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Umbau bei EonAtomstrom? Tschüss!

Der Energiekonzern Eon plant eine radikale Umstrukturierung. Das Geschäft mit Kohle, Gas und Atomkraft soll ausgegliedert werden.

Setzt auf Umbau: der Energiekonzern Eon in Düsseldorf Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Bis zum Sonntagabend schienen die Fronten in der Energiebranche in Deutschland noch halbwegs intakt: Auf der einen Seite die großen Konzerne um Eon, RWE & Co., die lange Zeit die Sirenen der Energiewende nur zögerlich wahrnahmen. Auf der anderen der zunehmende politische und gesellschaftliche Druck und viele kleine Mitspieler, die längst auf die Erneuerbaren Energien setzen.

Doch dann überraschte ausgerechnet Deutschlands Branchenprimus Eon die Fachwelt mit einer Nachricht spät am ersten Adventsonntag: „Die drastischen Veränderung der globalen Energiemärkte erfordern einen mutigen Neuanfang“, erklärte Vorstandschef Johannes Teyssen in einer Mitteilung am Abend.

Was war geschehen? In einer Aufsichtsratssitzung hatten die Manager und Aufseher des Unternehmens beschlossen, die Reißleine zu ziehen. Der drückende Schuldenberg von 31 Milliarden Euro, den das Unternehmen während der Zeit von Teyssen-Vorgänger Wulf Bernotat durch einen scharfen Expansionskurs angehäuft hatte und seitdem mit sich schleppt, sowie die Energiewende, ausgelöst und beschleunigt durch den Reaktorunfall im japanischen Fukushima im März 2011, zwingen den Konzern zur Radikalkur.

Hinzu kommt, dass das klassische Stromgeschäft wegen das wachsenden Anteils von Energie aus Wind und Sonne immer weniger Geld abwirft und viele Kraftwerke nur noch Verluste produzieren.

Aufspaltung des Konzerns

Jetzt soll Eon ein neues Gesicht erhalten: So plant der Vorstand, den Konzern bis 2016 aufzuspalten. Der eine Teil, zukunftsgerichtet und wachstumsstark, wird sich ganz auf Erneuerbare Energien, auf Energienetze und Kundenlösungen konzentrieren. Dieser Teil wird weiterhin unter dem Namen Eon SE firmieren und rund 40.000 Menschen beschäftigen. „Wir wollen in allen Zielmärkten Klassenbester bei der Kundenzufriedenheit sein“, legt Teyssen schon einmal die Latte sehr hoch.

Der andere Teil, Strom aus Kohle, Gas und später Atomkraft, der globale Energiehandel, Exploration und Produktion, wird abgespalten und an die Börse gebracht. Dieser Bereich war einmal die Keimzelle des Unternehmens, das früher einmal VEBA hieß. Die neue Gesellschaft mit rund 20.000 Beschäftigten soll ihren Sitz in der Region Rhein-Ruhr haben. Nicht ausgeschlossen, dass die Wahl der Manager auf Essen fällt. Von dort aus steuern die Düsseldorfer derzeit ihr weltweites Gas- und Handelsgeschäft.

Keine Auswirkungen soll die Neuausrichtung nach dem Plänen des Vorstands unterdessen auf die Mitarbeiter haben, die in den vergangenen Jahren ohnehin schon durch ein Tal der Tränen gingen. Mehr als 10.000 Stellen weltweit fielen einem Sparprogramm zum Opfer, davon mehr als 6000 in Deutschland. Doch die neue Strategie soll nach dem Willen von Teyssen mithelfen, Jobs zu sichern. Der Umbau sei kein Programm „zum Abbau von Arbeitsplätzen“, beteuert der Manager.

Kein Zuckerschlecken

Aufsichtsratschef Werner Wenning, der sich mit Abspaltungen als ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Bayer-Konzerns bestens auskennt, zeigte sich am Abend zufrieden und hoch erfreut über den nun eingeschlagenen Kurs: Mitarbeiter und Investoren „erhalten so eine klare Perspektive in starken und zukunftsfähigen Unternehmen“.

Für Konzernchef Teyssen, dessen Vertrag erst im vergangenen Jahr um fünf weitere Jahre bis 2018 verlängert worden war, beginnen nun die Umbauarbeiten. Das wird kein Zuckerschlecken. Die hohe Schuldenlast wird sich nicht auf einen Schlag verringern, auch wenn jetzt die Aktivitäten des Unternehmens in Spanien an den australischen Investor Macquarie zu einem Preis von 2,5 Milliarden Euro veräußert wurden. Eon steht vor einer längeren Durststrecke.

Das wird schon das laufende Geschäftsjahr zeigen. Wegen erheblicher Abschreibungen auf südeuropäische Geschäfte und auf Kraftwerke in Höhe von 4,5 Milliarden Euro wird Eon 2014 voraussichtlich mit tiefroten Zahlen abschließen. Aber durch die Wertminderungen fließt keine Liquidität aus dem Konzern. Trotzdem müssen sich die Aktionäre bei der Dividende voraussichtlich mit weniger begnügen: Für 2014 und 2015 soll es eine stabile Ausschüttung von 0,50 Euro geben. Das sind 0,10 Euro weniger als 2013.

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29 Kommentare

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  • Damit hat E.ON als erster AKW-Betreiber ein Endlager für seinen Atomschrott gefunden: Die Frankfurter Börse!

  • Mit dem Artikel stimmt was nicht. Es gibt handfeste wirtschaftliche Gründe der Verlustverrechnung für diese Entscheidung. Habe letztens einen Artikel dazu gelesen wieso/weshalb/warum das NOTWENDIG ist (nach der Logik Deutscher und EU-Gesetze), allerdings kann ich die Einzelheiten hier nicht mehr widergeben. Auf jeden Fall handelt es sich (mal wieder) um eine dreiste Steuerzahler-Abzocke, so jedenfalls der Plan der Atomindustrie. Der Autor hat sicherlich Möglichkeiten das nachzurecherchieren!

  • Na, dann gucken wir mal, wie lange der abgespaltene Konzern in Essen oder in Deutschland bleibt und wann er mit einem Konzern aus den vielen Staaten, in denen weiter AKWs gebaut werden, fusioniert.

    Ähnlich wie die Kraftwerksbauer sich schon lange nach Rußland z.B. bewegt haben, weil da keiner möppert, wenn man mal ein AKW und ein bisschen Know-How in den Iran verkauft.

  • Guten morgen, E.ON!

    Seit 2000 ist der Atomausstieg in Deutschland verabredete und beschlossene Sache. Jetzt tut man bei E.ON so, als hätte erst Fukushima dazu geführt und man hätte sich nicht schon viel früher auf die geänderten Bedingungen einstellen können. Sieht so aus, als wäre die ganze Lobbyarbeit und Schmiererei von Abgeordneten diesmal nicht ganz wie gewünscht verlaufen. Der eigentliche Grund für die Umstrukturierung ist derselbe wie bei Vattenfall. Man will sich damit seiner Verantwortung für den Atommüllberg entledigen und die Folgekosten sozialisieren.

  • Was im Artikel fehlt: mit dem Atomgeschäft wird doch bestimmt gleichzeitig das Risiko für AKW-Rückbau und Entlagerkosten mit verkauft. Wenn die Tochtergesellschaft nicht verkäuflich sein sollte, dann könnte sie irgendwann pleite gehen und die Entsorgungskosten trägt: die Allgemeinheit. Genau wie von der Anti-AKW-Bewegung schon länger vorhergesagt.

    • @Ein Kommentator:

      Gut 1,6 Milliarden € haben die Versorger bisher für die Endlagersuche bezahlt. Nun ist auch mal gut.

      Das wird seit Jahrzehnten ausgebremst von Anti-AKW-Bewegung und Politik.

       

      Dank der neuentwickelten Flüssigsalzreaktoren benötigen wir sowieso keine Endlager mehr, diese nutzen den "Atommüll" als Brennstoff. Jetzt müssen sie zügig gebaut werden.

      • @Frank Heinze:

        Ohne ein geeignetes und genehmigtes Endlager hätte vernünftigerweise nicht ein einziges Atomkraftwerk gebaut werden dürfen.

        • @Rainer B.:

          Najanun. Ohne Rückstellungen für den Abriss hätte auch kein einziges Windkraftrad gebaut werden dürfen. Trotzdem stehe tausende WKAs ohne Rückstellungen rum.

          Und wer zahlt es nun? Das kostet hunderttausende pro wka.

          • @Frank Heinze:

            Der Vergleich hinkt gewaltig. Windräder produzieren im Betrieb keine problematischen Stoffe, die einer Endlagerung zuzuführen wären. Selbstverständlich muss ein Windkraftbetreiber aber auch für den späteren Abriss der Anlage aufkommen und kann deshalb auch Rückstellungen auf die voraussichtliche Laufzeit (i.d.R. 20 Jahre) bilden. Rückstellungen sind im übrigen Passivpositionen (Verbindlichkeiten) in der Bilanz, die den Gewinn vor Steuern rechnerisch senken und damit auch die Steuerschuld verringern.

      • @Frank Heinze:

        Könnten Sie auch noch die andere relevante Zahl liefern? Nämlich wieviel die Versorger bisher mit dem Verkauf von Atomstrom verdient haben? Am besten noch ergänzt durch die seit 1945 durch den Staat in die Atomforschung und den Bau von AKW gepumpten Subventionen.

        Dann würde nämlich klar, wie lächerlich klein die Zahl 1,6 Mrd Euro ist, wenn man sie in Relation setzt.

        • @LeSti:

          Und sicher ist Ihnen auch bekannt, dass in den Reaktoren (neben der Stromerzeugung) auch die Nuklide für Medizin und Werkstoffprüfuung hergestellt werden, oder?

           

          Die Strahlentherapie, die Nuklearmedizin sind wesentliche Standbeine der Krebstherapie.

           

          Aber das meinten Sie nicht, oder?

          • @Frank Heinze:

            Nein, das meine ich nicht. Sie bleiben nach wie vor die Zahl schuldig, die am wichtigsten ist: Wieviel haben die "Versorger" bisher mit der Kernkraft verdient? Wieviele Billionen Euro sind das?

            • @LeSti:

              Welche Rolle spielt das? Da es nie staatliche Subventionen für die kommerziellle Kernenergie gab, ist es Sache der Anteilsleigner. Darunter übrigens viele Kommunen und Bundesländer.

               

              RWE war zu fast der Hälfte in öffentlicher Hand.

              Da flossen eben dann auch die Gewinne an die Städte und Gemeinden.

        • @LeSti:

          "In Deutschland sind bisher in Leichtwasserreaktoren ca.

          3225 Mrd. kWh erzeugt und in öffentliche Netze eingespeist worden. Subventionen für die kommerzielle Stromerzeugung aus Kernenergie gab es nicht. Allerdings wurde die Forschung auf dem Gebiet der Kern-

          energie durch öffentliche Mittel unterstützt." http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/080/1408084.pdf

           

          Noch Fragen?

          • @Frank Heinze:

            Wird immer Peinlicher was sie hier verzapfen. Was kommt als nächstes? Der Bericht zu Energie-Subvensionen von Öttinger? Naturlich wird Atomstrom subvensioniert:http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/foerderung-der-energiebranche-oettinger-schoent-subventionsbericht-1.1793957

            Noch Fragen?

            • @Andreas J:

              Lesen bildet :)

              Es gibt Länder, die subventionieren alle! Energiearten.

              England zB. Kleines Beispiel:

              Strom aus Hinkley Point C wird mit £92,50/MWh subventioniert, Offshore-Wind kostet £155/MWh, Solarstrom £120/MWh an Subventionen.

               

              Andere Länder subventionieren nur die EE. Wie Deutschland. Es gab nie einen "Atompfennig", hingegen werden wir via EEG-Zwangsumlage enteignet zugunsten der Ökomafia.

              • @Frank Heinze:

                Ökomafia, Enteignung durch die EEG, gehts noch?

                Das ist also der Jargon bei euch, von Nuklearia e.V

                Ihr seit doch echt verstahlt.

                • @Andreas J:

                  Sagen Sie mir bitte, warum muss ich hunderte €/Jahr dem Großbauern im Landkreis für seine Windradpacht überlassen? ich will gar keinen Ökostrom. Warum zahlt ihr, die ihr Ökostrom wollt, nicht die EEG-Umlage selbst?

                  • @Frank Heinze:

                    Ich wollte auch nie Atomstrom, muss aber das ganze Fiasko bis an mein Lebensende mitbezahlen.

                    • @Rainer B.:

                      Müssen Sie nicht. Es gab nie und gibt keine Zwangs- "Kernenergieumlage"

                      :-D

                      • @Frank Heinze:

                        Hätte man eine "Kernenergieumlage" als solche benannt, wäre die ohnehin geringe Akzeptanz der Kernenergie von Anfang an gegen Null gegangen. Man hat das in den letzten Jahren einfach so eingepreist.

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  • Man kann es auch so sehen: Der Teil, dessen Überleben für das Unternehmen wichtig ist, wird an der Börse kapitalisiert.

    Der "Erneuerbare" Teil, der mit Wegfall der EEG-Zwangsumlage von einem Tag auf den anderen pleite geht, ist nun eine Bad bank.

     

    Die "Keimzelle" bleibt erhalten.

    • @Frank Heinze:

      Na prima, dann gibt es ja mit Ihnen schon einen Investor für das neue Unternehmen. Hätte ich nicht gedacht, dass sich da irgendjemand findet, der auch nur einen Euro in alte Atom- und Kohlekraftwerke steckt, aber es gibt ja immer wieder Überraschungen.