Umsturz in Syrien: Kurd*innen aus Nordsyrien vertrieben
In Nordsyrien bedrohen pro-türkische Milizen die kurdische Selbstverwaltung. Durch Kämpfe und türkische Bombardierungen werden Zehntausende vertrieben.
Um die Stadt nahe der türkischen Grenze mit rund 70.000 Einwohnenden wurde zwei Wochen lang gekämpft. Um Zivilist*innen zu schützen, wollen sich die kurdischen Milizen der sogenannten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) aus Manbidsch zurückziehen, meldete ihr Kommandeur, Maslum Abdi, am Mittwoch. Mit der SNA sei inzwischen eine Waffenruhe vereinbart.
Manbidsch war die letzte von den Kurdenmilizen kontrollierte Stadt westlich des Flusses Euphrat. Die Türkei verdrängt die Kurd*innen aus ihren Gebieten in Nordsyrien in Richtung Ostsyrien. Die Türkei will eine militarisierte Zone rund 30 Kilometer ins Landesinnere Syriens entlang der gemeinsamen Grenze schaffen.
Übergriffe durch islamistische Gruppierungen
Dazu fliegt sie auch Luftangriffe auf kurdische Gebiete in Nord- und Ostsyrien. Seit Langem greift die Türkei immer wieder zivile kurdische Orte mit Drohnen, Artillerie und Kampfjets an. Mit dem erfolgten Umbruch nutzt die türkische Regierung nun die Chance, ihren Einfluss militärisch zu erweitern.
Bei den Kämpfen und Luftangriffen in der vergangenen Woche seien Dutzende Menschen getötet worden, meldet die Vertretung der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES). Darunter seien viele Frauen und Kinder. 80.000 Kurd*innen sind lokalen Quellen zufolge bei kalten Temperaturen aufgebrochen, über den Fluss Euphrat in östliche Gebiete Rojavas zu fliehen. Kurdische Medien melden zudem gewalttätige Angriffe auf Kurd*innen durch verschiedene islamistische Gruppierungen.
Für die Kurd*innen ist das Projekt der demokratischen Selbstverwaltung gefährdet. „Diese Angriffe bedrohen nicht nur die Stabilität in Syrien, sondern verschärfen auch die humanitäre Krise“, sagte Kongra Star, ein Zusammenschluss von kurdischen Frauenorganisationen, am Mittwoch. Zuvor hatte die SNA den Kanton Schehba, nördlich von Aleppo, eingenommen. Dort lebten Kurd*innen in Geflüchtetenlagern, nachdem die Türkei 2018 die Region Afrin völkerrechtswidrig besetzt hatte.
Symbol des Kampfes gegen den IS
Als türkische Streitkräfte und ihre syrischen Verbündeten damals die Kontrolle übernommen hatten, vertrieben sie die überwiegend kurdische Bevölkerung aus ihren Häusern. Nun müssen sie aus Schehba erneut fliehen. Insbesondere Frauen und Kinder lebten unter widrigen Bedingungen. Es gebe bisher wenig internationale humanitäre Hilfe in der Akutsituation, sagt Kongra Star.
Am Dienstag meldeten kurdische Quellen, die protürkischen Milizen seien auf dem Einmarsch in die Grenzstadt Kobanê. Dabei sind ein Kind und ein Erwachsener getötet worden, zwei Kinder wurden verletzt, meldet die kurdische Nachrichtenagentur ANF am Mittwoch. Kobanê war 2014 zum Symbol im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) geworden, als kurdische Milizen, vor allem die Volksverteidigungseinheiten (YPG), die Stadt verteidigt hatten.
Die selbstgebildete syrische Übergangsregierung unter Führung der islamistischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hat sich bisher nicht geäußert, ob sie die kurdische Selbstverwaltung tolerieren wird.
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