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US-Senat bestätigt Richterin BarrettSupreme Court wird konservativ

Der US-Senat hat die Nominierung von Amy Coney Barrett für den Obersten Gerichtshof bestätigt. Von den Demokrat*innen erhielt sie keine Stimme.

Versuchte die Bedenken ihrer Kritiker*innen auszuräumen: Coney Barrett am Montag im Weißen Haus Foto: Patrick Semansky/ap

Washington taz | Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten ist seit Montagabend wieder voll besetzt. Doch das Kräfteverhältnis am US Supreme Court könnte sich dadurch über Jahrzehnte hinweg zugunsten des konservativen Lagers verschoben haben. Der US-Senat bestätigte die Nominierung von Amy Coney Barrett als neue Richterin am obersten Gericht knapp mit 52-48 Stimmen.

US-Präsident Donald Trump bezeichnete Barretts Ernennung als einen „bedeutsamen Tag für Amerika, für die amerikanische Verfassung für die faire und unparteiische Rechtsstaatlichkeit“. Für Trump war es bereits die dritte freie Richterstelle, die er während seiner Amtszeit am Obersten Gerichtshof besetzen konnte. Zuvor nominierte er bereits Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh für das höchste Richteramt.

„Dank unserer Verfassung und unserer Kultur der Freiheit leben Sie in einem Land, in dem alles möglich ist und wo jeder Traum wahr werden kann“, sagte der 74-jährige Trump während einer Rede im Garten des Weißen Hauses. „Ganz egal, wer Sie sind. Ganz unabhängig von Ihrer Herkunft. Jeder in Amerika hat das Anrecht auf gleichen Schutz nach dem Gesetz.“

Die Wahl im Senat erfolgte wie erwartet entlang der Parteilinien. KeinE einzigeR Demokrat*in stimmte für die Nominierung der 48 Jahre alten Richterin. Auf republikanischer Seite gab es nur eine Ausnahme: Senatorin Susan Collins aus Maine stimmte wie im Vorfeld angekündigt gegen Trumps Kandidatin. Sie erklärte, ihre Gegenstimme habe nichts mit Barretts Person oder Qualifikation zu tun.

Obama hatte Senat nicht auf seiner Seite

Collins kritisierte vielmehr den Zeitpunkt der Nominierung sowie der Senatsabstimmung. „Ich denke, es ist weder fair noch konstant, vor der Präsidentschaftswahl im Senat über diese Nominierung abzustimmen“, sagte Collins.

Trumps Entscheidung, die im September verstorbene liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg kurz vor der Wahl am 3. November zu ersetzen, sorgte für einen Aufschrei bei den Demokrat*innen. Vor vier Jahren verweigerten die Republikaner*innen dem von Präsident Barack Obama nominierten Richter Merrick Garland eine Anhörung im Senat.

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Der Grund war damals die bevorstehende Präsidentschaftswahl. Diesmal spielte die zeitliche Nähe zur Wahl für den Senator Mitch McConnell, Vorsitzender der republikanischen Mehrheit im Senat, keine Rolle. Demokrat*innen beschuldigen den Senator aus Kentucky daher der Heuchelei.

Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren charakterisierte die Abstimmung bereits Sonntagnacht als „unrechtmäßig“ und „letzten Atemzug einer verzweifelten Partei“.

Rechtlich ist McConnells politisch motivierter Schachzugs völlig legitim. Die US-Verfassung erlaubt es dem amtierenden Präsidenten, jemanden für das Amt des obersten Richters zu nominieren. Diese Person muss im Anschluss vom Senat bestätigt werden.

Obama hatte 2016 lediglich das Problem, dass die Republikaner*innen die Mehrheit im US-Senat besaßen und daher dessen Kandidaten blockieren konnten. Da sich die Demokrat*innen im Senat weiterhin in der Minderheit befinden, gab es für sie keine Möglichkeit, die Ernennung von Barrett zu stoppen.

Angst vor konservativem Bollwerk

Wie schon bei Barretts Senatsanhörungen versammelten sich am Montag dutzende Demonstrant*innen vor dem Supreme Court in Washington. Unter ihnen war auch eine Gruppe rot gekleideter Frauen, die mit ihren Kleidern auf die Dienerinnen in dem von Margaret Atwood verfassten Roman The Handmaid’s Tale anspielten. Barrett hatte vor zehn Jahren in der katholischen Organisation People of Praise als „Handmaiden“ gedient, also in einer Führungsposition. Viele befürchten, dass sich der Oberste Gerichtshof in ein konservatives Bollwerk verwandeln könnte.

Durch Barretts Ernennung haben die konservativen Richter am Supreme Court nun eine 6-3 Mehrheit. Aufgrund dieser neuen Kräfteverhältnisse besteht die Gefahr, dass frühere Entscheidungen wie die Legalisierung von Abtreibung und gleichgeschlechtlicher Ehe oder auch das von Obama initiierte Gesundheitssystem gekippt werden. Barrett versuchte allerdings, diese Bedenken zu auszuräumen.

„Es ist die Aufgabe von Senator*innen, ihre politischen Präferenzen zu verfolgen“, sagte die Richterin nach dem Ablegen ihres Amtseides. „Im Gegensatz dazu ist es die Aufgabe von Richter*innen, ihren politischen Präferenzen standzuhalten.“ Sie versprach zudem, dass sie ihre neue Aufgabe „ohne Angst oder Gunst“ verrichten werde.

Sollten sich die Befürchtungen der Demokraten allerdings bestätigen, haben sich bereits einige dafür ausgesprochen, die Anzahl der Richter*innen am Obersten Gerichtshof zu vergrößern. Auch Trumps Gegner im Kampf um das Präsidentenamt, Joe Biden, erklärte in einem Interview mit 60 Minutes, dass er sich diese Option offen halten würde, sollte er die Wahl gewinnen. Er will die Frage durch eine überparteiliche Kommission von Verfassungsrechtler*innen untersuchen lassen.

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24 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die USA sind in vielerlei Hinsicht in einem katastrophalen (Ausnahme-) Zustand. Da müsste man eigentlich an allen Ecken und Enden reformieren. Nur merken viele das nicht. Da werden massenhaft Opfer zu Tätern.

    Die USA - so kann man das eigentlich nicht sagen, eher die Mächtigen in den USA - setzen auf die größte Militärmacht der Welt - ein Wahnsinn- und auf die große Wirtschaftskraft und die Wall-Street -



    mit Gott an ihrer Seite (Bob Dylan). Damit wird mit allen Mitteln der Reichtum und die Macht der Oberschicht verteidigt und manchmal hat man halt einfach Lust zu raufen, weil man`s kann.

    Ich bin froh, dass ich hier in Europa geboren wurde.

  • Ja wie? Wieso “…könnte…“?? Gelaber!!

    Nach Dick Cheney - Regierung - Get it?!



    YES - Supreme Court - GOES BIBELBELT



    Endgültig & für lange lange Zeit •



    Nothing else. That’s fact.

    unterm—- für Svennieboy —



    Das mit dem öh Lebenslänglich - 🏜 - ⚰️



    Gilt meines Wissens 🇺🇸 - als heilige 🐮!



    Eben. Ist es auch Schwachsinn - so hat es doch Methode - 👹 -

    —— servíce



    de.wikipedia.org/wiki/Dick_Cheney



    “ Richard Cheney wird von vielen seiner Kritiker Darth Vader genannt.“ Ach was!

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Welche Sprache sprechen Sie?

    • @Lowandorder:

      Der letzte zotierte Satz macht aber Hoffnung. So fand Vader trotz all seiner Verfehlungen letztlich doch zur guten Seite der Macht zurück und handelte entsprechend.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @BluesBrothers:

        Darth Vader hatte aber auch keine Atomwaffen. Dann hätte er länger böse sein können.

      • @BluesBrothers:

        Sorry - Zitier ja nur.

        Bin ja zu sojet Witzveranstaltungen ja komplett unterbelichteter Laie. But.

        Die wikiauflistung & meine Erinnerungen geben für letzteres - Null Anlaß - 🤑 -

  • Das ist Mist für die USA - Es spaltet das Land noch mehr.

  • Die Dems sollten davon wegkommen, immer die Herzensguten spielen zu wollen. Die Reps spielen mit schmutzigen Tricks, also sollte man nach einem Wechsel ruhig "Packing the Court" betreiben. Sowas erwarten viele progressive Wähler, bevor die Richter fröhlich Abtreibung und Krankenversicherung verbieten.

  • "Sollten sich die Befürchtungen der Demokraten allerdings bestätigen, haben sich bereits einige dafür ausgesprochen, die Anzahl der Richter*innen am Obersten Gerichtshof zu vergrößern."

    Das halte ich für taktisch unklug und beim nächsten Wahlsieg der anderen Seite, wirs wieder an der Zusammensetzung herumgespielt.

    Das schadet der Institution.

    Aber warum Richter erst durch den Tod in Rente schicken, sondern nicht lieber im Alter von x. Das würde immer eine gewisse Rotation reinbringen. Clarence Thomas ist aktuell 72 Jahre alt und der ist schon seit 29 Jahren am Supreme Court, das ist doch nicht gut in solchen Institutionen.

    Ja, ich weiß das man die Verfassung ändern müsste.

  • Das war entlarvend - einfach skrupellos. Schlimm, dass es immer noch so viele Wähler in den USA gibt, die kalt lächelnd und triumphierend über so etwas Ungeheuerliches hinwegsehen und dabei noch heuchelnde Ausreden schwingen können!

  • Da jetzt die Konservativen sowieso die Mehrheit vor dem obersten Gericht haben, brauchen die Religiösen und gemäßigten Republikaner ja nicht unbedingt nochmal Trump wählen. Vielleicht geht die Aktion für Trump daher sogar nach hinten los, was seine Widerwahl angeht.

    • @Aymen:

      Warum? Es sind doch noch 3 "liberale" Richter übrig, die es zu ersetzen gilt :-)

      Außerdem denken einige laut darüber nach, dass die Demokraten die Zahl der Richter erhöhen könnten, um die konservative Mehrheit zu kippen. Das motiviert Trumps Wähler...

  • Erben und von Toten profitieren kann er gut der Herr Trump. Das hat ihn durch sein Leben getragen und davon verspricht er sich Schutz in der Nachpräsidentenzukunft. Könnte sein, daß die Rechnung aufgeht wenn seine Richter mit Gottes Hilfe sic allesamt das Recht brechen.

    • @Friedensgrenze:

      "...allesamt das Recht brechen."

      Ein weit verbreiteter Irrtum. Es wird kein Recht gebrochen. Das ist leider geltendes Recht.

  • Zum Glück benötigt man bei uns 2/3 Mehrheit...

    Total kapput das System dort

  • 1G
    164 (Profil gelöscht)

    Eine Juristin, die in den Hearings vor der Vereidigung keine fachliche Meinung zu der Frage äußern wollte oder konnte, ob der Präsident sich selber begnadigen dürfe. Na Mahlzeit!

    • @164 (Profil gelöscht):

      Sich nicht zu was wäre wenn Fällen zu äußern, ist jetzt nicht neu und meiner Meinung auch nicht verwerflich.

      "You are well aware that I came to this proceeding to be judged as a judge, not as an advocate. Because I am and hope to continue to be a judge, it would be wrong for me to say or preview in this legislative chamber how I would cast my vote on questions the Supreme Court may be called upon to decide."

      www.judiciary.sena...pecial-obligations

      Ruth Bader Ginsburg im Hearing 1993.

      Scalia hat das ein paar Jahre vor RBG ebenfalls so gehandhabt.

      • 1G
        164 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Ok - ich bin - zugegeben - nicht mal "Erfahrungsjurist" (Erfahrungshorst möglicherweise...). Muss jetzt aber doch mal fragen: gibt es auf die Frage in einer Demokratie Marke USA überhaupt eine andere gültige Antwort als "nein, selbstverständlich nicht"? Unter welchen Umständen dürfte sich überhaupt irgendwer selber begnadigen ("er ist der letzte Mensch auf Erden" gilt nicht)?

      • @Sven Günther:

        Ja. Die mäßigende Stimme hat naturellement - sei Mame wird‘s augenbrauend freuen - recht.



        Schonn. Aber wer das Hearing verfolgt hat - so clever-abgewichst so eine Dame ist - sonst kommste nicht bis dahin - war doch evident - Von der Souveränität der Zitierten keine Spur.



        Worthülsensalat der uninspirierten Sorte. Ja fast einfältig wirkte das. Was mich bei Klerikalen aber überhaupt nicht wundert. Sondern meinen vielfältigen Erfahrungen entspricht.



        Nebenbei bemerkt - Menschen eben - bei Richtern jeglicher Nationalität - too •

    • @164 (Profil gelöscht):

      Das ist das geringste Problem.

      • 1G
        164 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ja? Spielen wir da mal durch: Wenn jemand meint der Präsident darf das, dann ist er/sie wohl der Meinung, dass nicht alle vor dem Gesetz gleich sind. Das wäre dann auch in den USA gegen die Verfassung. Wenn der/diejenige meint der P. darf das nicht, will das aber nicht laut sagen, dann soll wohl der Präsident nicht verärgert werden. Das wäre dann ja wohl korrupt. Dass es Juristen gibt, die die Frage nicht interessiert schließe ich mal aus.

        • @164 (Profil gelöscht):

          Das Problem steht aber nicht an. Viel wichtiger ist die Wahl und ihre evtl. juristische Nachbearbeitung. Dann kommen Abtreibung, Rechte von Homosexuellen usw.

          Irgendwann geht es vielleicht auch mal darum, ob sich der Präsident begnadigen kann. Allerdings haben auch die konservativen Richter schon gegen Trump gestimmt. Es bleibt also ein Randthema.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Das ist einerseits das geringste Problem, aber andererseits der vorrangige Grund: Trump möchte einen Blankoscheck für das, was er in seiner Amtszeit verbrochen hat.



        www.nature.com/art...d41586-020-02800-9

        • @Ajuga:

          Gegen welche Gesetze hat er denn verstoßen? Das er ständig gegen Moral, Sitte und Anstand verstößt, ist juristisch nicht relevant.