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Umstrittene Gruppe bei FFF-DemoAntisemitismus im Klimaschutz-Gewand?

Ein Redebeitrag der Fridays-For-Future-Demo am vergangenen Freitag in Bremen kam von „Palästina spricht“. Der Gruppe wird Antisemitismus vorgeworfen.

Großes Publikum für Redner*innen: Fridays for Future-Demo, hier im September 2021 in Berlin Foto: (CC BY 2.0)

Hamburg taz | Rund 5.000 Menschen haben laut Fridays For Future Bremen am vergangenen Freitag in Bremen für „antikoloniale, antikapitalistische, sozial gerechte und intersektionale Klimagerechtigkeit“ demonstriert. Einer der Redebeiträge auf der Demo stammte von der umstrittenen Gruppe „Palästina Spricht“, der eine antisemitische Haltung vorgeworfen wird. Auf ihren Demonstrationen komme es zu antisemitischen Äußerungen mit Israelbezug.

Ein Blick auf Twitter zeigt: In Beiträgen der Organisation wird Israel immer wieder als „Apartheidsstaat“ bezeichnet. Das Wort „Apartheid“ ist im Bezug auf Israel und Palästina umstritten. So kritisieren Nicholas Potter und Stefan Lauer in Belltower News, dem Online-Magazin der Amadeu Antonio Stiftung, der Begriff dämonisiere und delegitimiere den Staat Israel. Zugleich werde „das Unrechtsregime in Südafrika damit verharmlost“.

Auf die Ankündigung vom Donnerstag vergangener Woche, dass „Palästina Spricht“ auf der Bremer Demo einen Redebeitrag halten werde, entbrannte auf Twitter eine Diskussion. Für ein*e Use­r*in ist „Palästina spricht“ eine „sehr problematische Gruppe“, die die Existenz Israels negiere. Ein*e an­de­r*e Use­r*in wirft Fridays For Future Bremen vor, die teilnehmenden Kinder „nebenbei für den Nahostkonflikt“ zu instrumentalisieren. Andere Use­r*in­nen widersprechen und betonen, dass das Klima als Thema in Palästina „besonders virulent“ sei.

Aber auch außerhalb des Internets und jenseits der Diskussion ums Klima fällt „Palästina spricht“ auf: Auf einer Demonstration der Gruppe im April dieses Jahres in Hannover waren antisemitische Parolen wie „Kindermörder Israel“ gerufen worden, wie die Jüdische Allgemeine berichtet. Die Parole geht auf den christlichen Antijudaismus des Mittelalters zurück, in dem Jü­d*in­nen vorgeworfen wurde, christliche Kinder rituell zu ermorden und deren Blut für religiöse Riten zu verwenden.

Immer wieder Kritik

Die Bremer Fridays-For-Future-Gruppe ist nicht die erste klimaaktivistische Gruppe, die in Bezug auf den Nahost-Konflikt in die Kritik gerät: Die Gruppe „Revolution“ hatte ein Protestcamp in Hamburg mit dem Begriff „Klimaintifada“ beworben. Ende Gelände Hamburg und Fridays For Future Hamburg hatten sich daraufhin von der Gruppe distanziert. Im Mai 2021 hatte die internationale Dachorganisation von Fridays For Future einen Post geteilt, in dem sie sich gegen Kolonialismus aussprach, den Fokus aber nur auf Israel und den Nahostkonflikt legte. Einige Tage zuvor hatten sie bereits einen Boykottaufruf der BDS-Kampagne geteilt, die von zahlreichen jüdischen Organisationen als antisemitisch eingestuft wird. Der deutsche Ableger von Fridays For Future distanzierte sich von beiden Posts.

Auf Anfrage der taz kündigte Fridays For Future Bremen am Montag an, „in Kürze“ ein längeres Statement zur Frage zu veröffentlichen, „wie die Themen Palästina und Klimakrise verbunden sind“.

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12 Kommentare

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  • Bremen ist eine Hochburg des deutschen Antisemitismus.

  • Ein breiter gesellschaftlicher Konsens gegen den Klimawandel reicht FFF wohl nicht.

    Man will noch die diversen Einschränkungen der antikapitalistischen Linken mit im Boot haben.

    Oder haben die bereits das Ruder übernommen?

    • @Rudolf Fissner:

      Kapitalismus tötet, das sagt auch der Papst. Hat mit Israel oder dem Nahostkonflikt nichts zu tun.

  • und was, verdammte hacke, hat *palästine spricht* denn nun gesagt? statts irgendwelcher meisjes erwarte ich von einem artikel über diesen demobeitrag ne ordentliche inhaltsangabe!

    • @christine rölke-sommer:

      Ich empfehle, den Artikel gaaaanz langsan nochmal von Anfang bis Ende zu lesen.

  • Fridays For Future Bremen am vergangenen Freitag in Bremen für „antikoloniale, antikapitalistische, sozial gerechte und intersektionale Klimagerechtigkeit“ demonstriert.



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    Es reicht nicht den Planet zu retten, sondern es müssen benachteiligte palästinensische PoC tun, die nebenbei nicht nur den nah und ost Konflikt lösen, sondern gleich Weltfrieden herstellen.

  • nun denn ...

    aufklärung wird angekündigt:

    „in kürze“ wird ein längeres statement zur frage veröffentlicht, „wie die themen palästina und klimakrise verbunden sind“.

    der geneigte leser darf schon jetzt gespannt sein.

  • Das ist das Problem warum ich heute kaum noch auf demos gehe.



    Auf jeder Demo von fff bis Seebrücke stehst du am Ende zusammen mit Antisemiten die " Kindermörder Israel" brüllen.

  • Die Stärke von FFF waren jugendlich-unschuldige und simple Forderungen nach mehr Klimaschutz mit hoher Glaubwürdigkeit.



    Die vielen Versuche FFF für andere multiple politische Ziele/Eigeninteressen zu instrumentalisieren reduzieren Glaubwürdigkeit und Klarheit - es droht die Erstickung in der Umarmung selbsternannter „Freunde“.

    • @alterego:

      Irgendwas in der Art posten Sie interessanterweise unter jedem Klimaschützer-Artikel, egal was darin vorkommt.

      Finden Sie deren Anliegen wirklich so toll wie Sie sagen?

      • @TheVriskaSerket:

        Ja, ich habe darauf mehrfach hingewiesen. Für mich ist der Klimaschutz zu wichtig, um diese Gefahr nicht anzusprechen. Sicher glaube ich, dass eine starke Bewegung die Kraft zur Selbstreinigung hat, aber das kann viele, viele Jahre dauern - zu lange.

    • @alterego:

      Ist doch nicht schlimm, ist wie bei den Grünen, die nach und nach von den K- Gruppen übernommen wurden und sich dann doch nicht dem Charm der Bürgerlichkeit entziehen konnten.( siehe Fischer, Trittin, Kuhn, Und der MP von Baden-Württemberg) auch Ströbele gehörte dazu.