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Umweltfolgen des Kriegs in GazaEine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person

In Gaza sind Umwelt, Landwirtschaft und Infrastruktur wie Kläranlagen zerstört. Men­schen­recht­le­r*in­nen sprechen von „Hunger als Kriegswaffe“.

Abwasser fließt durch die Straßen von Deir al-Balah in Gaza, August 2024 Foto: Abdel Kareem Hana/ap

Berlin taz | Der seit über einem Jahr anhaltende Krieg im Gazastreifen ist dabei, die Umwelt dort nachhaltig zu schädigen. Die Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft habe gigantische Ausmaße angenommen, berichtet das Palestinian NGOs Network, in dem sich 15 palästinensische Umweltorganisationen zusammengeschlossen haben.

Genaue Belege sind für das Team schwierig. Bodenproben, die die Mitglieder im Oktober gesammelt hatten, konnten bis heute nicht wissenschaftlich untersucht werden. „Sie sollten in Laboren getestet werden“, sagt Umweltingenieurin Abeer Butmeh, die die Untersuchungen koordiniert hat, im Gespräch mit der taz. Doch die Labore in Gaza seien durch den Krieg zerstört. Butmeh selbst lebt nicht in Gaza, sondern in Nablus und arbeitet in Ramallah.

Dass Umwelt und damit auch die Landwirtschaft massive Schäden erlitten hat, bestätigen verschiedene Berichte der Vereinten Nationen (UN). Mitte November stellte ein Sonderausschuss des UN-Menschenrechtsbüros in einem Bericht sogar fest, die israelische Regierung setze Hunger als Kriegswaffe ein. Diese Methoden der Kriegsführung erfüllten die Merkmale eines Völkermordes.

Der Bericht dokumentiert die Entwicklungen zwischen dem 7. Oktober 2023 bis zum Juli 2024. Die nach dem Überfall der radikalislamischen Hamas auf den Süden Israels, bei dem mehr als 1.200 Menschen ermordet wurden und rund 200 Geiseln genommen wurden, erfolgten Bombardierungen der israelischen Luftwaffe hätten „eine Umweltkatastrophe ausgelöst, die dauerhafte Auswirkungen auf die Gesundheit haben wird“, heißt es darin. Nicht nur Häuser seien zerstört worden, sondern auch Wasser- und Abwassersysteme, Agrarflächen seien toxisch verschmutzt.

UN Bericht: toxische chemische Kontaminationen von Wasservorräten

Das UN-Umweltprogramm Unep hatte bereits im Juni einen Bericht zu den Umweltfolgen des Konflikts veröffentlicht. Darin konstatieren die Ex­per­t*in­nen nicht nur massive Zerstörungen, sondern auch toxische chemische Kontaminationen weiter Flächen und Wasservorräte.

„Die israelische Besatzung hat Entwicklungsprojekte in allen Gebieten Gazas ins Visier genommen“, sagt Umweltingenieurin Butmeh. Solar- und Kläranlagen seien komplett oder teilweise zerstört. „Manche Menschen trinken Salzwasser, weil es kein frisches Wasser gibt.“

Die Organisation Oxfam warnte in der vergangenen Woche, Israel habe die verfügbare Wassermenge in Gaza auf weniger als fünf Liter pro Tag und Person reduziert – das entspräche weniger als einer Toilettenspülung. Israel liefert mit drei Pipelines das Wasser nach Gaza. Mindestens eine davon ist beschädigt.

Tatsächlich soll die Umweltsituation in Gaza schon vor dem 7. Oktober 2023 „katastrophal“ gewesen sein, sagt Butmeh. Nachdem die Hamas die Kontrolle über Gaza übernommen hat, kontrollierte Israel über Grenzübergänge die Lieferungen von Nahrungsmitteln, Pestiziden oder Benzin. Im Jahr 2022 litten laut UN bereits rund 65 Prozent der Bevölkerung an mäßiger oder starker Ernährungsunsicherheit, Landwirte waren durch die seit 2007 verhängte israelische Blockade eingeschränkt.

Kriegsformen, die die Umwelt nachhaltig schädigen, sind völkerrechtlich verboten

„Gaza war unter einer See- und Landblockade. So gab es zu wenig Treibstoff für Kläranlagen. Unbehandeltes Abwasser landete im Meer oder verseuchte das Grundwasser“, erzählt Butmeh.

Kriegsformen, die die Umwelt nachhaltig schädigen, sind völkerrechtlich verboten. Ein Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen verknüpft nachhaltige Umweltschäden mit dem humanitären Völkerrecht. Wenn Mittel der Kriegsführung lang andauernde und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen, sind sie nicht zulässig. Die USA, der größte Waffenlieferant an Israel, haben dieses Zusatzprotokoll nicht ratifiziert.

Butmeh berichtet, dass auch die Gewalt durch israelische Siedler im Westjordanland nach dem 7. Oktober angestiegen sei. Sied­le­r*in­nen zerstörten mit Baggern Dörfer und Felder, Bauern würden durch Straßensperren daran gehindert, an ihre Felder zu kommen. „In vielen Fällen werden Landwirte auch verhaftet, wenn sie auf ihren Feldern arbeiten. Israelische Soldaten oder bewaffnete Siedler sagen ihnen, das Land gehöre den Israelis.“ Ihre Tanten könnten beispielsweise nicht zu ihren Olivenhainen.

Israelische Behörden beschlagnahmen Felder

Die landwirtschaftliche Genossenschaft „Wurzeln des Himmels“ berichtet, dass ihre Felder von israelischen Behörden beschlagnahmt wurden. Sie hatte in der Nähe der nach internationalem Recht illegal von Israel gebauten Mauer Gemüse angebaut. Farmer aus der Nähe von Ramallah berichteten laut arabischen Medien, israelische Soldaten „kommen und schießen auf uns“.

Erneuerbare Energien, Wasseraufbereitung, ökologischer Anbau – in solche Projekte in Gaza flossen in den vergangenen Jahren Gelder der GIZ, der Weltbank und EU. Ob von den Anlagen noch etwas übrig ist, ist fraglich.

Umweltingenieurin Butmeh gibt trotzdem nicht auf. „Wir gehen weiter gegen die israelischen Verstöße vor, um unsere Projekte zu reparieren, umzusetzen und Umweltgerechtigkeit in Palästina zu erreichen.“

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29 Kommentare

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  • Wie hat sich denn Ägypten während der Jahre seit der Hamas-Machtübernahme gegenüber Gaza verhalten? Schließlich hätten all diese Sachen ja auch durch Rafah in den Streifen gelangen können. Oh wait - stimmt ja, Ägypten hat (vom Schmuggel und Schwarzhandel mal abgesehen) seine Grenzen ja auch geschlossen und somit an der Blockade teilgenommen. Aber das wird natürlich mit keinem Wort erwähnt...

  • Seit Wochen wird nicht mehr über Kämpfe berichtet, die von der Hamas ausgehen. Stattdessen häufen sich die Berichte zu Kriegsverbrechen seitens Israels gegen die Zivilbevölkerung.

    Das Vorgehen ist in der nächsten Phase angekommen. Die militärischen Auseinandersetzungen mit der Hamas haben sich drastisch reduziert. Deren Führung wurde getötet. Nun wir die Bevölkerung vertrieben.

  • Die Kämpfer der Hamas und der Hisbollah scheinen weder zu hungern, noch zu dursten... vielleicht fragt man die mal, ob die was abgeben....



    Gut dass in irgendwelchen Zusatzprotokollen des Genfer Abkommens steht, was alles nicht zulässig ist...



    Und welches äußerst unglückliche Bild die UN in diesem Konflikt abgibt bzw. in welches Fahrwasser sie sich da begeben hat, muss nicht mehr wirklich erörtert werden... aber sie hat ja ganz gute Kontakte zur Hamas. Damit könnten sie ja eventuell in Sachen Essen und Trinken (siehe oben) was machen...

    • @Köppen Robert:

      Dann lesen Sie diesen Tagesschau-Bericht:



      www.tagesschau.de/...ensmittel-100.html



      Aus dem geht hervor, dass sich jetzt schon Hamas-Kämpfer und Mitglieder krimineller Clans aus Süd-Gaza unter den Augen der IDF Gefechte liefern. Das sieht nicht nach einer Zerstörung der Hamas-Strukturen aus, aber auch nicht nach einer Bekämpfung krimineller Banden.



      Derweil greifen Chaos, Tod, Zerstörung, Hunger und Krankheiten in einem nicht erträglichen Maß um sich. Und an die israelische Seite ist die Frage zu stellen: will sie wirklich (noch) den Terror besiegen oder will sie die Bevölkerung in Gaza weiter aushungern?



      Es wird Zeit, dass Israel/COGAT und UN/UNRWA endlich eine effektive Koordination ihrer Hilfeleistungen anstreben, dazu gehören auch wenigstens begrenzte Feuerpausen.



      Beide Seiten tragen eine große Verantwortung, damit Gaza nicht weiter in Anarchie und Chaos versinkt und zu einem Totenhaus wird. Im Namen der Menschlichkeit!

  • Was da Israel an Trinkwasser und Hilfsgütern liefert, ist unzureichend - Aber: Salopp gesagt, ist mir nicht bekannt, ob jemals eine Kriegspartei die Toilettenspülung der anderen instandgesetzt hat. Ich glaube auch nicht, das jemals eine Kriegspartei mehr an die Zivilbevölkerung der Gegenseite VOR deren Kapitulation geliefert, als die Israelis. Für das Elend trägt nicht nur Israel Verantwortung, sondern ebenso eine kapitulationsunfähige Hamas, die mit den vor ihr kalkulierten Folgen Israel isolieren will und Nachbarländer, die jede relevante Fluchtbewegung unterbinden.

    • @Ali Eid:

      Die Meldung von der Toilettenspülung ist angesichts der Tatsache, das 70% der Gebäude zerstört sind eine Unverschämtheit.

    • @Ali Eid:

      Humanitäres Völkerrecht: Binnenvertriebene sind Menschen, die gezwungen wurden, ihr Zuhause zu verlassen, die jedoch keine Landesgrenze überschritten haben. Binnenvertriebene geniessen den gleichen Schutz wie die gesamte Zivilbevölkerung. Zusätzlich erfordern spezifische Regeln des HVR, dass bei einer Vertreibung alle praktisch möglichen Massnahmen umgesetzt werden, um den Vertriebenen eine zufriedenstellende Unterkunft, ausreichende Hygiene, Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Nahrung zur Verfügung zu stellen und dafür zu sorgen, dass Familien nicht auseinandergerissen werden."



      Und wenn man dies dann noch für die Besatzungsmacht heranzieht: "Allerdings darf die Besatzungsmacht eine Räumung gewisser Gebiet durchführen, wenn die militärische oder die Sicherheitslage dies gebietet (Art. 49 II GA IV). In einem solchen Fall hat die Besatzungsmacht für die Unterbringung, Verpflegung und Sicherheit der Zivilbevölkerung des geräumten Gebietes zu sorgen."



      Und der Großteil der Hilfslieferung erfolgt über die Staatengemeinschaft, NGO´s und private Spenden und kommt nicht von der israelischen Regierung.

      • @Momo Bar:

        Israel ist keine Besatzungsmacht in Gaza. Das wäre es, wenn es die Kontrolle über das Gebiet ausüben würde, ohne dort legitimer Souverän zu sein. Also dann, wenn die IDF nach einem Sieg über die Hamas in Gaza bleiben würde.

        Was es ist, ist eine Partei in einem Krieg zwischen der Hamas und Israel, der von der Hamas begonnen worden ist, aufgrund des Kräfteverhältnisses aber auf dem Gebiet statt findet, das die Hamas für sich beansprucht. Da es sich dabei um keinen (im Sinne des internationalen Rechts) legitimen Anspruch handelt, ist wenn überhaupt die Hamas Besatzungsmacht, aber das dann wohl eher bis zu diesem Krieg gewesen.

      • @Momo Bar:

        "Und der Großteil der Hilfslieferung erfolgt über die Staatengemeinschaft, NGO.."

        Da macht das Völkerrecht auch keine Vorgaben. Die Besatzungsmacht hat die Versorgung sicherzustellen, mehr nicht. Das besagt aber nicht, dass sie die Mittel auch selbst stellen muss.

        • @Sam Spade:

          Das hab ich auch nicht gesagt, es stimmt eben nur nicht das Israel hier dei Hilfslieferungen übernimmt, wenn sie sie mehr oder weniger nur koordinieren in Zusammenarbeit mit anderen Oragnisationen. Allerdings spricht das Völkerrecht sehr wohl auch von Pflichten einer Besatzungsmacht, die dann auch von ihr zu erfüllen sind: "Zu den Pflichten der Besatzungsmacht gehören unter anderem eine humane Behandlung der örtlichen Bevölkerung und die Erfüllung ihrer Bedürfnisse, die Wahrung des Privatbesitzes, die Verwaltung öffentlicher Besitztümer, der Betrieb von Bildungseinrichtungen, die Sicherstellung des Bestehens und Betriebs medizinischer Dienste sowie das Ermöglichen von Hilfsaktionen und die Nichtbehinderung der Arbeit unparteiischer humanitärer Organisationen wie des IKRK. www.icrc.org/de/re...-politik/besetzung

  • "Erneuerbare Energien, Wasseraufbereitung, ökologischer Anbau – in solche Projekte in Gaza flossen in den vergangenen Jahren Gelder der GIZ, der Weltbank und EU. Ob von den Anlagen noch etwas übrig ist, ist fraglich."

    Und dann schaut man sich den offiziellen (!) Social Media Channel der Hamas an und sieht, wie Wasserrohre ausgebaut werden und zu Kassam-Raketen verarbeitet werden. Selbiges übrigens auch mit den sehr teuren und qualitativ hochwertigen Aluminium-Straßenlaternen.

    Man könnte da sicherlich noch viel mehr finden.

    Ich komme gerade aus Jordanien zurück (Projekt mit GIZ/DAAD) und auf der Fahrt zum Flughafen flog aus dem Polizeiwagen vor mir, das komplette Verpackungsmaterial des Mittagessens: Styropor-Teller, Flaschen, Servietten, usw. Ich glaube, das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit dürfte in Gaza ähnlich hohen Stellenwert haben.

  • UNMAS (UN Mine Action Service) hatte ja bereits im Mai von 37Millionen Tonnen an Schutt/Trümmern berichtet, die massiv durch UXO`s (unexploded ordnance) kontaminiert sind und in denen sich schätzungsweise 800.000 Tonnen Asbest befinden. "Gaza has more rubble than Ukraine, and to put that in perspective, the Ukrainian front line is 600 miles (nearly 1,000 kilometres) long, and Gaza is 25 miles (40 km) long," Das stellt nicht nur eine Umweltbelastung dar, sondern auch eine Gefahr für die Menschen.



    Mehrere Organisationen haben auch einen detaillierten Bericht zur humanitären Lage/ Hilfslieferungen abgegebene auch mit Hintergründen/Hindernisse bei Import und der Verteilung: www.refugeesintern...s-demands-in-gaza/



    Haaretz und auch die Washington Post haben doch sehr beunruhigende Berichte zu den Hilfslieferungen gebracht: www.haaretz.com/is...-a3db-57ff16af0000

    • @Momo Bar:

      Warum sagen Sie uxo und nicht Blindgänger? Es wird Zeit, dass sich die taz der einfachen Sprache öffnet. Immer dieser Elfenbeinturm bei den Kommentatoren , das grenzt doch sehr viele Mitmenschen aus.

      • @Stoffel:

        Klingt halt so richtig geil nach professional insider.

        • @festus:

          +@ Stoffel wenn ihnen beiden anhand des Themas und des Berichts von Frau Neumann oder aber meiner angegebenen Fakten und Quellen, welche über die fast komplette Zerstörung des Gazastreifens und einer Umweltkatastrophe berichten, welche kukünftiges Leben dort im besten Fall stark erschweren im schlimmsten Fall unmöglich macht, eine Hungersnot, über 40.000 Toten und 100.000 Verletzten- wenn Ihnen dazu nichts besseres einfällt als sich zu beschweren, dass man einen Fachbegriff verwendet der im Bericht der UNMAS verwendet wurde, dann wundert mich der Mangel an Mitgefühl und Menschlichkeit bei dem Thema nicht mehr.

  • Es wird in diesem Konflikt aus sovielen Quellen zitiert, die aber leider nur aus Aussagen von Betroffenen vor Ort oder Berichten von diversen Organisationen bestehen.

    Selbst der Bericht der UN Sonderkommission räumt gleich zu Beginn ein, dass er sich nicht auf Eindrücke vor Ort oder auf gerichtsverwertbare Belege stützt sondern auf Aussagen beruht.

    Daraus einen Bezug hinsichtlich eines Völkermordes abzuleiten ist alles andere als seriös und juristisch fraglich.

    Anstatt die öffentliche Meinung im Sinne der jeweiligen Protagonisten zu beeinflussen, sollten sich die entsprechenden Gremien doch endlich einmal direkten Zugang vor Ort verschaffen, die Lage dokumentieren und gerichtsfeste Beweise sammeln.

    Dann können nach Faktenlage auch entsprechende Vorwürfe erhoben und ggf. gerichtlich geandet werden.

    • @Sam Spade:

      Ich stimme ihnen zu das Ermittlern Zugang verschafft werden muss und dafür müssen vor allem die westlichen Staaten Druck machen. Allerdings sehe ich es so, dass sich auch normale Gerichtsverfahren auf Aussagen stützen und eine Aussage mag nicht ausreichen aber hunderte die das Gleiche oder ähnliches sagen schon. Aussagen von Personen vor Ort sind Beweisstücke. Und wenn man sich die Berichte der einzelnen UN-Gremien anschaut dann beruhen die auch auf Satellitenbildern, Videoaufnahmen teilweise sogar geliefert von IDF-Soldaten auf ihren Social Media Kanälen oder auch Aufnahmen von Whistleblowern oder eben den palästinensischen Journalisten vor Ort, etc. Es gibt inzwischen auch zig internationale Ärzte, die vor Ort waren und Aussagen vor der UN aber auch vor entsprechenden Gremien in ihren Ländern getätigt haben. Und die NGO´s die dort zur Zeit tätig sind, beschäftigen ja auch eine Reihe von Experten auf verschiedenen Gebieten, die durchaus in der Lage sind Aussagen zu tätigen- Experten werden regelmäßig in Gerichtsverhandlungen eingesetzt.

    • @Sam Spade:

      Die Zerstörungen sind einfach über Luftbilder zu überprüfen. Auch wurde dies schon wiederholt von verschiedenen Stellen und Organisationen gemacht. Die Meldungen von vor Ort wurden und werden überprüft, sind also irgendwelche erfundenen Erzählungen.

      Was es daher nicht als Meldung gibt ist , dass die Auswertungen, bzw. die Zerstörungen Fakes sind. Denn es wäre ein leichtes für die Zweifler, jede Meldung selber zu überprüfen und das Gegenteil zu beweisen. Geschieht aber nicht.

      Das Israel flächendeckend Gebäude, Infrastrukturen und Agrarflächen zerstört und damit Hunger- und Notsituationen forciert, ist eine belegte Tatsache,

    • @Sam Spade:

      Der Zugang wird doch durch Israel bzw. die IDF behindert, Journalisten wurden gezielt unter Feuer genommen etc. Und wenn schon vor dem 7. Oktober 23 nicht gerade rosige Zustände geherrscht haben, wird es derzeit sicher nicht besser sein.



      Andererseits wird der israelischen Regierungs-Propaganda in den deutschen Medien uneingeschränkt Glauben geschenkt. Vielleicht sollte der eine oder andere sich dazu durchringen, auch einmal Medien außerhalb Deutschlands zu Rate zu ziehen. Selbst im "Lancet" findet sich dazu Material.

      • @Wurstfinger Joe:

        Der Einwand galt für Quellen von/ für und gegen beide Seiten. Ich möchte gar keine Medien mehr zu Rate ziehen, die lediglich die Aussagen und Meinungen dritter wiederspiegeln.

        Erst recht nicht, wenn es um derartige Anschuldigungen wie Völkermord geht.

        Es dürfte wohl möglich sein, dass die UN, ihre Organe oder auch einzelne Mitglieder wie die USA derart Einfluss auf Israel ausüben, dass vor Ort Aufklärung betrieben werden kann und eine Beweisführung stattfindet, damit man jenseits von Behauptungen und Spekulationen eine faktenbezogene Untersuchung durchführen kann und ggf. gerichtliche Schritte einleitet.

        • @Sam Spade:

          Ich würde gern diesen Optimismus teilen, das so etwas möglich wäre, allein mir fehlt der Glaube. Die UN werden sicher keinen Zugang bekommen und die amerikanischen Freunde sind wohl eher mit etwas anderem beschäftigt.



          Stattdessen kann man sich auch schon mal ein paar Satellitenbilder betrachten, wie zum Beispiel diese: www.bellingcat.com...struction-in-rafah



          Es sei denn, Bellingcat ist auch eine kritisch zu betrachtende Organisation, der man nicht trauen kann.

          • @Wurstfinger Joe:

            Es geht nicht um kritische Organisationen und um Glaubwürdigkeit. Jede Organisation und damit jeder direkter Beobachter kann nur einen Ausschnitt der Ereignisse darlegen. Das liegt in der Natur der Sache, ergibt aber noch kein einheitliches Bild.

  • Michaela Dudley , Autorin , Journalistin/Kabarettistin

    Wenn man die Problematik Gaza, Gesundheit und Umwelt ansprechen möchte, dürfte man der Fairness halber die Vorgeschichte nicht ausklammern. Um die Free-Palestine-Bewegung im Wortlaut zu zitieren: „Es begann nicht am 7. Oktober 2023.“

    Ministerpräsident Ariel Scharon hielt 2005 sein Wort. So zog er 8.000 Siedler mitsamt allen Militärstellungen aus Gaza zurück. Dabei hinterließen die Israelis zahlreiche großflächige Gewächshäuser. Diese sollten als Symbol einer friedlichen Koexistenz dienen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit fördern und die Vollzeitbeschäftigung von 4.000 Palästinensern garantieren. Man sprach von Gaza als „Singapur des Nahen Ostens“ und wähnte darin die Gelegenheit, Mutter Erde was Gutes zu tun.

    Doch die Chance wurde verschrottet, als die Hamas und andere Gangster die Gewächshäuser voller fanatisch zerstörerischer Gier und abbauten die Metallteile nunmehr zwecks Waffenherstellung benutzte und/oder sie höchstbietend verhökerten.

    Nachhaltigkeit und Nächstenliebe sehen anders aus. Was spräche dagegen, der Hamas gehörig die Schuld für die missliche Lage zu geben? Die Versäumnisse und Verbrechen der Terrorgruppe lassen sich nicht ignorieren.

    • @Michaela Dudley:

      Nun hat Scharon den Rückzug aus Gaza nicht beschlossen, weil es ihm um Frieden oder Nächstenliebe ging, sondern weil der Aufwand, die Siedler dort zu beschützen, zu groß war. Gaza wurde allerdings weiterhin von außen kontrolliert (und daher weiterhin auch von der deutschen Regierung als besetzt gewertet) und der Ausbau der Siedlungen im WJL weiter vorangetrieben. Von einem "Singapur des Nahen Osten" haben nur Propagandisten gesprochen, die davon ablenken, dass weder Scharon noch einer seiner Nachfolger ernsthaft daran gedacht hat, einen Palästinenserstaat zuzulassen. Mehr als Bantustans war für die Palästinenser nie vorgesehen. Man kann auch die Versäumnisse und Verbrechen Israels nicht ignorieren - die entsprechenden Berichte diverser Menschenrechtsorganisationen füllen inzwischen Bücherregale.

    • @Michaela Dudley:

      Also wenn das ihr einziges Argument ist, dann ist dies leider recht dünn. Die New York Times berichtete damals: Israeli Settlers Demolish Greenhouses and Gaza Jobs



      www.nytimes.com/20...and-gaza-jobs.html



      Und die Gewächshäuser sollten auch nicht als Symbol friedlicher Koexistenz dienen, die noch bestehenden Gewächshäuser wurden von der Economic Cooperation Foundation (von EU finanziert) für 14 Mio $ aufgekauft und an die PLO übergeben, einige der Spenden kamen von jüdischen Amerikaner aber nicht vom Staat Israel, der lediglich die Siedler für das verlorene Land und die Gewächshäuser entschädigt hat. Die verbleibenden Gewächshäuser wurden dann teilweise beschädigt, ca. 800 von 4000 wurden teilweise oder ganz unbrauchbar gemacht.



      Und es ist schon bekannt das auch die israelischen Siedlungen im Gazastreifen völkerrechtswidrig waren und deswegen abgebaut werden sollten und das man sich auch beim Betrieb der Gewächshäuser völkerrechtswidrig natürlicher Ressourcen der Palästinenser angeeignet hat und sei es nur Wasser.



      Aber all das hat nur bedingt etwas mit der Hungersnot und zerstörten Umwelt 2024 zu tun!

      • @Momo Bar:

        Danke für Ihr gutes Statement. Zum Stichwort Gewächshäuser: da haben Sie ein Problem angesprochen, das die palästinensische mit der israelischen Seite eigentlich verbinden müsste, stattdessen ist es Teil des Konflikts: die weiter zunehmende Verknappung der natürlichen Ressource Wasser in der Region. Hier sehen wir einen unverantwortlich hohen Verbrauch auf israelischer Seite, während die Palästinenser jetzt schon unter extremer Trockenheit leiden.



        Aber auch für Israel wird dieser Raubbau nicht mehr unendlich lange tragen - also müssen gemeinsame Lösungen für alle Menschen in der Region gefunden werden.



        Dazu müssten allerdings erst einmal die Waffen schweigen.

    • @Michaela Dudley:

      "Was spräche dagegen, der Hamas gehörig die Schuld für die missliche Lage zu geben"

      Gar nichts, wenn sich die Berichte der UN Sonderkommission und die Aussagen einiger Hilfsorganisationen etc. als haltlos erweisen.

      Dagegen spricht aber u.a. das derzeitige Verhalten Israels. Gebiete militärisch abzuschotten und allenfalls Untersuchungen durch das eigene Militär vornehmen zu lassen, zeugt von nichts gutem.

      Daher wäre Israel gut beraten, von sich aus Ermittler des IGH und der UN vor Ort zu unterstützen damit die Vorwürfe entkräftet werden könnten. Ohne eine solche Kooperation stehen die Vorwürfe nun einmal im Raum.