegen die Option, dass er auf jeden Fall unter den letzten Standorten sein soll, zwischen denen am Ende des Verfahrens die Entscheidung fällt. Was wollen Sie?
Ich halte beides für falsch. Es wäre nicht richtig, Gorleben rein politisch im Voraus als Standort auszuschließen. Ebenso falsch wäre es aber, Gorleben auf jeden Fall bis zum Ende im Verfahren zu halten. Wie alle anderen Standorte auch muss Gorleben zu jedem Zeitpunkt an den jeweils vorgegeben Kriterien gemessen werden und natürlich auch aus dem Verfahren ausscheiden können.
Kritiker befürchten, dass die Kriterien so gewählt werden, dass Gorleben sie auf jeden Fall erfüllt.
Diese Befürchtung kommt von den gleichen Leuten, die ihrerseits die Kriterien so festlegen wollen, dass Gorleben auf jeden Fall ausscheidet. Beides das darf nicht passieren. Die Kriterien dürfen sich nicht an Gorleben orientieren - weder um den Standort auszuschließen noch um ihn zu fixieren.
Und wie wollen Sie das erreichen?
Verhindern lässt sich das am besten durch eine offene und transparente Diskussion über die Kritierien. Aber wer wirklich misstrauisch ist, den wird man am Ende vermutlich nicht überzeugen können.
Ein weiterer Streitpunkt ist, von wem die Kriterien festgelegt werden – durch den Gesetzgeber oder durch das geplante Institut für Endlagerung. Wo stehen Sie?
Da bin ich noch nicht endgültig entschieden, Aber ob die Kriterien im Gesetz stehen sollten oder von einer Behörde festgelegt werden, ist am Ende nicht entscheidend.
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