US-Zölle: Die Antwort auf Trumps Zollpolitik ist so naheliegend
Nicht nur der US-Präsident zerstört den regelbasierten Handel – alle machen mit. Dabei wäre das Chaos die perfekte Chance für eine neue Ordnung.

I n der Nacht zum 7. August sind wieder höhere US-Importzölle in Kraft getreten – für knapp 70 Länder rund um den Globus. Für die EU sind es nach einem Deal Aufschläge von 15 Prozent, für andere Handelspartner gelten bis zu 41 Prozent. US-Präsident Donald Trump verschleiert nicht, worum es ihm dabei geht. Auf seinem sozialen Netzwerk schrieb er: „Es ist Mitternacht! Milliarden Dollar an Zöllen fließen nun in die USA.“ Klar, Trump ist Businessman; oder noch richtiger, er ist Milliardärserbe, Investor. Jemand, der seine Position nutzt, um Geld zu machen. Ein Deal von heute kann morgen schon vorbei sein. Es gibt keine guten Deals mit Trump.
Um Druck auszuüben, bedient sich Trump einer altbewährten Methode: teilen und herrschen. 90 Deals in 90 Tagen hatte Trump im April angekündigt. Jedes Land sollte ihm seine Vorschläge unterbreiten. Bitte alle schön einzeln vortanzen!
Was wirklich überraschend ist an der Methode: Alle machen mit. Und es funktioniert. Wie hat Deutschland einen Kanzler Friedrich Merz gelobt, der dem US-Präsidenten viel Zeit zum Reden gab und eine Geburtsurkunde von Trumps Großvater mitbrachte.
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen stimmte indes zu, 600 Milliarden Dollar in den USA zu investieren und sehr viel mehr klimaschädliches Flüssiggas aus den USA zu kaufen – und kassierte dennoch 15 Prozent Zollaufschläge. Auch Südkorea will US-Flüssigerdgas kaufen, Japan 550 Milliarden Dollar investieren, Indonesien wohl 50 Boeing-Flugzeuge kaufen. Und Katars staatlicher Immobilienentwickler baut Trump ein Luxusresort mit Golfplatz nahe Doha.
Von Lula lernen

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Trump verschleiert nicht mal, dass er auch politische oder persönliche Ziele mit seiner Zollpolitik verfolgt. Den brasilianischen Präsidenten Lula da Silva will er mit einem 50-Prozent-Zoll erpressen, ein Verfahren gegen den rechtslibertären ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro fallen zu lassen. Lula kündigte daraufhin an, er wolle internationalen Widerstand organisieren – angefangen mit der Brics-Staatenorganisation. Nach über einem halben Jahr von Trumps verquerer Handelspolitik kommt ein Anschein von Strategiewandel zum Vorschein.
Es wäre so naheliegend, breite neue Allianzen mit einer direkten Antwort auf Trump zu bilden. Das Chaos und auch der Austritt der USA sind eine Chance, die multipolare Weltordnung neu zu gestalten – statt die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen und zu beklagen, dass die USA nirgendwo mehr mitmachen wollen, nicht in den Vereinten Nationen, nicht in der Welthandelsorganisation (WTO), nicht beim Klimaschutz.
Das Forum dafür sollte nicht Brics heißen. Es sollte WTO heißen, angefangen mir einem Krisentreffen der WTO, einem Ad-hoc-Komitee für einen koordinierten Umgang mit Trumps Handelspolitik. Dazu eine wirkliche Reform. Dabei sollte nicht Freihandel das erklärte Ziel sein – so einige Zölle sind ja durchaus sinnvoll. Es geht darum, ein regelbasiertes Regime zu stärken, eine neue, funktionierende WTO zu unterstützen.
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