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Ukrainerin bei den French OpenInspirierende Auftritte

Die Ukrainerin Elina Svitolina steht im Viertelfinale der French Open. Aber ihre sportliche Leistung ist nicht das einzige, was in Paris beeindruckt.

Haut ordentlich drauf: Elina Svitolina in Aktion Foto: Christophe Ena/dpa

Die Franzosen sind in diesem Jahr mal wieder enttäuscht über ihre Tennis-Profis. Weder bei den Herren noch in der Damenkonkurrenz der French Open sind Spieler aus dem Land mit der langen Tennistradition nun vertreten. Der französische Tennisverband sah sich sogar gezwungen, eine Pressekonferenz einzuberufen und Erklärungen für das Desaster abzugeben.

Wie gut, dass die Franzosen wenigstens noch Elina Svitolina haben. Die Ukrainerin ist so etwas wie die erste Nachrückerin in der Gunst des oftmals schwierigen Pariser Tennispublikums. Svitolina ist mit Gael Monfils verheiratet. Er ist hier so etwas wie ein Volksheld. Monfils war mal ein Top-Ten-Spieler. Der Franzose ist schon 36, er war lange verletzt und feierte in Paris ein viel umjubeltes Comeback, als er in einer legendären Night-Session Sebastián Báez aus Argentinien in fünf Sätzen besiegen konnte. Monfils konnte zur zweiten Runde wegen einer Verletzung nicht mehr antreten. Es war ein Drama für die Franzosen. Aber dafür spielt sich jetzt Monfils’ Ehefrau Runde für Runde ein Stück mehr in die Herzen der Zuschauer.

Svitolina steht nun schon im Viertelfinale. Und das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass die 28-Jährige erst im vergangenen Oktober ein Baby auf die Welt gebracht hat. Svitolina war mal die Nummer 3 der Weltrangliste. In das zweite Major-Turnier des Jahres ist sie auf Weltranglistenposition 192 gegangen.

Mit ihrer famosen Form verblüfft sie in Paris gerade die Tenniswelt. Svitolina erklärt sie damit, die lange Phase der Schwangerschaft optimal für sich genutzt zu haben. Vor allem auch, um sich mental neu aufzuladen. „Es war eine großartige Zeit. Ich war weg vom Tennis, komplett weg von den ganzen Turnieren, Reisen und Gesprächen, die sich immer nur um den Sport gedreht haben“, sagte Svitolina nach ihrem Achtelfinalsieg über die Russin Daria Kasatkina.

„Noch nie so motiviert“

Ihr Geist habe sich „ausgeruht“ und sie sei „irgendwie erfrischt“ aus dieser so besonderen Zeit ihres Lebens herausgekommen. Als sie im Januar wieder mit dem Training begann, sei sie „vielleicht noch nie so motiviert gewesen“. Es gibt nicht so viele Mütter auf der Tennistour. Die Deutsche Tatjana Maria hat sogar zwei Kinder. Svitolina will sich auf ihrem Weg auch an ihr orientieren. „Tatjana ist zurückgekommen nach der Geburt von zwei Kindern. Das ist sehr inspirierend“, sagte die 28-Jährige.

Bei den French Open spielt Svitolina am Dienstag gegen Aryna Sabalenka. Die Nummer 2 der Weltrangliste ist favorisiert. Das Duell hat sportlich großen Reiz, es hat aber auch eine große politische Note.

Sabalenka ist Belarussin, sie meidet die öffentlichen Medienrunden aus Furcht vor neuen Fragen zu ihrer persönlichen Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Als Sabalenka nach ihrem ersten Match damit in der Pressekonferenz konfrontiert wurde, führte das zu einem Eklat. Die Belarussin verweigerte die Antwort. Als die ukrainische Reporterin nachlegen wollte, wurde ihr von einer Offiziellen das Mikrofon abgenommen. Jetzt schweigt Sabalenka lieber.

Dafür spricht Svitolina. Die Ukrainerin ist eine der bekanntesten Sportlerinnen ihres Landes. In Paris ist sie so etwas wie die Anführerin aller Spielerinnen und Spieler aus der Ukraine. Das Match gegen Sabalenka ist ihr drittes Match hintereinander gegen einen Profi aus Russland oder Belarus. Sie wird auch Sabalenka nach dem Spiel vorn am Netz nicht die Hand schütteln.

Zu Beginn der French Open wurde sie gefragt, warum sie diese Geste verweigere. Die Antwort hat sich bei allen Anwesenden eingebrannt. „Ich bin Ukrainerin. Ich stehe für mein Land ein und tue mein Möglichstes dafür, um die Männer und Frauen, die jetzt an vorderster Front stehen und für unser Land kämpfen, zu unterstützen“, sagte Svitolina.

Dann kam die entscheidende Rückfrage von ihr: „Können Sie sich also vorstellen, dass der Mann oder das Mädchen, das gerade an vorderster Front steht, mich ansieht und ich mich so benehme, als ob nichts passiert wäre?“

Sie habe eine Stimme. Und sie habe eine klare Position in diesem Krieg, sagte Svitolina. Ihren Gegnerinnen aus Russland und Belarus nicht die Hände zu schütteln, sei „ihr kleiner Beitrag“. Die Klarheit von Svitolina, dem neuen Publikumsliebling im Stade de Roland Garros, tut dem Grand-Slam-Turnier gut. Sabalenka wird es gegen sie nicht leicht haben. In doppelter Hinsicht.

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4 Kommentare

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  • Die Ukrainerin, die der Tennisspielerin aus Belarus, aus Weißrusland, den Handschlag verweigerte,



    wurde in Paris vom Publikum wegen ihres unsportlichen, Belarussen und Russen diskriminierenden Verhaltens ausgepfiffen!



    www.faz.net/-guf-b9n2t

    • @Erwin Thomasius:

      Allerdings hat Sabalenka auch Verständnis für den verweigerten Handschlag geäußert; Sie sehen: der üblichen Foren-Maximalismus wird, wie so oft, keiner Seite gerecht.

  • Vielleicht ist meine Haltung naiv. Aber die Grundidee eines sportlichen Wettkampf ist auch, Grenzen zu überwinden, etwas Verbindendes zu schaffen. Es stehen sich Menschen gegenüber und keine Politiker. Menschen, die sich trotz aller Konflikte die Hand reichen können, anders werden wir nicht zueinander finden.



    Sollte Sabalenka nicht direkt oder indirekt eine Mitschuld an dem Krieg in der Ukraine tragen oder ihn unterstützen, sehe ich keinen Grund, ihr den Handschlag zu verweigern.

  • Der Artikel hätte vielleicht erwähnen können, dass Sabalenka durchaus kritisch zum Krieg in der Ukraine geäußert hat (so weit das eben in einer Diktatur wie Belarus möglich ist), sollte man sich doch die Frage stellen, wieso neuerdings Sportler aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit in Kollektivhaftung genommen und zu politischen Positionierungen genötigt werden (wobei man ohnehin Zweifel daran haben sollte, dass Menschen, die geschickt Bälle mit einem Schläger treffen, dazu qualifiziert sind). Dass das gerade in einem Milieu, das sonst so empfindlich auf Pauschalisierung und Diskriminierung reagiert, nicht nur hingenommen, sondern eingefordert wird, gibt zu denken.