piwik no script img

Umgestaltung der Bremer InnenstadtShopping statt Parken

Der Senat will das Parkhaus Mitte an die Zech Stiftung verkaufen. Ein Komplex für Geschäfte, Wohnungen und Büros soll entstehen – und die ganze City retten.

Soll einem Einkaufs-Wohn-Büro-Gebäude weichen: das Parkhaus Mitte Foto: dpa

Bremen taz | Die Bremer Innenstadt ist gerettet. So hofft es zumindest die rot-grüne Regierung. Denn am Dienstag hat der Senat dem Verkauf des Parkhauses Mitte an die Gustav Zech Stiftung zugestimmt. Insgesamt 16,7 Millionen Euro wird die dafür auf den Tisch legen – inklusive Abrisskosten. Flächen für Geschäfte, Büros und Wohnungen sollen entstehen – ein Mix auf 21.000 Quadratmetern. Bis 2024 könnte eine solche „City Galerie“ fertig sein.

Vorausgehen muss dem noch einiges: mittelfristig unter anderem ein „Werkstattverfahren“ für ein städtebauliches Konzept, woran mindestens sechs Planungsbüros beteiligt sein sollen. Kurzfristig die Zustimmung erst des Bau- und dann des Haushaltsausschusses sowie die notarielle Vertragsunterzeichnung. Letzteres in den nächsten Tagen. Man habe „etwas zum Abschluss bringen wollen“, sagt Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD). Und meint damit auch: noch schnell vor der Wahl.

Vorausgegangen waren komplizierte Verhandlungen. Ein detailliertes Vertragswerk legt den Fahrplan fest. Mit dem Verkauf ist die Vorstellung verbunden, Bremens Zentrum wieder zu beleben.

Zwar ist die Gustav Zech Stiftung formal von der Zech Group unabhängig – Stifter ist Kurt Zech, Zweck die finanzielle Absicherung der Familie. Die Rede ist gleichwohl von einem Verkauf „an Zech“, wobei wohl die Nähe zum Bremer Bauunternehmer und Multimillionär für Vorschussvertrauen für die Stadtentwicklung sorgt.

Bausenator Joachim Lohse (Grüne) zumindest sprach am Dienstag von einem „Meilenstein für die weitere Entwicklung der Innenstadt“, Günthner von einem „herausragend wichtigen Impuls“. Dass unterm Strich Parkplätze wegfallen, der Grüne Senator dem Ziel einer autofreien Innenstadt näher kommt und Günthner demgegenüber betont, dass „Parken“ ein „zentrales Thema“ bleibe? Kleinigkeiten.

Ein Meilenstein für die Entwicklung der Innenstadt

Bausenator Joachim Lohse (Grüne)

Günthner erklärte den Dienstag stattdessen quasi zu einem historischen Tag, spricht von einem „versöhnlichen Abschluss“ und meint das für die gesamte auslaufende Legislatur. Denn zu deren Beginn wirkte die Innenstadt wie Kryptonit für die Koalition.

Nicht erfolgreich war vor allem der Versuch gewesen, für den im Erdgeschoss komatösen Lloydhof am Ansgarikirchhof einen Investor für ein neues „City-Center“ zu finden. Es wuchs die Sorge um die gesamte Innenstadt.

Deren Geschäfte leiden nicht nur an der Konkurrenz durch die Einkaufszentren an den Stadträndern, sondern auch an jener durch die Anbieter im Internet. Verbunden mit Bereichen wie dem am Parkhaus Mitte, wo KonsumentInnen auf unattraktive Rückseiten schauen und sich bislang kein Rundlauf ergibt, war der stete Niedergang der Innenstadt das Schreckensszenario.

„Toxisch“ ist das Wort, das Günthner dafür am Dienstag wählte. Kurt Zech – beziehungsweise seine Familien-Stiftung – soll nun das Gegengift brauen. Noch fehlt das Rezept, die Zutaten aber sind wohl verfügbar: Denn in Bremens Zentrum hat sich was getan. So will Kaffeedynastie-Erbe Christian Jacobs rund um das Kontorhaus ein neues Quartier entwickeln, am Brill plant Star-Architekt Daniel Libeskind seine Türme und auch für den Lloydhof gibt es eine Lösung, seit der Projektentwickler Denkmalneu das Gebäude gekauft hat und dort Platz für Wohnen, Geschäfte und Gastronomie schaffen will.

Und nun noch das Gebiet ums Parkhaus? Scheint handlebar. Zech gehört das angrenzende Karstadt-Gebäude und mit dem Mieter des Hauses, der Galeria Kaufhof, wurde eine enge Zusammenarbeit vereinbart. Wohl in dessen eigenem Interesse: Spätestens mit der Fusion von Karstadt und Kaufhof steht in Frage, ob Kaufhof das Mietverhältnis in ein paar Jahren überhaupt verlängert. Interesse auch an jenem Gebäude hat Zech bereits bekundet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!