Überwachung von Mitarbeitern: Streit um Schulden-Schnüffelei
Datenschützer sind uneinig, ob Firmen Infos über Schulden ihrer Mitarbeiter einholen dürfen. Gegen den Textildiscounter Kik wird ermittelt.
BERLIN taz Dass Unternehmen ihre Mitarbeiter beschnüffeln, ist heute fast alltäglich. Kürzlich wurde bekannt, dass der Discounter Kik Finanzdaten über 49.000 Angestellte und Bewerber bei der Auskunftei Creditreform abgerufen hat. Datenschützer sind sich uneinig, ob das Verhalten von Kik und Creditreform rechtswidrig war.
Creditreform ist eine von etwa 500 privaten Finanzauskunfteien in Deutschland. Diese sammeln insbesondere Daten über Schuldner. Neben öffentlich zugänglichen Informationen der Amtsgerichte über Offenbarungseide und rechtskräftig festgestellte Forderungen speisen sie auch Daten von Unternehmen ein, die mit ihnen zusammenarbeiten.
Wer Informationen über eine Privatperson abrufen will, muss ein "berechtigtes" Interesse nachweisen können. Rechtlich unumstritten ist das der Fall bei Versandhäusern und Handyläden, die in Vorleistung gehen. Sie können auf diese Weise herausfinden, ob ein Kunde bereits anderswo säumig geworden ist.
Ob allerdings ein Arbeitgeber nachfragen darf, ob einer seiner Angestellten Schulden hat oder nicht, ist umstritten. "Wer einen Kassierer einstellt oder einen Buchhalter, hat ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wie dessen finanzielle Verhältnisse sind", sagt der zuständige Beamte im hessischen Regierungspräsidium. Ähnlich sieht es der Datenschutzbeauftragte von Bayern. Dagegen bestreitet sein Kollege aus Nordrhein-Westfalen, dass ein Arbeitgeber mehr als ein polizeiliches Führungszeugnis verlangen darf, das über Straftaten Auskunft gibt. "Ob jemand kreditwürdig ist oder Schulden hat, hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren", so die Behörden-Sprecherin Bettina Gayk.
Weil sowohl die Firmenzentrale von Kik als auch von Creditreform in Nordrhein-Westfalen liegen, ist der dortige Datenschutzbeauftragte zuständig. Nachdem in der Behörde eine anonyme Anzeige eingegangen war, dass Kik sich mit Hilfe der Finanzauskünfte unliebsamer Mitarbeiter entledigen wolle, schaltete sie die Staatsanwaltschaft Dortmund ein. "Wer eine Auskunft erfragt, um sich damit einen Vorteil zu verschaffen, handelt strafbar", argumentiert Gayk. Zugleich prüft die NRW-Datenschutzbehörde, ob gegen Creditreform ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden kann.
Kik war im Frühjahr erstmals wegen der Bespitzelung seiner Mitarbeiter in die Schlagzeilen geraten. Damals schien es sich aber um Einzelfälle zu handeln. Nachdem nun bekannt wurde, dass alle 49.000 Mitarbeiter betroffen sind, begründete Creditreform das "berechtigte Interesse" damit, dass alle Mitarbeiter des Discounters gelegentlich an der Kasse sitzen. "Ich fühle mich sehr sicher. Erst im Frühjahr hatten wir eine Datenschutzprüfung in Bayern zu der Frage, ob Daten über Arbeitnehmer herausgegeben werden dürfen, und alles war okay", sagt der für den Geschäftsbereich bei Creditreform zuständige Siebo Woydt.
Auch Gayk beklagt, dass die Rechtsauffassung in den Ländern sehr heterogen ist. Immerhin wird das Bundesdatenschutzrecht schärfer. Nachdem die Behörden bisher nur unsichere technische Verfahren verbieten konnten, dürfen sie dies seit dem 1. September nun auch bei rechtswidrigem Verhalten. "Wir prüfen jetzt, ob wir Creditreform grundsätzlich untersagen können, Anfragen zu Arbeitnehmern zu beantworten", sagt Bettina Gayk.
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