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Umstrittenes Schwert-VideoMehr als ein Verkehrsunfall

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Vom Schwertmord in Stuttgart zirkuliert ein Video im Netz. Das mag vielen nicht gefallen, doch die Medien haben kein Monopol mehr.

Blumen am Tatort: In Stuttgart hat ein Mann mit einem Schwert einen anderen erstochen Foto: dpa

I mmer häufiger zirkulieren nach öffentlich begangenen Straftaten Videos. Manche wurden von Passanten mit dem Smartphone aufgenommen, andere stammen von Überwachungskameras. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat mit Blick auf das Video vom Stuttgarter Schwertmord einen Prüfvorgang eingeleitet. Auf eine förmliche Strafverfolgung sollte sie allerdings unbedingt verzichten.

Zu diesem Ergebnis kommen viele sicher leichter, wenn es um die Dokumentation der Tat eines weißen Rassisten geht. Aber das Recht soll neutral sein und muss auch für Videos gelten, die sogenannte Ausländerkriminalität dokumentieren. Viele Strafvorschriften passen gar nicht. Weder wird hier Gewalt verherrlicht noch verharmlost. Auch die Hilflosigkeit des Opfers wird nicht zur Schau gestellt, genauso wenig wird seine Menschenwürde verletzt. Denn es geht um die Brutalität und Grausamkeit des Täters. Diese wird mit den geteilten Videos angeprangert.

Bleiben das Recht am eigenen Bild und der Jugendschutz. Aber auch hier gibt es Ausnahmen, etwa für „Darstellungen aus dem Bereich der Zeitgeschichte“. Diese Ausnahme liegt vor, wenn das Video nicht aus Sensationslust gepostet wird, sondern als Beitrag zu einer gesellschaftlichen Debatte. Rassismus, Waffenkontrolle, aber auch die kriminalpolitischen Folgen der Flüchtlingspolitik sind solche politischen Debatten. Es geht eben nicht um einen bloßen Verkehrsunfall.

Nicht mehr haltbar ist auch der Einwand, dass gesetzliche Privilegien für „Berichterstattung“ nur den klassischen Medien zustehen, nicht aber privaten Postings bei Twitter und Face­book. Wir erleben einen erneuten Strukturwandel der Öffentlichkeit. Presse und Rundfunk haben kein technisches Monopol mehr, weil sich jeder an die Öffentlichkeit wenden kann. Die Meinungsfreiheit muss heute daher ebenso viel Schutz gewährt werden wie die Pressefreiheit.

Es wäre fatal, wenn der Eindruck entstünde, die so geschmähte „Lückenpresse“ versuche ihr altes Berichterstattungsmonopol über die Strafverfolgung von Bürgern sicherzustellen, die reale Ereignisse dokumentieren.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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6 Kommentare

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  • Als langjähriger TAZ-Leser bin ich ein wenig irritiert wenn ich diesen Kommentar lese.

    "Diese Ausnahme liegt vor, wenn das Video nicht aus Sensationslust gepostet wird, sondern als Beitrag zu einer gesellschaftlichen Debatte. Rassismus, Waffenkontrolle, aber auch die kriminalpolitischen Folgen der Flüchtlingspolitik sind solche politischen Debatten. Es geht eben nicht um einen bloßen Verkehrsunfall."

    BITTE?

    Ist das hier wirklich TAZ und nicht Junge Freiheit?

    Und der Autor ist tatsächlich Jurist? Ich bin ein wenig sprachlos. Ich weiß nicht einmal wo ich anfangen soll bei den ganzen Dingen die am zitierten Absatz falsch sind. Vorallem ohne dabei polemisch zu werden.

  • Kann es sein, daß bei youtube-Videos die jeweilige Ideologie entscheidet, ob es unbedingt veröffentlicht werden kann/muß ? Damit denn die jeweilige Wertung vorgenommen werden kann.



    Schwertmord in Stuttgart durch einen Weißen / Bahnsteigmord in Frankfurt durch einen Farbigen / Zeckenbiß Hetzjagd durch einen Rechten in Chemnitz

  • Die TAZ widmet sich diesem spektakulären Vorfall mit der generellen Problematik von Videoaufnahmen.



    Wie unglaublich tiefsinnig.



    Interessanter wäre doch der Hinweis, dass ARD, ZDF, Deutsche Welle diese Tat komplett ignoriert haben.



    Das habe ich allerdings in einer anderen Zeitung gelesen. Das erfährt man hier nicht.



    Ja, ja, diese youtube- Videos sind schon ein Problem. (Zynismus off)

  • Christian Rath ist Teil des Aufwachen! Rudels, congrats zum coming out ;) .

  • Ich teile Ihre Meinung nicht ganz. Ich finde, es sollte beim Posten von Videos spätestens dort eine Grenze gezogen werden, wo das Töten eines Menschen zu sehen ist - egal aus welcher Motivation heraus das Video gezeigt wird. Denn auch wenn das Video nicht mit dem Ziel des Voyeurismus gepostet wird, so wird es doch vermutlich vor allem von Voyeuren gesehen und goutiert. Welches "öffentliche Interesse" besteht denn, einen Mord in einem Video zu verfolgen, über den man auch alles in der Zeitung lesen kann - außer dem des Voyeurismus? Dem selben Interesse, das Menschen im Allgemeinen an öffentlichen Hinrichtungen haben.



    Außerdem verstehe ich nicht, wie Leute bei so einem Geschehen beinhart mit der Handykmera draufhalten können, statt in irgend einer Form Hilfe zu holen oder einzugreifen.

    • @Kolyma:

      Hier muss man keinerlei Grenze ziehen: Jegliche eigenmächtige Veröffentlichung von Beweismaterial zu mutmaßlichen Straftaten muss ausnahmslos unter Strafe gestellt werden! Andernfalls würde der Staat das Gewaltmonopol aufgeben und Lynchjustiz legalisieren.