Umgang der USA mit Nordkorea: Trump düpiert Außenminister Tillerson
Der Konflikt um Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm entzweit die US-Regierung. Es geht um direkte Kontakte mit Pjöngjang.
Das sei eine Zeitverschwendung, erklärte Trump. Zuvor hatte Tillerson erstmals publik gemacht, dass jenseits der gegenseitigen öffentlichen Kriegsrhetorik über direkte Kanäle ausgelotet werde, ob die nordkoreanische Führung zu Gesprächen über ihr Programm bereit sei. Wie Tillersons Sprecherin später ergänzend mitteilte, hat Pjöngjang allerdings kein Interesse gezeigt.
„Ich habe Rex Tillerson, unserem wunderbaren Außenminister, gesagt, dass er seine Zeit vergeudet, indem er versucht, mit Little Rocket Man zu verhandeln“, twitterte Trump von seinem Golfclub in New Jersey aus. „Spar dir deine Energie, wir werden tun, was getan werden muss.“ „Little Rocket Man“ (Kleiner Raketenmann) ist Trumps Bezeichnung für Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un.
Tillerson hatte am Rande eines Besuches am Samstag in Peking vor Journalisten gesagt, dass es mehrere Kommunikationskanäle gebe. „Wir befinden uns nicht in einem Blackout“, wurde er unter anderem von der „New York Times“ zitiert. „Wir können mit ihnen reden. Wir reden mit ihnen.“ Danach gefragt, ob die Kommunikationsdrähte über China liefen, schüttelte er den Kopf. „Direkt“, sagte er. „Wir haben unsere eigenen Kanäle.“
Sigmar Gabriel hat Tillersons Aussage begrüßt
Tillerson gilt als Vertreter einer Politik der „friedlichen Druckausübung“ auf Pjöngjang über verschärfte Strafmaßnahmen des UN-Sicherheitsrats sowie über die verstärkte Einbindung Chinas bei der weiteren Isolierung Nordkoreas.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte die Aussagen von Tillerson als Gesprächsangebot der US-Regierung an Nordkorea begrüßt. „Das ist genau die richtige Richtung und ein großer und mutiger Schritt für die USA“, erklärte Gabriel am Sonntag. Nordkorea sei „gut beraten, dieses Gesprächsangebot jetzt ernst zu nehmen“.
Ministeriumssprecherin Heather Nauert sagte, die USA hätten Nordkorea zugesichert, dass sie nicht daran interessiert seien, „den Zusammenbruch des gegenwärtigen Regimes zu fördern, Regimewandel zu verfolgen, die Wiedervereinigung der Halbinsel zu beschleunigen oder Kräfte nördlich der demilitarisierten Zone zu mobilisieren“. Dennoch hätten nordkoreanische Offizielle keine Hinweise gegeben, dass sie an Gesprächen über eine Denuklearisierung interessiert oder dazu bereit seien.
China als wichtiger Partner
Der Konflikt um Pjöngjangs Atom- und Raketenprogramm stand am Samstag auch im Mittelpunkt der Gespräche von Tillerson mit der chinesischen Führung in Peking. Der US-Außenminister, der sogar von Staatschef Xi Jinping persönlich empfangen wurde, bereitete mit seiner Visite zugleich den geplanten Besuch von US-Präsident Donald Trump im November in China vor.
Xi lobte die „sehr guten Arbeitsbeziehungen und persönliche Freundschaft“, die seit seinem ersten Treffen mit dem US-Präsidenten im April in Trumps Golfclub Mar-a-Lago in Florida bestünden. Er gehe davon aus, dass Trumps erster Besuch in China „besonders, wunderbar und erfolgreich“ werde, sagte Xi nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua bei der Begegnung mit Tillerson weiter. „Die Visite wird eine große Gelegenheit für die Entwicklung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen.“
Auch der US-Außenminister sprach bei einem Treffen mit Chinas Staatsrat Yang Jiechi von einer „sehr regelmäßigen und engen Arbeitsbeziehung“, die Trump und Xi entwickelt hätten. Yang Jiechi, der oberste für Außenpolitik zuständige chinesische Politiker, rief dazu auf, sich auf die Kooperation zu konzentrieren und „angemessen mit unseren Differenzen umgehen“.
Die USA hatten versucht, China zu mehr Druck auf Nordkorea zu drängen, das rund 90 Prozent seines Handels über den großen Nachbarn abwickelt. Peking ist aber gespalten: Zwar will das Land in seiner Nachbarschaft keine Atomwaffen. Jedoch fürchtet China einen Kollaps Nordkoreas, der Flüchtlingsströme nach China und das Heranrücken von US-Truppen bis an die chinesische Grenze zur Folge haben könnte.
China lehnt komplettes Öl-Embargo gegen Nordkorea ab
Peking will deswegen nicht zu weit gehen, setzt aber die mitbeschlossenen UN-Sanktionen gegen Nordkorea um. So ordnete Peking erst am Donnerstag im Rahmen der UN-Beschlüsse eine Schließung aller nordkoreanischen Unternehmen in China bis Ende Januar an, lehnt aber ein von den USA gefordertes komplettes Öl-Embargo gegen Nordkorea ab. Ein von Peking vorgeschlagener und von Moskau unterstützter Plan sieht vor, dass Nordkorea seine Atomwaffenprogramme aussetzt und im Gegenzug die USA ihre großen Militärmanöver in der Region einstellen.
Die US-Regierung hat im Konflikt mit Nordkorea wiederholt erklärt, dass eine „militärische Option“ auf dem Tisch bleibe. Trump drohte dem Land kürzlich mit „vollständiger Vernichtung“. Doch in Washington sind ranghohe Regierungsmitarbeiter überzeugt, dass ein militärisches Eingreifen auf der koreanischen Halbinsel kompliziert und gefährlich wäre – auch weil die dicht besiedelte südkoreanische Hauptstadt Seoul in Reichweite der nordkoreanischen Artillerie liegt.
Eine Reihe von harten Sanktionen wurden von der internationalen Gemeinschaft bereits gegen Pjöngjang verhängt. Die nordkoreanische Führung gibt sich bisher aber gänzlich unbeeindruckt: Am 3. September nahm Pjöngjang seinen bislang stärksten Atomwaffentest vor. Zudem testet das ostasiatische Land regelmäßig Raketen und verletzt damit Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett